Die Diätkultur oder Schlankheit um jeden Preis?
Die Diätkultur ...
... oder Schlankheit um jeden Preis?
Auch du kannst es schaffen, verkünden die Titelblätter der Gesundheitsmagazine, auch du, Mann, mit dem Bierbauch kannst in kurzer Zeit das Sixpack erreichen. Und dann wirst du erfolgreich. Dann wirst du keine Probleme im Leben haben. - Beim Betrachten von Zeitschriften wird man von Diäten geradezu erschlagen: Hier, jetzt mit noch mehr Kohl in sieben Tagen drei Kilos runter. Du willst doch eine Strandfigur haben, oder? Ja, dann knie dich richtig rein, iss nur Ananas, verzichte auf Kohlehydrate, mach Trennkost und in der nächsten Woche präsentieren wir Dir dann die nächste Diät. Die nächste hippe Ernährungsreligion. - Ach komm schon, sagen die Bekannten, du könntest ja auch weniger Pfunde auf den Rippen haben. Du weißt doch: Die Gesundheit. Und später im Alter: Die Knie. Und der Rücken überhaupt. Und guck mal, die Doris, der Peter, die haben so schön abgenommen in der letzten Zeit. Frag doch mal, was die gemacht haben. Wir meinen es ja nur gut...
Das sind nur einige Beispiele dafür, wie weit die Diät-Kultur in den Alltag vorgedrungen ist. Ihre Schäden sind bisher nicht bemessen worden, ja, in Deutschland scheint sich auch bisher kaum jemand für diese Unartskultur zu interessieren. Denn schließlich gibt es vom Staat hinunter bis zum Freundeskreis den Konsens: Zuviel Fett ist ungesund. Und immer ertönt regelmäßig im Lauf eines Jahres der Drohruf von Wissenschaftlern, dass wir Deutschen zu dick werden. Und denkt doch mal bitte an die Kinder. Die sind auch viel zu dick. Die müssten einfach mehr Bewegung haben und etwas weniger essen, dann funktioniert das alles schon. Überhaupt, die Fetten sollten sich nicht so anstellen. Die haben halt nicht genug Willensstärke. Die können halt nicht anders. Und selbst schuld, wenns mit der Karriere nicht klappt, wenns in der Beziehung nicht läuft: Paar Pfunde weniger sind das Zaubermittel, um jedes Problem zu lösen. Sieht man ja in den diversen Rom-Coms und der neuen Netflix-Serie Unsatiable. Werde schlank und hab Erfolg. So einfach ist das.
Worum es geht und worum es nicht geht
Wohlgemerkt: Es geht nicht darum, dass bei bestimmten Personen eine Abnahme des Gewichts bestimmte Krankheiten lindern kann. Es geht auch nicht darum, dass ein Laktoseintoleranter seine <Diät> ändern sollte. Oder darum, dass nicht bestimmte Maßnahmen bisweilen erforderlich sind, weil man selbst mit dem Körper unzufrieden ist.
Wobei: Diäten sind wirklich nicht DER Weg. Sie sind der beste Weg für den Einstieg in Ernährungskrankheiten...
Es geht um das Aufzeigen einer gewissen Denkweise, die alle Menschen über einen Kamm schert und die sich um das Einzelschicksal und die vielen Gründe für das Anhäufen des Gewichts nicht kümmert. Das permanente Unwohlsein, das Gefühl, dass der eigene Körper nichts wert ist, das kommt aus der eigenen Seele. Aber Impulse von außen verstärken dieses Unwohlsein mit dem eigenen Körper, dieses Nichts-Wert-Sein-Sollend für die Gesellschaft an sich. Denn wer nicht in eine bestimmte Schublade passt, der fällt halt raus. Es geht um das Aufzeigen von dem, was im Alltag passiert - das permanente Bombardement von Medien, Werbung und Meinungen, das schlussendlich das Unwohlsein mit dem eigenen Körper auslöst. Es wird Zeit, festzustellen woher dieses Unwohlsein kommt.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes befanden sich im Jahr 2012 11 491 Patientinnen und Patienten in vollstationärer Behandlung wegen Essstörungen.Zwischen den Jahren 2000 und 2012 sind die diagnostizierten Fälle von Magersucht von 5 363 auf 6 995 gestiegen, während im selben Zeitraum die diagnostizierten Fälle von Bulimie von 2 726 auf 2 332 gesunkensind (Statistisches Bundesamt, 2014, Anzahl ...). Quelle: BZgA.
Was ist Diät-(Un)Kultur?
Der englische Begriff der Diet Culture ist im Rahmen der HAES-Community - aufgelöst: Health At Every Size- und der Intuitive-Eating-Bewegungentstanden. Leider verkommt das <Intuitive Essen> in Deutschland mehr und mehr zu einer neuen Diät bzw. versprechen diverse Anbieter, man könne mit dem IE Pfunde verlieren. Dass die Grundprinzipien der HAES- und der IE-Bewegung allerdings nicht primär den Focus auf die Abnahme des Gewichtes haben wird in Deutschland gerne mal unterschlagen.
Zugegeben, ja, das Thema spielt in der deutschen Fassung des IE-Klassikers, der - seufz - Intutiv Abnehmen betitelt wurde - seufz - schon eine Rolle. Aber es wird bei den ganzen Grundsätzen erstmal nach hinten geschoben, weil andere Dinge erstmal wichtiger sind. Anders als die ganzen momentanen Anbieter, die einen Focus gerade aufs Abnehmen legen. Damit tappt man eigentlich wieder genau in die alte Diät-Zeiten-Falle... Zudem: In Deutschland erhältlich ist immer noch die Übersetzung der Erstfassung von 1995. Mittlerweile gibts im Englischen allerdings schon die dritte Auflage und zudem ein Werkbuch, das letztes Jahr erschienen und bisher nicht in Deutschland angekommen ist. Es mag sein, dass in der aktuellen englischen Auflage, die mir derzeit nicht vorliegt, das auch noch mal in einen größeren Rahmen eingeordnet wird. Aber natürlich verkauft sich Intuitiv Abnehmen besser als Intuitiv Essen...
So zeigt sich ironischerweise, wie sehr die Diät-Unkultur selbst die Kritiker sozusagen in sich vereinen kann. HAES und IE lehnen nämlich jegliche Diäten ab. Denn: Diäten funktionieren nicht. Doch noch wurde nicht erläutert, was eigentlich die Definition von Diät-(Un)Kultur ist. Das ist nicht unbedingt einfach, denn eine offizielle Definition gibt es momentan nicht. Jedenfalls keine, die in Lexikonwerken des Internets stehen würde. Aber es gibt einige Grundprinzipien, die der Diät-(Un)Kultur gemein sind:
Ich beziehe mich an dieser Stelle auf:
Kate Brown
InIt4TheLongRun
WellSeekEin Podcast mit weiteren Hintergründen ebenfalls bei InIt4TheLongRun.
- Die Diät-Kultur ist ein System, dass sich auf die Werte Gewicht, Größe und Aussehen eines Körpers fokussiert. Diese Werte werden dabei über die Gesundheit und das Wohlbefinden des Einzelnen gestellt.
- Die Diät-Kultur stellt das Dogma auf, dass nur, wer <gutes Essen> zu sich nimmt, auch moralisch sein kann. Und was gutes Essen ist, dass liefert diese Kultur in diversen Essensregeln mit. Kochen mit frischen Zutaten ist gut. Schnellrestaurant-Ketten sind schlecht. Karotten sind gut. Chips sind schlecht. Vegan ist gut. Fleisch ist schlecht. Honig ist gut. Aber moment mal, Veganer lehnen Honig doch ab? Ja, was denn jetzt?
- Die Diät-Kultur preist strikte Selbstkontrolle und stellt die Willensstärke in den Vordergrund. Damit spricht sie automatisch Jenen, die nicht ihrem Ideal entsprechen diese ab. Wenn Peter nur den Willen hätte abnehmen zu wollen, dann...
- Die Diät-Kultur ignoriert, dass die Natur - oder wer möchte Gott - Körper in unterschiedlichen Größen, Formaten und Formen ausgebildet hat. Ihr Ideal ist der schlanke und gesunde Körper. Und nur dieser wird akzeptiert. Vermutlich wird die Evolution sich was dabei gedacht haben, dass es Menschen mit der Veranlagung zum Bilden von Fettpolstern gibt. Falls die nächste Hungersnot kommt sind Dicke definitiv erstmal im Vorteil...
- Die Diät-Kultur propagiert: Nur ein schlanker Körper ist ein gesunder Körper. Sie ignoriert, dass man die Gesundheit eines Menschen nicht unbedingt vom Aussehen her ableiten kann - ein Kettenraucher ist sicherlich schlank, nicht unbedingt gesund, aber woher soll ich wissen, dass der schlanke Mann an der Kasse jetzt Kettenraucher ist? Gut, wenn er gerade zwanzig Zigarettenpackungen eingekauft hat, okay, aber ansonsten... Und bei Werbung für Fitness-Produkten kann man auch rätseln, wo man die ganzen Verbesserungen von Blutwerten und etlichen anderen internen Dingen anhand der Körperbilder nun sehen soll. Ja, die sind muskulöser und schlanker. Aber kommt es nicht auf die inneren Gesundheitswerte an? Wo sind die Tabellen, die das deutlich machen? Ebend. Die Blutwerte gibts übrigens eh nur beim Arzt des Vertrauens.
- Die Diät-Kultur existiert nicht im Vakuum. Sie ist eingebunden in das gesellschaftliche System und teilweise überlappt sie sich mit anderen Vorurteilen. Es ist nicht verwunderlich, dass Arbeitslose häufig mit dem Attribut <Dick> assoziiert werden - denn wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen bzw. wer nicht arbeitet, der achtet automatisch nicht auf seinen Körper. Die protestantische Arbeitsmoral hat auch hier hervorragend Fuss gefasst. Und natürlich können Dicke nicht so viel leisten wie ein normaler schlanker Arbeitnehmer - ganz klar. Weil... Ja. Warum eigentlich? Gibt es eigentlich Studien darüber, dass dicken Menschen generell ablehnender bei Bewerbungsgesprächen begegnet wird? Es gibt definitiv den Hinweis, dass Ärzte da schon ein sehr eingefahrenes Kopfmuster haben...
Zusammengefasst: Die Diät-Kultur ist ein System, welches anders aussehende Personen verurteilt, weil sie nicht so aussehen wie das, was das Ideal sein soll. Sie wertet Personen ab, die nicht dem schlanken Schönheitsideal entsprechen. Sie ignoriert, dass es unterschiedliche Formen und Typen von Körpern gibt und sie suggeriert ein Ideal-Bild des Körpers - in der Werbung, in Serien, in Zeitschriften. Wer nicht so ist wie das Ideal, der soll immer strebend sich bemühen, damit er erlöst werden kann. (Nach Goethe) Und wer sich nicht bemüht ist ein Versager. So einfach ist die Welt der Diät-Kultur, hier Weiß, da Schwarz. Hier Licht, da Dunkelheit. Dabei hält sie Denjenigen, die im Dunkel sind stets die Taschenlampe der Erlösung hin: Wenn du nur weniger wiegst, dann - ja, dann bist du erfolgreich. Beliebt. Dann spazierst du vor Heidi Klum hin und her und bekommst Werbeverträge. Dann fällst du die Karriereleiter nach oben. Aber so, wie du bist - so können wir dich hier im Licht nicht akzeptieren. Also ran an den Speck und <bück dich hoch, sonst wirst du ausgesiebt>. (Nach Deichkind)
Wer immer strebend sich bemüht?
Die Diät-Kultur schert alle Menschen über einen Kamm. Sie postuliert: Jeder kann schlank werden. <Weniger Essen, Mehr Bewegen> ist die Formel dafür. Diese Grundannahme - eine der Heiligen Regeln des Systems - ist aber so nicht richtig.
"Es gäbe Übergewichtige auch dann, wenn sich alle Menschen ausreichend bewegen und gesund essen würden", so Antje Gahl, Diplom-Ökotrophologin und Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Quelle: Telekom-Webseite
"...wenn Sie sich die Zahlen anschauen, die Natur: das ist eine ganz normale biologische Verteilung. Wir haben immer einen Großteil "Normaler" und dann haben wir Dürre und Dicke. Und es wird niemals der Fall sein, dass wir von diesen 5,8 auf 0 Prozent kommen. Das wird einfach nicht passieren." Uwe Knop. Quelle: RBB-Online
Aber es geht doch, sagt die Diät-Kultur: Personen nehmen doch ab. Wunder geschehen. Es ist doch ganz einfach: Die richtige Pille, die richtigen Verhaltensmaßnahmen, das moralisch richtige Essen. Gegenfrage: Wie lange hält der Gewichtsverlust nach einer Diät nun an? Schließlich sagt die Diät-Kultur doch auch, dass man möglichst sein Leben lang schlank sein sollte, um gewisse Dinge zu bekommen.
"Das Körpergewicht ist extrem gut reguliert", sagt Matthias Blüher. Der Endokrinologe leitet die Adipositas-Ambulanz in Leipzig. Während der Körper viele Mechanismen kennt, an Gewicht zuzulegen, versagt er dabei, das Gewicht langfristig wieder loszuwerden. Und so, sagt Blüher, "tendiert der Körper immer zurück zu dem höchsten Gewicht, das er jemals hatte." (...) Selbst in medizinischen Abnehmprogrammen gelingt Gewichtsverlust nur selten. Die Patienten verlieren zwar kurzfristig Kilos, bald darauf gewinnen sie sie aber wieder zurück. Nach fünf Jahren, zeigte eine Studie, die solche Programme verglich, wog kaum einer der Teilnehmer wirklich weniger (Dulloo & Montani, 2015). (...) Ärzte raten seltener zur Gewichtsabnahme als früher. Grund ist, dass heute statt des Gewichts allein das Gesamtbild des Patienten den Ausschlag gibt. Denn hat der Patient noch keine Folgeerkrankungen des Übergewichts, wie Diabetes, Gelenkbeschwerden oder psychische Probleme, dann nützt ihm das Abnehmen gesundheitlich nichts. (...) Die Patienten, deren Gesundheit bereits unter ihrem Gewicht leidet, sollten hingegen unbedingt abnehmen. Quelle: DIE ZEIT - Wobei: Die genaue Abnehmmethode sollte dann natürlich mit dem Arzt besprochen werden, der in der Regel dann halt die üblichen Methoden empfehlen wird. Ob das weiterbringt? Und das Wort LÄNGERFRISTIG möge man bitte den Krankenkassen unter die Nase halten. Es hilft also nichts, wenn man den Crash-Kurs wahrnimmt, man braucht notfalls wohl ein ganzes Leben lang ein eigenes Team. Wer Einem das bezahlt? Nächste Frage...
Abgesehen davon: Das Argument mit dem <Weniger Essen, Mehr Bewegen> ist auch in anderer Hinsicht durchaus auf die Goldwaage zu legen.
„Leider sind diese präventiven Maßnahmen bislang nicht von großem Erfolg gekrönt“, sagt Prof. Dr. Manfred Müller vom Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde in Kiel. Der Grund: Es gibt zahlreiche Faktoren, die das Gewicht von Kindern bestimmen und die bislang nicht von Präventionsmaßnahmen berücksichtigt werden." BMBF Bemerkenswert: Ein Experte gesteht ein, dass all die Programme, die aufgelegt worden sind nichts gebracht haben. Seine Lösung dafür: Andere Programme, die mehr Aspekte berücksichtigen. Wer immer strebend sich bemüht...
Auswirkungen der Diät-(Un)Kultur
Das permanente Bombardement der Diät-Kultur hat Folgen. Nicht nur übrigens für Übergewichtige. Erschreckenderweise hat sie Folgen für Kinder und Jugendliche. Was logisch ist, Jugendliche suchen noch nach einem eigenen Körperbild und das Selbstbewusstsein ist auch nicht gerade sehr ausgeprägt in der Pubertät.
Die Kinder- und Jugendstudie (KiGGS) des Robert-Koch-Instituts RKI ergab, dass mehr als 20% aller 11- bis 17-Jährigen in Deutschland Anzeichen für eine Essstörung zeigen - und viele leiden an Wahrnehmungsverzerrungen: „Das gefühlte Übergewicht wiegt schwerer als tatsächliche Kilos zuviel.“ (KiGGS / WHO-Daten). Es sei „sehr sorgsam zu überlegen, inwieweit die derzeit allgegenwärtigen Kampagnen gegen das Übergewicht den Anteil der Jugendlichen erhöht, der sich ohne Grund als zu dick erachtet. Dabei geht es um einen sehr großen Anteil normalgewichtiger Jungen und Mädchen, die sich für 'zu dick' oder 'viel zu dick' halten“, lautete das RKI-Fazit bereits 2008.
Und nicht nur Frauen werden von dieser (Un)Kultur in die Essstörungen getrieben, das Männerbild des Erfolgs ist braungebrannt, tolle Frisur und halt - schlank. Wenn Mann das nicht ist und Mann damit kein Mann ist, denn ein Mann ist braungebrannt und schlank, ein Womanizer halt so wie der Pitt oder DiCaprio, dann ist man halt nichts Wert und versucht, diesen Wert zu bekommen.
Die Wissenschaftlerin Barbara Mangweth-Matzek von der Innsbrucker Uniklinik für Psychosomatische Medizin hat 470 Männer, alle zwischen 40 und 75 Jahren alt, zu ihrem Essverhalten, ihrer Sportlichkeit und Lebensqualität befragt. (...) Das Ergebnis ihrer Studie: Sieben Prozent der Untersuchungsteilnehmer wiesen wesentliche Störungssymptome auf. Dazu gehören Essanfälle, Erbrechen, die Einnahme von Abführmitteln, extremes Fasten oder ein Body-Mass-Index unter 18,5. (...) „Das waren mehr Betroffene als gedacht. Früher hätte niemand geglaubt, dass auch ältere Männer Essstörungen haben.“ (...) Denn der Druck, gut auszusehen, ist heutzutage groß – bei beiden Geschlechtern. Werbung auf Plakaten und in Zeitschriften, aber auch Fotos in sozialen Netzwerken, suggerieren das Ideal: Während Frauen möglichst schlank sein sollen, hat der Mann optimalerweise einen muskulösen, definierten Körper. Dellen, Fett, Bierbauch? Unschön und unerwünscht. Quelle: Berliner Zeitung
Dellen, Fett und Bierbauch - unerwünscht. Das Optimum: Ein muskulöser, ranker und schlanker Körper. Ein Körperbild, das auf Männerzeitschriften gefeiert wird und die Heilsversprechen werden gleich mitgeliefert. Schließlich dauert das Programm im Heft um DIESEN Körper zu bekommen ja nur eine Woche. Oder zwei. Eventuell drei?
Last but not least:
There is a serious problem when it comes eating disorders, and even more so with the way they are portrayed in the media. Maybe it’s just my personal experience, but when I first was exposed to what an eating disorder is, the poster figure was a thin girl, always. (...) My eating habits have changed but the habit of obsession over my body is a ghost in my closet that refuses to stop haunting me. Even if I am slim and know that I am, the way I see myself in the mirror is what consumes me every day. Quelle: Brett Alexander
Least:
In this world, we are witness to a moment when the word “optimal” is used in conjunction with the word “body,” when people are trying to mold themselves into high-performance, precision machines. The idea of a fat machine makes no sense when you are easily fueled and refueled on Whole Foods and Soylent. - Quelle: NYT
Was folgt jetzt nach?
Zuerst die Erkenntnis: Es gibt diese Diät-Kultur. Sie stößt Personen zu, die übergewichtig, untergewichtig sind, deren Körper aus der Norm fallen. Sie setzt diesen Personen auch stetig zu. Sie verspricht Heil, wenn gewisse Regeln befolgt werden. Heil sein ist mehr als nur gesund im eigenen Körper zu sein, das hier versprochene Heil stellt in Aussicht, dass wer immer nur sich zu einem schlanken Körper zwingt und die moralischen Gesetze einhält - dass dieser Ganz sein wird. Dass ein neues Plateau des Lebens erreicht wird auf dem keine Probleme mehr existieren und ewiges Bacardi-Feeling herrscht. Schlankheit als Eintrittskarte für das Paradies auf Erden. Ewige Glückseligkeit. Solange man nicht zunimmt...
Während in englischen Medien das Problem erkannt ist und darüber diskutiert wird, wie man am Besten damit umgeht - es fallen dabei die Worte Respekt, Anerkennung des Anderen etc. pp., wir kennen das vielleicht unter Nächstenliebe - brauchen wir hier in Deutschland eine breitere Diskussion darüber, wie wir mit dieser Unkultur umgehen wollen. Wir könnten ganz einfach damit anfangen: Wir könnten auf unsere Worte gegenüber Jugendlichen und Kindern achten. Wir könnten achtsam sein, wenn Kinder und Jugendliche auf einmal eine Diät machen, nur weil der Freund, die Freundin das gerade macht oder weil mal wieder Germanys Next Topmodel im Fernsehen läuft. Wir sollten aufpassen, wenn das Essverhalten von Kindern und Jugendlichen anders ist als das, was sie bisher praktiziert haben. Wir sollten Kinder und Jugendliche unterstützen, in dem wir sagen: Schatz, ich mag dich so wie du bist. Wir können darauf aufmerksam machen, dass Photoshop als Werkzeug eine Unmenge von Sachen kann - unter anderem das Retuschieren von Werbebildern.
Als Erwachsene können wir uns fragen: Was bedeutet es für mich eigentlich gesund zu sein? Welche Normen, Vorstellungen und Meinungen sind da in meinen Kopf - und von wem stammen sie? Habe ich vielleicht Idealvorstellungen, die nicht erreichbar sind, weil der Körper das einfach nicht mitmacht? Wir könnten im Umgang miteinander respektvoller sein - übrigens generell - und nicht ständig vermuten, dass Übergewichtige zu viel essen. Sondern in Betracht ziehen, dass es viele Faktoren gibt. Das Thema Krankheiten - Schilddrüse etwa - habe ich gar nicht mal erwähnt. Wir sollten uns vergegenwärtigen: Es gibt unterschiedliche Körperformen. Der Eine ist zu groß, der Andere ist zu klein, lange Finger, kurze Finger und es gibt Körper, die eher zur Fettbildung neigen als andere. Wenn Ärzte der Meinung sind, es sei besser - falls der Betreffende nicht erkrankt ist - nicht abzunehmen, dann sollten wir sofern das Gegenüber keine Probleme hat, das auch so akzeptieren.
Im Übrigen: Wir stecken immer nur im eigenen Kopf. Nie in dem des Anderen. - Und ob jemand gesundheitliche Probleme hat, das bestimmt immer noch der Hausarzt, der dann auch notfalls sicherlich eingreifen wird. Und nicht wir, auch wenn wir alle durch die Diät-(Un)Kultur zur Gesundheitsspezialisten geworden sind und wissen, was dem Anderen gut tut. Nein, wir wissen das nicht.Wirklich nicht. Nein.
Kommentare
Was hat dieses Thema mit den hier gelagerten Themenschwerpunkten zu tun?
Gibt es demnächst auch einen Bericht über Abführmittel?
Unsere Kolumniusten haben da freie Hand. Und das Geschäft mit den Diäten ist in den Medien weit verbreitet. Die Kolumne heiß Multimedia. Also alles gut und machbar
- Inzwischen weiß man, allzu langes Sitzen an PC usw belastet den Körper tierisch, v.a. die im Unterbauch eingelagerten und oft von allzuviel Fett eingezwängten Organe. Daher wird Sitzen, v.a. ab länger als einer Stunde am Stück, heutzutage als mindestens so gefährlich eingestuft wie Rauchen. Zum Dauersitzen - gemeint sind fünf bis sechs Stunden am Stück, weil`s grad so schön läuft mit der Action-Szene - noch schnelles Essen und fettiges Fast Food, Süßigkeiten, Cola oder Alk (wirkt gefäßverengend) und kein sinnvoller Ausgleich - und fertig ist alsbald der wackre Schreiberling. Thrombosen, Herzinfarkt, Verdauungsprobleme, Schlaganfall usw. -
Fazit: Auch Schreiberlinge leben ganz schön gefährlich. Es ist zwar cool, George RR Martin zusammen mit Sibyll Kekilli in Mexico Riesen-Tacos und Pommes mampfen und vom geilen Tex-Mex-Essen schwärmen zu hören, aber so ein bisschen sorgt man sich als einigermaßen (soll heißen: *nicht* fanatisch ernährungsbewusst lebender) Fan dann schon drum, ob Game of Thrones jemals noch vom geistigen Urheber abgeschlossen werden wird. - Ich find' s jedenfalls gut, auch mal so ein Thema hier zu finden.
- Der Neuausgabe vom "Gespenster Krimi" - jetzt mit von Knochen (!) eingerahmtem (Lonati-)Titelbild - kann immer noch gehuldigt werden. Oder auch nicht.
Nicht zu vergessen: die Autoren, die immer mehr an (Bauch-) Umfang zulegen. Der berühmte Rhodan`sche "Ringwulst".
Also ehrlich, der Satz mit dem "Rhodan'schen Ringwulst" war jetzt gut. Bin vor Lachen fasst vom Stuhl gefallen, zumal sich in meinem Kopf dann auch immer gleich so lustige Bilder formen.
Zitat Wurschtl:
Ich glaube kaum, dass ich dieses Übergewicht in absehbarer Zeit herunter bekommen werde. Da nützen auch die besten Diät-Pillen nichts.
Nun ja, Diät-Pillen sind da auch keine Wunderwaffe und mitunter gesundheitlich auch wieder bedenklich. Ohne eisernen Willen in Sachen Ernährungsumstellung und auch im Hinblick auf Sport wird die Sache also sehr schwer werden. Hinzu kommt der übliche Jo-Jo-Effekt, der ebenfalls auf sogar absehbare Sichtweise die allgemeine Gesundheit schädigt. Muss ich hier mal so sagen, auch wenn ich persönlich jeder Sportart ein lecker gebratenes Schnitzel XXL vorziehe. Allerdings habe ich auch nicht vor so Alt zu werden, bis das mir die Demenz an jedem neuen Tag eine "neue Welt" beschert oder ich Vergangenheit und Gegenwart nicht mehr unter einen Hut bekomme. Dann lieber etwas runder und im Vorfeld glücklicher mit der Gewissheit, das die Sargträger nochmal bei mir ordentlich ins schwitzen kommen.
- Aus eigener Erfahrung kann ich zum Thema *Kilos runter* sagen: Alles, was man "schnell" an Gewicht runter machen will, trägt schon ein Scheitern in sich. Ich habe das 1986 mal versucht, mit einer ärztlich begleiteten Fastenkur nach Dr. med. Hellmut Lützner, ehemals Chefarzt der Kurpark Fastenklinik Überlingen (Bücher bzw. heutzutage eBooks bei Gräfe und Unzer) und tatsächlich 36 Kilo in vier Monaten abgespeckt. Sah gut aus. Tischtennis, Federball, wenn ich`s denn wieder spielte, auch.
- Das Tolle: Die ganze Fastenzeit über volle Leistungsfähigkeit, was das Arbeiten (Heftromanschreiben, Übersetzen) anbelangt; nur zwei, drei Tage am Anfang waren wacklig. Dazwischen mal eine Krise, aber sonst: superklarer Kopf.
- Der Haken: Nach dem Fastenbrechen verfällt man wieder in alte Essgewohnheiten.
- Endgültig, sprich dauerhaft, geknackt habe ich das Problem "Ich seh aus wie der Michelin-Mann!" bzw. "Ringwulst an der falschen Stelle" nach einer lebensbedrohenden OP 2005 buchstäblich ganz einfach dadurch, dass ich mir ein paar idiotensichere Regeln verpasst und gelernt habe, auf das zu achten, was mein Körper braucht:
- Jeden Tag mindestens 30 Minuten stramm spazieren gehen (dadurch bilden sich im Gehirn erwiesenermaßen neue neuronale Verknüpfungen, außerdem isses gut für Kreislauf/Blutdruck)
- Statt Aufzug Treppensteigen
- Morgens Haferflocken und Urgetreide (von Alnatura) mit Quark, Joghurt, frischen Früchten (Heidelbeeren, Erdbeeren im Winter gerne auch mal Tiefkühlkost) und sogenannten guten Ölen (Leinöl oder Hanföl, wegen der Omega 3- und Omega 6-Fettsäuren), dazu Kurkuma (würzt und wirkt gegen Entzündungen) und darüber Zimt (gut fürs Denken)
- Viel Gemüse und Salat
- Viel Fisch (Lachs, Hering, Forelle)
- Nicht zu viel Obst (Fruchtzucker ist auch Zucker)
- Nicht zu viel Spätzle und Nudeln
- Keine gesüßten Getränke mehr (= Cola, Spezi), überhaupt so wenig Zucker wie möglich
- Und insgesamt *NIX Fanatisches*. Kein Kalorienzählen. Höchstens mal ein Maßband in Nabelhöhe um den Leib, damit man sich freuen kann, wenn`s Zentimeter für Zentimeter weniger spannt. Ergo: Wenn ich mal einen Schnitzel XXXL-Anfall hatte, dann hab ich den im "Laurin-Style" (siehe oben) ausgelebt, genauso wie einen Rostbraten-, Tortilla-Fujiita- oder Pizza-Anfall. Dafür aber am nächsten Tag runter geschaltet und mir meine Sünde (witzisch gemeint, ich bin kein Mönch) großmütig vergeben (= Stress sorgt in aller Regel dafür, dass man zu Süßzeug greift, weil man meint, eine Ausrede dafür zu haben). Auch intermittierendes Fasten (16 Std. nix essen, 8 Stunden normal essen, siehe eingangs, ansonsten einfach mal mit dem Doc Deines Vertrauens über dieses Thema reden) hilft, vielleicht gibt er Dir ja 5 Minuten Extra-Sprechstundenzeit.
- Irgendwann wollte mein Körperlein dann passend zum weniger Futter mehr Betätigung: Also bin ich zum Ausdauer- und Krafttraining. Erstmal ganz bescheiden mit Milon-Zirkel-Training (umgeben von sehr vielen Frauen unterschiedlichster Ringwulst-Typen, weil Zirkel-Training gemeinhin als "Frauen-Fitness" gilt, dafür macht`s aber tierisch Spaß), später dann in ein "richtiges" Gym, mit einigen Rambo-Typen, Modemarken-Vorführen und weniger Spaß)
So kam ich ab 2005 von rund 98 Kilo auf seit Jahren dauerhafte 63 Kilo runter, bei knapp einsachtzig Größe und einem adäquaten Körperfettanteil sowie einem biologischen Alter, das lt. meinen Ärzten rund zehn Jahre hinter meinem tatsächlichen und rund 100 hinter meinem manchmal gefühlten Alter her hinkt.
- Kleiner Demenz-Epilog:
So gern ich Laurins Beiträge im Allgemeinen und seinen Kommtar # 6 oben im Besonderen lese - in einem hat er also Unrecht: Einen eisernen Willen braucht es nicht. Nur ein *bisschen* Trotz (Ich will dat schaffen!) und Durchhaltevermögen und die Fähigkeit, nach einem Schnitzel der Ultra-Klasse großmütig zu sich selbst sein zu können. Und tags darauf cool wieder zu einer maßvolleren Ernährung zurückzukehren.
Das Gute dabei: Die neurologische Forschung ist sich heute sehr sicher, dass Demenz grundsätzlich weniger mit dem Alter, als vielmehr mit der Ernährung in einen Zusammenhang gebracht werden muss. Im Klartext: Mit einem ÜBERMAß an Pizza, Pommes, Schnitzel, Double-XXL-Cheeseburger, Cola, Chips und Co.
Heidi Klum, Schweinsteiger, Poldi und Co, die diesen Scheiß für gutes Geld total absolut glaubwürdig bewerben, meinen es also eher nicht so gut mit ihren Fans. Und nehmen, ein bisschn derb ausgedrückt, buchstäblich deren Verblödung billigend in Kauf.
Stimme dir da in allem uneingeschränkt zu, auch wenn ich selbst so einige Kilos zu viel auf den Rippen habe.
Nur bei Spagetti brauche ich einen eisernen Willen, denn da koche ich meine eigene Soße zu mit lecker Gehacktem. Dazu muss man das Essen noch scharf mögen, denn da kommen bei mir noch ordentlich Jalapenos rein und spätestens ab da schwächelt bei mir jeder gute Vorsatz wie ein Eis am Stiel in der Sonne.
Mit dem mir großmütig vergeben danach habe ich allerdings auch absolut keine Probleme.
Nur bevor ich jetzt hier einem den Mund wässrig mache, dies war jetzt kein erfolgreiches Statement zum abnehmen ... ehrlich nicht.
- 2 große Avocados, Viertel Zwiebel (rot), 1 kleine rote Chili, Dutzend Kirschtomaten, 1 Knoblauchzehe, 2 Limetten, Prise Salz, Pfeffer, Paprikapulver, 4 Zweige Koriander.
- Fleisch aus den Avocados lösen, pürieren (mit Gabel), Zwiebel & Chili würfeln, Kirschtomaten vierteln, Knoblauch fein hacken.
- Limettenschale abreiben, Saft auspressen (Muskeltraining ;-)) Alles gründlich mischen.
- Mit Salz, Pfeffer, Paprikapulver würzen, die Korianderblätter häckseln, die Guacamole damit garnieren. Und über die noch dampfenden Spaghetti. Guten Appetit.
- Das Schöne am sorgsamen Zubereiten von Essen ist ja auch, dass man runter kommt. Man lernt irgendwann, dass es nicht auf die MASSE an Futter ankommt, sondern auf die Qualität (= Geschmack). Und man genießt anders - stopft sich also nicht in Rekordzeit voll. Der Bauch bekommt wieder die Chance, ein Sättigungsgefühl zu registrieren und ans Gehirn zu melden.
Gut isses immer, das hab ich oben zu schreiben vergessen, *vor* dem Essen ein Glas (stilles) Mineralwasser zu trinken (gut für Stoffwechsel) und nicht hinterher einen Schnaps (hilft definitiv nicht bei der Verdauung). Und Vollkorn-Produkte sind insgesamt gut, weil man davon länger ein Gefühl der Sättigung empfindet.
Man könnte also auch bilanzieren: Eine gute Ernährung und ausreichend Bewegung (ohne den fanatischen Sportler rauszuhängen) sorgen für jede Menge Endorphine, auch als Glückshormone bekannt. Mit denen kann eh keine Diätpille mithalten.
Bei mir kommen schon Glückshormone auf, wenn ich an was leckeres denke. Wobei ich gestehen muss, das ich da eh auf die schärfere Kost abfahre.
Aber träumen darf man ja noch. :