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Reboots: Müssen Stoffe unbedingt neu erzählt werden?

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneReboots:
Müssen Stoffe unbedingt neu erzählt werden?

Kürzlich stolperte ich die Frage, wie man Shrek denn nun rebooten könnte. Ich war etwas verdutzt, weil weil Shrek nun nicht als Franchise erscheint, welches man unbedingt neu erzählen müsste. Die Geschichte ist doch zeitlos. Ein Klassiker. Sie nimmt die Märchenwelt aufs Korn und erzählt dabei ein eigenes Märchen von Liebe und Treue und von der Verwandlung eines Orks, der bekanntermaßen Schichten hat.

Warum in aller Welt sollte man sowas neu erzählen wollen?

Fangen wir mit der Frage an, warum und ob man Shrek neu erzählen müsste. Der Animation-Klassiker, der damals die Kritiker in Verzückung setzte - nicht nur wegen der Umsetzung der Technik, sondern auch weil die Geschichte den gängigen Märchenklischees zuwider läuft - hat drei Filmfortsetzungen und einen Spin-Off-Film zustande gebracht und wenngleich vielleicht auch Film Nummer Vier schon etwas über den Hai sprang und man sich fragte, warum das jetzt noch sein musste, das Spin-Off mit dem Gestiefelten Kater war für sich vergnüglich und man kann sich das auch heute noch ansehen. Das Musical kenne ich jetzt nicht, aber das hat es auch noch gegeben. Insofern...

Muss man Shrek für diese Generation neu erzählen? Wann erzählt man eigentlich Stoffe neu? Normalerweise dann, wenn diese Stoffe für die Gegenwart an neuer Bedeutung gewinnen oder wenn es Aspekte gibt, die der Erzähler besonders für die Gegenwart betonen möchte. Christopher Nolan unterscheidet sich von Tim Burton darin, dass er Batman in einen realistischeren Rahmen setzt. Während Tim Burtons Joker eine Waffe mit verlängertem Lauf aus der Tasche zieht und Batman damit abschießt hantiert Christopher Nolans Joker mit zwei Bomben auf zwei Schiffen in Gotham. Burton bleibt eher bei den Comic-Wurzeln des Stoffes, Nolan versetzt den in einen glaubwürdigen Rahmen. Nun gut, bei einigen Dingen dehnt Nolan dann seine Erzählweise so, dass der Comic-Anteil immer noch sichtbar ist. Harvey Dent würde vermutlich normalerweise kaum die Explosion so entstellt überleben.

Sicherlich kann man damit argumentieren, dass Märchen ja auch in den verschiedenen Fassungen überliefert sind. Wenn bei Dornröschen der Prinz die Prinzessin wachküsst, ist das beileibe nicht das Ende - eigentlich kommt dann noch ein Fall in die Dornenhecke, der Prinz erblindet, die Prinzessin von der Hexe in eine Wüste geschickt und erst dann gibts das Happy-End. Es ist irgendwie logisch, dass Walt Disney dieses Ende nun nicht erzählt hat. Genauso wenig wie andere Erzähler vor und nach ihm. Nun sind Märchen aber immer auch mündlich weitererzählt worden und wie das bei mündlichen Stoffen ist, verändern sie sich dann im Laufe der Zeit. Mal wird ein Detail vergessen, mal eines dazugefügt und irgendwann kommt dann jemand daher, der die flüchtigen Stoffe festhält. Entweder aufschreibt, mit einer Wachswalze aufzeichnet oder sonst wie in einer gültigen Form festhält.

Für Filmremakes gilt das natürlich nicht. Hier liegen die Gründe an anderen Stellen: Bringt der Stoff eventuell noch Geld ein? Oder hat der Regisseur eine besondere neue Sicht auf die Dinge? Disney setzt zurzeit mit den Realverfilmungen der Zeichentrickfilme eher auf Das-Bringt-Geld-ein-Prinzip - schließlich waren die bisherigen Neuverfilmungen weder besonders originell noch brachten sie neue Deutungen zu Tage, bei der Schönen und das Biest wurde zwar versucht einige Logiklöcher zu schließen, aber letztendlich hätte es den Film nun auch nicht in der Form gebraucht. Diese Art von Remakes sind zwar eine Augenweide von der Ausstattung her oder von der Technik - das Dschungelbuch mit echten, ähm, computergenerierten Tieren, na, da kann man auf den König der Löwen gespannt sein - aber sie bringen nichts Neues. Sie beleuchten keine neuen Aspekte, sie verharren in der Deutungshoheit ihrer Vorlagen.

Aber eigentlich geht es ja um Reboots. Um Neustarts eines Franchises. Wobei das heutzutage auch eine dünne Grenzen ist, manchmal ist ein Remake ein Reboot, manchmal nicht, manchmal doch, nun ja. Und gerade hier stellt sich den Studios ja immer die Frage, ob das Teil genügende Geld für mögliche Fortsetzungen einbringen wird. Beim aktuellen Halloween-Film braucht man sich da keine Gedanken zu machen, der Film hat genügend eingespielt um weitere Ableger des Franchises hervorzubringen. Gut, es ist ein einigermaßen seltsames Franchise von der Zählweise der Filme her, weil der eine Film nun direkt an den ersten anknüpft und den zweiten Teil ignoriert, während andere Filme der Reihe wieder andere Filme ignorieren... Rob Zombie allerdings hatte dann sich daran gewagt hat und seinen Halloween-Film wenigstens eine Art Erklärung für das Verhalten von Myers zeigt und die Figur neu gedeutet - man mag das mögen oder auch nicht - der aktuelle Halloween zeigt immerhin, wie ein Mord eine Familie kaputtmachen kann. Obwohl das Ende - Grandma hatte Recht, holt die Waffen raus - nun zwar darin orginell ist, dass die Rollen etwas vertauscht sind, aber irgendwie richtig neue Ansätze bringt der Film nun auch nicht.

Nun mag es auch daran liegen, das bestimmte Erzählhaltungen für die neuesten Generationen zu altertümlich wirken. Das kommt dann zum Tragen, wenn wir Erwachsenen davon schwärmen, wie gut doch damals die Kinderserien gewesen sind. So toll. Augsburger Puppenkiste. Ein Traum. Der Fliegende Ferdinand. Großartig. Die Besucher. Wunderbar. Wenn wir uns dann aber mal hinsetzen und uns die Folgen nochmal anschauen, dann wird uns klar: Die Erzählweise im Fernsehen hat sich drastisch verändert. Nicht erst durch Pokemon und Co., sondern auch schon vorher haben wir uns durch MTV an schnelle Schnitte, raschere Handlungen gewöhnt. Es dauert gefühlt eine Ewigkeit, bis bei den alten Kinderserien irgendwas wirklich Wichtiges passiert. Das kann man heute seinen Kindern nicht mehr vorsetzen - die sind diese zähe und langweilige Art des Erzählens nicht mehr gewohnt. Falls jemand in der letzten Zeit mal einen Fassender-Film gesehen hat oder einen anderen aus der Zeit, wird wissen was ich meine.

Das dauert alles unendlich lange. Ja, das ist zwar irgendwie faszinierend und wenn die Geschichte trägt auch hinnehmbar, aber unsere Sehgewohnheiten ändern sich. Deswegen ist die Biene Maja auch heute eher flott und actionbetont. Muss man nicht mögen. Entspricht aber den Sehgewohnheiten, die wir heute als normal empfinden. Heute maulen Kinder ja schon darüber, wenn auf dem Fernseher so rechts und links schwarze Balken zu finden sind... Und Schwarzweiß-Filme? Igitt, total aus der Mode. Jedenfalls für Kinder. Der Humor von Stan und Oliver erschließt sich ihnen leider nicht mehr. Dabei ist die Episode mit dem Klavier und den Treppen einfach... Nun ja.

Warum nun Shrek unbedingt neu erzählt werden muss? Gute Frage. Vermutlich, weil man denkt, man könne mit dem Stoff nochmal Geld scheffeln und weil Disney ja momentan mit seinen Neuerzählungen der Trickmärchen durchaus Erfolg hat. Wie geschrieben: Innovativ sind die nicht, auch wenn sie kleinere Änderungen bringen, aber im Großen und Ganzen ist das wie bei McDonalds. Wenn ich in einer Filiale einen Big-Mac bestelle, schmeckt der so wie in einer anderen. Ich kann mir allerdings beim besten Willen keine Realverfilmung davon vorstellen - aber es würde ja eine aufpolierte computeranimierte Fassung reichen. So wie das momentan bei Computerspielen häufiger gemacht wird: Look neu, Handlung alt. Und was bei Spielen klappt, kann ja bei Filmen auch klappen. Ob mir das jetzt gefällt oder nicht.

Kommentare  

#1 Laurin 2018-11-10 14:01
Nun ja, der Film "Halloween" von Rob Zombie war durchaus sehenswert, während die aktuelle Neuverfilmung von "Halloween" irgendwie wieder verschenkte Lebenszeit ist.
Bond auf Null zu setzen war absoluter Blödsinn für mich, aber irgendwie fällt denen zu ihrem Agenten eh nichts mehr ein, weshalb die Filme schon seit längerem sich am üblichen Hollywood-Action-Mainstream bedienen.
Das "Star Trek"-Reboot fand ich wiederum durchaus ansprechend und frisch aufbereitet.
Dann gibt es z.B. Filme wie die Stephen King-Verfilmung "Carrie", welcher schon nach einem Remake schrie, da der Originalfilm absolut schlecht gealtert ist.
Man kann es also drehen wie man will und einige werden da auch anderer Meinung sein als ich. Daran sieht man allerdings, dass auch Remakes bzw. Reboots durchaus die Interessen einer breiten Schicht abdecken können, die mit dem jeweiligen Original eventuell nicht so zufrieden waren oder die gerne mal frischen Wind in manchen Filmreihen sehen wollen. Der Spruch "Original ist immer besser" trifft da sichtbar nur auf eine Gruppe zu, kann aber nicht alle Gruppen gleichsam befriedigen.
Was hingegen zu hinterfragen ist, wäre der Umstand, das mittlerweile Filme bereits nach drei bis fünf Jahren ein Remake erfahren, was eher schon an eine Einfallslosigkeit der Filmbranche denken lassen könnte.
#2 Walter Seppi 2018-11-28 23:53
zitiere Laurin:

Bond auf Null zu setzen war absoluter Blödsinn für mich, aber irgendwie fällt denen zu ihrem Agenten eh nichts mehr ein, weshalb die Filme schon seit längerem sich am üblichen Hollywood-Action-Mainstream bedienen.


Also wer den letzten Brosnan-Bond gesehen hat, der weiß warum der 'Befreiungsschlag' notwendig war. Bond war unglaubwürdig geworden...

Was ich persönlich peinlich fand(und auch das 'auf Null stellen' ad absurdum führt) war das Festhalten an der weiblichen M. Ein klarer Schlußstrich wäre besser gewesen.

Das man Bond wieder rauher, mehr geerdet am Boden darstellt ist auch nicht verwunderlich. Wer erinnert sich noch an Sean Connery und ein Haar an der Türangel? Ein solches Zürückgehen an die Wurzeln hat es ja schon ansatzweise bei Lazenby gegeben und wurde dann mit Dalton explizit versucht.

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