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Goodbye Social Media Manager?

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneGoodbye Social Media Manager?

Kaum hat man sich an den Begriff des Social Media Managers gewöhnt - da soll er auch schon wieder passé sein. Also der Titel. Die Berufsbezeichnung. Nicht die Fähigkeiten an sich. Behauptet Michi Mehring in einem "Kurzen Intermezzo" auf Medium. Und ich entgegne äußerst scharf: Nein, der Titel hat noch lange nicht ausgedient.

Im Gegenteil.


Michi Mehring begründet das mit mehreren Argumenten, die ich zwar nachvollziehen, aber nicht teilen kann. Zum einen: Das Internet und die Leute, die mit ihm zu tun hätten würden sich rasant schnell entwickeln. Dies hatte ich vor kurzem ja auch schon angesprochen - Dienste wie Periskope hatte ich Ende 2015 auch nicht auf dem Schirm. Allerdings wird die Halbwertszeit von Apps und Diensten auch immer kürzer. Während Pinterest ja noch als rasantes Start-Tool bestaunt wurde, hat es jetzt bei einem neuen Social-Community-Tool namens Peach schon nach vier Tagen wieder den Salat verhagelt. Ja, das Internet verändert sich. Allerdings nicht das Internet an sich. Die Tools, die Werkzeuge mit denen die Profis arbeiten, die verändern sich. Bei Facebook ja fast täglich. Aber - und da muss ich schon mal einhaken: Der Mensch und sein Verhalten ändert sich nicht von heute auf morgen nur weil neue Tools da sind und man die nutzt. Allenfalls müssen wir uns angewöhnen das Nutzungsverhalten zu debattieren - aber das allgemeine Verhalten, die Reize, auf die wir reagieren, die Dinge, die auch im normalen Leben bei uns anhaften - diese kann man nicht einfach so verändern. Sonst wären Portale wie Heftig.co schon längst weg vom Fenster, aber diese spezielle Art des Linkbaitings funktioniert immer noch. Und hat längst in sachterer Form den Journalismus unterwandert. Ich denke nicht an den Focus, selbst die ZEIT hat auf ihrer Online-Präsenz schon diverse Formate gehabt, die bei Buzzfeed und Heftig abgeguckt sind.

Diese Mechanismen funktionieren, weil wir das Verhalten an sich, die Dinge, die uns die Evolution mitgegeben hat, die Dinge, die uns von der Kultur mitgegeben wurden und der Umwelt natürlich auch nicht einfach negieren können nur weil wir einen Rechner aufklappen und auf einmal kommunikationstechnisch auf alle Medien zugriff haben. Dies ist der erste Irrtum: Menschen verändern sich sicherlich durch das Netz und Profis ändern ihre Arbeitsweisen wegen der Tools - aber die Psychologie, das Verhalten und die Reize, die uns dazu bringen Candy Crush zu spielen - alles das ist immer noch gleich. Und da sich die Kommunikation an sich auch nicht verändert werden Social Media Manager immer eine Grundlage brauchen, die auf den aktuellen Theorien fusst. Dass dies immer noch sträflich vernachlässigt wird bei Fort- und Weiterbildungen ist eigentlich ein Unding.

Michi Mehrung meint der Social Media Manager sei "die eierlegende Wollmilchsau", da er verschiedene Tätigkeiten in seinem Berufsfeld vereint, die weit gefasst sind. Und wirft den Begriff des Community Managers in den Ring, die Dinge müsste der Social Media Manager ja auch machen können. Ja, zugegeben, es gibt Berührungspunkte. Aber es sind dann doch zwei getrennte Berufsfelder. Die Definition des Bundesverbandes der Community Manager lautet wie folgt. „Community Management ist die Bezeichnung für alle Methoden und Tätigkeiten rund um Konzeption, Aufbau, Leitung, Betrieb, Betreuung und Optimierung von virtuellen Gemeinschaften sowie deren Entsprechung außerhalb des virtuellen Raumes." Der Hauptschwerpunkt des Community Managers liegt in der Betreuung der Community. Content Marketing gehört da nicht zu. SEO auch nicht. Erstellung von interessanten Inhalten für das Forum? Ja, aber diese Inhalte bleiben in der Regel dann bei einem Forum drin.

Bei Heimwerker.de etwa gibts das Forum, dann gibts Social Media Kanäle und den Newsletter. Aus der Erfahrung heraus: Wer ein Admin im Forum ist, kümmert sich generell nicht um die Social Media Kanäle. Denn ein Admin in einem Forum ist ein Community Manager, der nach dem Rechten schaut, Streit schlichtet, sich die Postings durchliest, bei Neuanmeldungen zur Seite steht und generell dann verfügbar ist, wenn es hakt. Er kennt sich besser mit der Technik aus, mit der das Forum läuft. Das sind eher die Bereiche für Community Manager. Ich sage nicht, dass der Übergang zum Social Media Manager nicht fließend wäre, aber in der Regel haben Social Media Manager keine Aufgaben, die z.B. Foren betreffen. Ihre Community finden sie in den Social Media Kanälen - und dort müssen sie natürlich die Kommentare bei Facebook lesen, die Reaktionen auf Twitter, schauen was bei Snapchat und Ello vor sich geht. Ja, durchaus. Aber im Endeffekt sind das beides getrennte Berufsfelder. Sie sind sich ähnlich, aber nicht ganz.

Richtig ist: Lange Zeit gab es für Social Media Manager nur Twitter und Snapchat - recht wenige haben sich überhaupt mit Foren beschäftigt, die eigentlich die selben Funktionalitäten wie Facebook boten halt nur in rudimentär. (Und von daher kann man mit Fug und Recht sagen: So schnell verändert sich das Verhalten von Menschen nicht - wer im Forum ein Troll war, der ist es bei Facebook vermutlich auch.) Aber Mehring glaubt, der Social Media müsse unbedingt nun wirklich alle Formen der aktuellen Plattformen kennen und nutzen. Im Groben kennen: Eventuell. Nutzen: Nein.

Es ist wie in jedem Beruf: Es gibt generelle Dinge, die man als Social Media Manager können muss. Dazu gehört das Wissen um die Kommunikation an sich, das geschichtliche Wissen darüber, wie sich die Richtung entwickelt hat - oh doch, das ist enorm wichtig um Ansätze zu verstehen, man unterschätzt das leicht. Natürlich muss man einen Überblick über die Tools haben - und auch auf Nischennetzwerke wie Ello noch sein Auge richten - und ungefähr wissen, was die können und nicht können. Aber: Das ist nur das Grundwissen für den Beruf an sich.

Wenn ich verstanden habe wie Facebook funktioniert, dann kann ich Netzwerke, die ähnlich funktionieren durchaus auch einschätzen. Wenn ich Twitter verstanden habe, dann weiß ich wie Kurznachrichtendienste funktionieren. Die MECHANISMEN, die hinter den Tools stecken, sind nicht unbedingt so vielfältig, als dass man die nicht als Grundwissen verstanden haben könnte und dann auch als Transferleistung selbst abwandeln kann. Zudem: Wenn um den Aufbau einer Community geht - auch hier sind im Endeffekt immer die selben zuverlässigen Verhaltensspielregeln am Werk, die den Menschen ausmachen. Fragt mich mal, ich hab schon etliche Communitys für Projekte bei diversen Diensten aufgezogen - die Regeln an sich sind stets gleich. 

Der Social Media Manager ist keine eierlegende Wollmilchsau. Er kann weder SEO, noch sich tief in die Big-Data-Massen eingraben - er kann Statistiken erstellen oder weiß die Tools dafür. Er weiß, wie und woher er seine Inhalte bekommt - betreut aber nicht den Newsletter. Auch wenn dieser aus den selben Inhalten für die Homepage erstellt wird oder sogar ihr gleicht. Das Design der Homepage, Grafiken erstellen - auch wenn der Satz: Kein Posting bei Facebook ohne Bild Tinnef ist, das hängt von der Zielgruppe und dem Inhalt ab - all das ist nicht beim Social Media Manager angesiedelt.

Die Planung von Werbe-Anzeigen etwa ist auch nur bedingt beim Social Media Manager angesiedelt. Ich kenne das so, dass sich dadrum derjenige kümmert, der eh die Anzeigen im Print und Online komplett schaltet. Der macht dann meistens noch Google-Adsense/Adwords. Der Social Media Manager arbeitet ihm dann wohl zu, wenn er die Daten für seine Zielgruppe hat und sagt, eine gewisse Werbung soll die nächsten zwei Monate für alle Fussball-Fans laufen, weil die Ausstellung aktuell Thema ist. (Der Social Media Manager KANN das auch alleine, aber ehrlich: Ich würde selbst nur Facebook-Anzeigen schalten. Oder Twitter. Und da muss ich auch nur wenige Klicks können um eine Anzeige einzustellen. Von Adwords lasse ich die Finger!) SEM ist ebenfalls kein Bereich, den ich können müsste, der aber natürlich auch Ähnlichkeiten hat. So wie halt SEO: Natürlich kann ich als Social Media Manager einen Text nach Keyworddichte schreiben, aber wie die sein soll? Keine Ahnung. Aber das muss ich auch nicht unbedingt wissen. 

Es ist wie in jedem Beruf: Es gibt ein Grundlagenwissen, das notwendig ist um den den Beruf zu können. Und dann, wie beim Bibliothekar ja auch, kann man sich noch spezialisieren. Meine Präferenzen liegen eher im Content Management - ob der Content Manager nun wieder ein eigener Berufszweig ist, da habe ich meine Zweifel, aber das diskutieren wir mal wann anders aus - und darin Redaktionspläne zu erstellen und zu befüllen. Ich drehe keine Videos. Ich mache keine Photos. Weil ich in der Regel nicht mit Instagram arbeite oder mit Vine. Aber ich weiß: Die Dienste gibt es und die kann ich als Social Media Manager in einer Beratung natürlich Kunden vorstellen wenn sie es möchten. Andere wiederum wissen mehr über SEO als ich in ihrer Agentur und wiederum andere sind noch tiefer in der Auswertung drin. (Ich möchte übrigens anmerken: Ein gewisses Wissen über Datenschutz und den Ablauf und Gliederung von Prozessen kann auch noch helfen.)

Da Michinger auch das Influencer Relationship Management anspricht - übrigens seit drei Jahren fester Bestandteil im SIO-Konzept: Seit Jahren ist klar, dass Personen wichtiger werden als Marken. Ein öffentliches Gesicht zu einer Institution ist enorm wichtig. Und dann ist es auch wichtig die eigene Zielgruppe zu kennen und diese - ich schreibe mal so, es ist nicht so abwertende gemeint - zu "bespaßen". Die wichtigen Influencer, Meinungsführer herauszufinden ist im SIO-Modell tatsächlich auch nicht beim Grundwissen angesiedelt sondern schon etwas höher - aber dennoch: Auch hier ändert sich menschliches Verhalten nun nicht und ja, letzten Endes - gestehen wir es uns ein - sind wir alle manipulierbar. Das Menschen unterschiedliche Motivationen haben um einem zu folgen und sich unterschiedliches erhoffen ist aber nun wirklich nicht neu und gehört zum Grundwissen des Berufs. Wirklich.

Ja, es gibt Teilbereiche, bei denen spezielles Wissen vorhanden sein muss. Wie in jedem Beruf auch. Warum auf einmal die Dachbezeichnung Social Media Manager dann nicht mehr gelten soll - da überzeugt mich Michinger nun wirklich nicht. Auch nicht, wenn er behauptet, irgendwann einmal müsse jeder Social Media können. Das erinnert mich an die Zeit, als alle Mitarbeiter auf einmal Homepages erstellen können sollten oder das Design von MySpace-Seiten. Okay. Das war ein Gag. Aber ihr wißt schon: So um 2001 waren doch fast alle irgendwie Webdesigner und machten Homepages. - Heute gibts Art Directors in den Agenturen dafür, die haben das studiert, die waren auf Lehrgängen und konnten immer schon was mit Kunst. Ich kann nichts mit Kunst als solches. Ich kann drüber schreiben, berichten und twittern, ja. Aber schöne Banner erstellen oder so - nein. Insofern halte ich die Aussage, dass wir alle Social Media können müssten übertrieben. Im privaten Bereich ist die Nutzung eh eine andere als beruflich.

Ja, niemand kann alle Kanäle gleichzeitig mit guter Qualität füllen. Richtig. Das Wissen aber, dass es diese Kanäle gibt und welche man auswählt für die eigene Zielgruppe - da greift dann das Strategie-Wissen aus dem Beruf mit rein - das sollte man schon. Man muss auch als Unternehmen oder Autor nicht alle Kanäle nutzen, die es gibt. (Oder wenn man das schon möchte, dann weiß der Social Media Manager genügend Tools zur Automatisierung.) Und nein, ich bin kein Social Media Experte und auch kein Social Media Specialist. Die vordringendste, ja die Kernaufgabe meines Berufes ist das Managen und Verwalten. Von Kanälen. Accounts. Von Inhalten. DAS ist die Kernkompetenz. Ein Spezialist dagegen kann dann noch eine Berufsfeld besonders gut. Aber er muss auch alles andere zumindest können. Und daher: Lang lebe die Berufsbezeichnung Social Media Manager!

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