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Indiebookday: Von Schubladen und vom Denken

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneIndiebookday:
Von Schubladen und vom Denken

Geht am 26.03.2016 in einen Buchladen Eurer Wahl und kauft Euch ein Buch. Irgendeines, das Ihr sowieso gerade haben möchtet. Wichtig ist nur: Es sollte aus einem unabhängigen/kleinen/Indie-Verlag stammen.

Der seit 2013 initiierte Indiebookday findet auch in diesem Jahr wieder statt.


Solche Aktionen gibt es seit Jahr und Tag und als Vorbild mochte der Indierecordlabel-Day dienen oder auch der Comic-Book-Day - Unterschiede gibts bei der Ausführung, beim Comic-Book-Day gibts kostenlose Editionen von Comics in den Comic-Book-Läden, exklusive Neuerscheinungen zum Indierecordlabel-Day. Beim Indiebookday dagegen geht es in erster Linie darum auf die kleinen und Kleinst-Verlage aufmerksam zu machen - wer an diesem Tag ein Buch kauft, sollte das halt tun aber vielleicht mal eines kaufen, dass aus einem Verlag stammt, der sowohl als auch unabhängig, klein oder halt Indie ist.

Wobei vorab eines eingeschoben werden muss: Das Ganze ist ein Event, das ein von einem kleinen Verlag in Eigenregie ersonnen wurde. Zwar sind die Buchhändler bestimmt nicht unfroh darüber ebenso wie die Verbände und wenn man sich die Presserückblicke ansieht für die letzten Jahre sind sie bestimmt auch nicht unglücklich über die geballte Aufmerksamkeit für die Kleinverleger oder Selbstverleger oder Independent-Verlage. Gerade ein Focus auf die nach wie vor bunte Verlagswelt zu richten, die jenseits der großen Konglomerate zu finden ist, das ist ein Verdienst eines kleinen Verlages, der wenige Mittel zur Verfügung hatte und das Optimale - natürlich auch für sich, aber darum geht es wirklich nicht - aus der Aktion herausholte.

Darüber kann man sich erstmal freuen. Egal ob man Eigenverleger, Selbstverleger, kleiner Verlag mit drei Angestellten, ein etwas traditioneller kleinerer Verlag ist - auf Anhieb fällt einem Festa ein - oder ein Verlag, der halt Spezialliteratur für ein Nischenangebot anbietet. Ja, wir sollten uns darüber freuen, dass es so viele Verlage gibt, die ihr Ding machen und die auch dafür sorgen, dass es Innovationen gibt. Mag sein, dass sie uns nicht auf Buchmessen auffallen, mag sein, dass die Buchhandlungen sie teilweise gar nicht führen - aber es gibt sie. Dafür sollte man dankbar sein.

Oder man macht sich die Aufgabe wie Herr Beckinsale dran rumzumeckern. Wobei ich glaube, dass er einfach einige Sachen nicht ganz verstanden hat und ich nochmal drei Dinge festhalten muss bevor ich am Meckern rummeckere. Erstens: Das Ganze ist keine offizielle Veranstaltung irgendeiner Stiftung oder irgendeines Branchenverbandes, sondern eine Initiative eines kleinen Verlages, die Früchte getragen hat. Zweitens: Wibke Ladwig ist weiblichen Geschlechts, leider ist ihre Homepage momentan nicht erreichbar. Drittens: Das Problem von Definitionen ist stets, dass sie nicht zu allen passen, aber wo steht auf der Webseite des Indiebookdays, dass Verlage, die Definitionen nicht erfüllen, an der Aktion nicht teilnehmen sollen, dürfen, können oder mögen? Zudem: In dem Fall entscheidet der Käufer des Buches doch für sich alleine von welchem Verlag er was kauft. Na ja, das tut er ja immer...

Jedenfalls hat Herr Beckinsale schon ein Problem mit der oben zitierten Formulierung mit den Schrägstrichen - also dem "unabhängig/kleinen/Indie-Verlagen." Wobei ich nicht denke, dass das jetzt bewußt oder gewollt eine Abgrenzung sein soll - es ist halt eine Aufzählung von Begriffen, die mit dem - gekoppelt sind oder sein könnten. Sinngemäß: Also Unabhängige-Verlage, Kleine-Verlag oder halt Indie-Verlage. Vermutlich darf ich auch annehmen, dass die Initiatoren das nicht als Kriterien-Liste angelegt haben sondern versucht haben die Bandbreite von Begriffen für die kleineren Verlage zu nennen - als Beispiel und Orientierung für die Leser und Käufer. Wir können tatsächlich dann darangehen zu klären, was nun was definiert. Sicherlich ist das hilfreich. Aber der erste Absatz möchte eigentlich wohl nur dem Leser sagen: Kauft ein Buch, das nicht von einem der größeren Verlage stammt sondern eher von den kleineren. Ob nun von eine Autor, der es selbst verlegt hat, einem Verlag, der ein kleineres Programm hat oder der halt nicht unbedingt die Masse von Geld einnimmt. Letzteres wird der Käufer eh nicht so genau wissen, aber sich denken können.

Herr Beckinsale hat dann mal auf den Link der Webseite des Indiebookdays geklickt, der zu einem Artikel von Wibke Ladwig - sie ist weiblich, echt! - in ihrem Blog führt. Oder führte, laut Wibke Ladwig selbst ist ihre Webseite eine Hackerangriff zum Opfer gefallen und wird nach der Leipziger Buchmesse neu online gestellt. Leider hat Google nur im Cache einen Beitrag von 2013 - der ist aber auch auf der Webseite des Indiebookdays verlinkt. Und ich gehe mal davon aus: Der ist dann auch von Herrn Beckinsale gemeint. Wenn nicht, stimmt wenigstens die Richtung: Google-Cache.

Was Wibke Ladwig gemacht hat - 2013 wie gesagt - ist schlicht und einfach weitere Informationen über den Indiebookday und unabhängige Verlage allgemein zusammenzustellen. Das reicht von der korrigierten Übernahme einer Wikipedialiste zu dem Thema bis halt auch hin zur Kurt-Wolff-Stiftung, die unabhängige Verlage unterstützt. Und da die Stiftung vermutlich nicht jeden Autor der Bundesrepublik unterstützen oder fördern kann, der gerade mal eben ein Buch veröffentlicht hat sie für sich - und nicht für den Indiebookday, wirklich nicht - Definitionen erstellt was Indiverlage sein könnten. Und was sie als Stiftung für welche hält. Das ist das gute Recht einer Stiftung, man muss damit per se auch nicht übereinstimmen.

Aber: Das eine - die Definitionen, die dann Beckinsale für sich komplett unterbricht - sind immer noch die der Kurt-Wolff-Stiftung. (Auch jetzt noch, seit 2013 bis jetzt hat sich da nichts verändert.) Soweit ich weiß ist der Indiebookday keine Veranstaltung der Stiftung. War er nie. Was man mit ein wenig Recherche im Presse-Bereich der Stiftung auch feststellen könnte. Oder mal schaut, was die Stiftung sonst so macht. Auf deren Homepage. Reicht ein Klick für. Der Indiebookday gehört nicht zu den Initiativen der Stiftung. (Die ansonsten aber schon nette Sachen macht, muss man schon sagen.) Und was Wibke schlicht und einfach gemacht hat ist, dem Leser eine Übersicht darüber zu verschaffen, was gemeinhin von der Wikipedia oder halt der Wolff-Stiftung als unabhängiger Verlag verstanden wird - damit der dann eine Auswahl treffen kann. Im Endeffekt wird dem Leser damit auch nicht die Entscheidung aus der Hand genommen und wenn jemand "Independent" als Käufer anders definiert kann das eh keiner verhindern.

Und 2013 schrieb Wibke noch ganz unten als Schluss: "Natürlich gibt es noch viele weitere unabhängige Verlage, denn beide Listen stellen lediglich eine Auswahl nach unterschiedlichen Kriterien dar. Welche fehlen Euch? Ergänzt doch gern in den Kommentaren Eure Lieblinge!" Also: Es gibt viele, viele unabhängige Verlage in unserem Land. Die zitierten Listen sind - je nach ihren eigenen Kriterien - nur eine Auswahl und nicht das Wort Gottes in 10 Tafeln auf dem Berg Sinai. (Bekanntermaßen gabs aber selbst davon zwei Ausfertigungen, nachdem Mose wegen des Goldenen Kalbes... Egal.) Keine Frage. Aber irgendwie hat Beckinsale da einige Dinge durcheinandergebracht.

Oder um es mit Wibke Ladwig aus der Kommentatoren-Spalte ganz - weit - unten - im - Blog aus dem Jahr 2013 zu sagen: "Die Kurt-Wolff-Stiftung spricht mit ihren Kriterien für ihre Auswahlliste keinem Verlag ab, Indie-Verlag zu sein. Sie stellen für sich Kriterien für die Aufnahme in ihre Liste auf und betreiben damit eine Kuratierung nach ihren Regeln. Das halte ich für vollkommen legitim. Niemand hält andere Verlage davon an, sich Indie-Verlag zu nennen. Ich finde es kurios, dass hier Empfindlichkeiten aufkommen, als sei damit allen anderen das Recht auf "Indie-Sein" abgesprochen worden. Es gibt nun mal keine vollständige Liste und für meinen Beitrag habe ich mangels dieser schlicht nach vorhandenen Listen gesucht. Und ich rief im Wissen darum, dass die Listen von Kurt-Wolff-Stiftung und Goethe-Institut nicht vollständig sind, dazu auf, hier in den Kommentaren weitere Indie-Verlage zu empfehlen. Übrigens auch unabhängig davon, ob diese Verlage Ebooks, Printbücher oder Hörbücher verlegen. Ganz im Sinne der Initiatoren vom mairisch Verlag."

Vermutlich wäre eine wirklich genaue Liste auch gar nicht möglich, was die Unabhängigen Verlage anbelangt. Vielleicht ist das auch ganz gut so. Dass so viel Bewegung im Spiel ist, dass Innovationen von kleinen Verlagen kommen und dass die kleinen unabhängigen Verlage - wie man das auch definiert - einfach da sind. Also: Kauft am 26.03. Bücher von Verlagen, die klein, unabhängig, frech, respektlos, nischig sind, die ihr Ding machen. Ach ja: Und dann schreibt darüber, was für Bücher von welchen Verlagen ihr gekauft habt! Denn DAS ist eigentlich das Wichtige. Nicht die Frage nach Schubladen und Denken.

Kommentare  

#1 Hermes 2016-03-18 00:45
Zitat:
Das Ganze ist ein Event, das ein von einem kleinen Verlag in Eigenregie ersonnen wurde.
Welcher Verlag war denn das?
#2 Kerstin 2016-03-18 08:26
Ich gebe es ja zu: Ich war schon ewig nicht mehr in einer Buchhandlung, weil ich günstiger und bequemer online bestelle.
Das ist der eine Grund. Der andere ist: In den Buchhandlungen liegt hauptsächlich die Massenware aus. Von großen Verlagen, Stapel von gleichen und gleichartigen Büchern, bei denen hohe Verkaufszahlen zu erwarten sind - hauptsächlich meldodramatsiche Frauengeschichten, die mich nicht die Bohne interessieren. So ist das zumindest hierzulande und das ist nicht gerade einladend für mich.

Wenn man was von einem kleinen Verlag haben will, muss es fast immer erst bestellt werden. Das wird also an diesem einen Tag, noch dazu der Karsamstag, nicht machbar sein.
#3 AARN MUNRO 2016-03-18 11:04
@Kerstin: Stimme hier voll zu. In den Buchhandlungen (eine ist direkt bei mir gegenüber) erhält man nur die Massenware der großen Verlage, jedenfalls bei der Methode"reingehen-gucken-kaufen". Indieware muss fast immer irgendwie bestellt werden, an die kommt man nicht kurzfristig mit der Supermarkt-Methode...ein Aktionstag für Indieverlage kann also nur weniger ein "Kauftag", es müsste mehr ein "Bestelltag" sein...welche Buchhandlung, es sei denn, sie ist genrespezialisiert, führt denn schon Bücher von unabhängigen Kleinverlagen, deren Auflage gering ist oder deren Verbreitungsraum klein, weil die Werbung nicht oder nur gering vorkommt..,
#4 Hermes 2016-03-18 13:47
Meine Erfahrung in der Buchhandlung meines Vertrauens sieht so aus:

Wenn Bücher eines Kleinverlages bei eBook.de geführt werden, werden die auch bestellt und sind in der Regel recht schnell Vorort. Bei Titeln, die nur über Amazon und den Verlag geführt werden, klappt es meistens nicht.

Die Buchhändlerin reagiert in den letzteren Fällen auch eher wie soll ich sagen ...genervt?
#5 AARN MUNRO 2016-03-18 14:13
Zitat:
Hermes:Wenn Bücher eines Kleinverlages bei eBook.de geführt werden, werden die auch bestellt und sind in der Regel recht schnell Vorort.
"Recht schnell" bedeutet bei mir aber immer, einen Tag später...mit "reingehen,gucken, kaufen" nach der Supermarktmethode ist da also nichts...über den Service kann ich mich nicht beklagen...der ist immer gut bei meinen üblichen fünf Buchhandlungen...aber eben immer erst am nächsten Tag...
#6 Laurin 2016-03-18 20:44
Ich bestelle da eigentlich direkt bei einem Kleinverlag. Bei FESTA habe ich sogar Abo's, kommt also nach Erscheinen direkt zu mir. Da hat der Verlag dann auch was von und ich komme etwas günstiger weg. Da schaue ich dann auch nicht darauf, wie lange die Lieferzeit dauert.
#7 Kerstin 2016-03-19 13:59
Was könnten die Schlipsträger der Branche alles lernen über den Leser und seine Mühe, an ein interessantes Buch zu kommen! Die müssten sich nur die Mühe machen, hier oder in ähnlichen Foren mal nachzulesen, wie die Leserwelt wirklich ist. So eine Aktion ist vielleicht gut gemeint, muss aber an der kaputtgesparten Realität scheitern.

Aber nein, es ist ja einfacher, sich selber zu huldigen und dabei laut zu jammern, wenn der Erfolg ausbleibt.

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