Schurken und Helden im Doppelpack
Sieht man von verschiedenen Romanen dieser Kategorie ab, die sich jedoch zumeist auf Romane zu aktuellen Kinofilmen beschränken, hatte der deutschsprachige Markt in diesem Genre bislang wenig zu bieten.
Dies liegt natürlich auch daran, dass Superhelden und ihre natürlichen Widerparts, die Superschurken, seit jeher in die Domäne der Comics fallen und Romane auch auf dem internationalen Markt nur schwer zu finden sind.
Andy Briggs, der seiner Vita zufolge bereits als Pizzafahrer, Filmemacher und Computerlehrer gearbeitet hat, versucht mit seiner Hero/Villain-Buchreihe Geschichten mit Superheldenthematik für eine jüngere Leserschaft aufzubereiten. In Zeiten des Superheldenbooms, in denen fast jährlich neue Kinoblockbuster mit Helden der großen Verlage DC und Marvel auf den Markt kommen, sicher keine schlechte Idee.
In Band 2 hat der Leser die Möglichkeit, die Superschurkenpart einzunehmen.
Jake ist ein richtiger Rüpel. Bei seinen Eltern fühlt er sich nicht sonderlich wohl, und auch sonst ist der Vierzehnjährige reichlich unzufrieden mit seinem Leben. Dies lässt er mit Vorliebe schwächere Mitschüler spüren, die er gemeinsam mit seinen Kumpanen schikaniert und gerne auch mal verprügelt.
Doch eines Tages erhält er eine geheimnisvolle E-Mail, die ihn dazu auffordert, die Webseite villain.com aufzusuchen. Trotz seiner anfänglichen Unsicherheit tut er es und wählt sich dort zum Spaß eine Superkraft aus. Ohne zu merken, dass er tatsächlich die Kraft zum Erzeugen und Kontrollieren von Radioaktivität erhalten hat, geht Jake am nächsten Tag wieder in die Schule. Als er zum Nachsitzen verdonnert wird, packt ihn die Wut, und seine neu gewonnenen Kräfte brechen sich Bahn. Er zerstört einen Teil des Schulgebäudes und tötet fast seinen Lehrer. Am gleichen Tag wird er aufgefordert, ein leer stehendes Fabrikgebäude aufzusuchen, wo er mehr über seine Kräfte erfahren soll.
Dort erwartet ihn der Basilisk, ein finsterer Superschurke, der nach der Weltherrschaft trachtet, und der ihn als seinen Kompagnon für sich gewinnen will. Gemeinsam mit ihm begeht Jake sein erstes wirkliches Verbrechen und sieht sich binnen kürzester Zeit weltweit von Polizei, Militär und Superhelden verfolgt und an der kommenden Vernichtung der Erde beteiligt. All dies stürzt Jake in eine Sinnkrise will er wirklich an Taten wie diesen beteiligt sein?
Wie man den inhaltlichen Angaben bereits anmerken kann, erfindet Andy Briggs das Rad der Superheldengeschichten definitiv nicht neu. Vielmehr bedient er sich sowohl was die auftauchenden Superkräfte aber auch die Motivation der Protagonisten angeht, reichlich bei bekannten Superheldenklischees. Allerdings richten sich die Storys, wie bereits erwähnt, deutlich an ein junges Publikum, was dies leichter erträglich macht.
Insgesamt gelingt es Briggs sogar recht gut, die Charaktere zu entwickeln und stellt dabei immer wieder ihre inneren Konflikte und die Schwierigkeiten, mit ihren neuen Identitäten umzugehen in den Mittelpunkt. Dabei versteht er es sogar, den Schurken Jake zu einer Identifikationsfigur zu machen, und seine innere Zerrissenheit zu verdeutlichen. Gerade der Band Rat des Bösen hat mir wegen der relativ ungewohnten Erzählweise aus Sicht der Schurken recht gut gefallen. Er ist insgesamt auch deutlich düsterer ausgefallen, als Stoppt Doc Tempest!.
Vor allem die angepeilte Zielgruppe ab 10 Jahren wird man mit der Superhelden/Superschurken Doppelreihe sicherlich begeistern können. Doch auch Superheldenfans älterer Jahrgänge finden, sofern sie sich auf den jugendlichen Stil der Bpücher einlassen können, gute Unterhaltung. Bereits angekündigt sind zwei weitere Bände (Virusattacke und Flucht von Diablo Island), die im Juli bei Arena erscheinen sollen. Spätestens dann wird sich zeigen, ob die Verkaufszahlen ein weiteres Bestehen der Reihe rechtfertigen werden. In jedem Fall ist das Konzept der Doppelbände interessant und bietet einiges an Potential.
Inzwischen hat Arena für die kommende Herbst-Winter-Kampagne zwei neue Bände angekündigt. Es geht also weiter. Wieder wird es sich dabei um einen Band für die Schurken in uns und einen für die Helden geben. Mal schauen, ob das Konzept sich weiterhin trägt.
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