The Chilling Adventures of Sabrina: Nur eine phantastische Soap?
The Chilling Adventures of Sabrina
Nur eine phantastische Soap?
Vor allem: Das kommt von den Machern von Riverdale? Oh dear...
Bevor jetzt etliche Kommentare auf mich einprasseln, dass Riverdale doch eine total erfolgreiche Serie sei, die zudem die Archie-Comics total revitalisiert hätten - ich bezweifle, dass eine Mehrzahl von Deutschen vorher irgendwas von Archie und den diversen Comic-Heften gehört hat, außer als Randbemerkung bei The Big Bang Theorie. Und ja, mag sein, dass Riverdale jetzt etlichen Zuschauern herzzerreißende Dramen beschert. Nach zwei Folgen der Serie Riverdales jedenfalls war ich raus und ich sehe die Handschrift der Riverdale-Macher ja auch durchaus negativ bei Sabrina am Werk. Der Plot um Harvey ist einfach - einfach - extrem langweilig. Die Freundinnen sind auch nicht besonders überzeugend übrigens.
Was mit ein Problem ist: Wenn gerade der klassische Stoff vom Erwachsen-Werden eines jungen Menschen erzählt wird - bei Sabrina halt mit phantastischen Elementen garniert - dann gehört es dazu, dass die Zerrissenheit des Charakters deutlich spürbar wird. Der Fokus von Sabrina liegt ja gerade in den ersten Folgen auf dieser Wahl: Entweder Sabrina wird Hexe und damit entwickelt sie sich weit weg von ihren Freunden. Oder sie lehnt das Hexendasein ab und muss dann mit den Konsequenzen rechnen. Dass die Macher der Serie eine Lösung bis zum Rest der Staffel gefunden haben - das erinnert schon recht drastisch an die Kniffe der Soap-Serien, hier mal eine heimliche katholische Taufe statt des auf dem Nichts auftauchenden Zwillingsbruders oder Klons. Und dass Harvey sich an Dinge nicht erinnert, weil Sabrina das nicht will: Das Verlieren von Erinnerungen ist nun auch nichts unbedingt unsoaphaftes.
Sobald Sabrina sowohl Mensch als auch Hexe sein darf - wobei sie natürlich nicht verraten darf, dass sie eine Hexe ist - kommt die Serie zu einem merkwürdigem Halt. Und zu einer unausgegorenen Erzählungsweise: Manchmal wiederholt die Serie das Monster-der-Woche-Schema, dann wieder wird der Akzent auf die Entwicklung hinter den Kulissen gelegt. Sabrina selbst ist zwar immer irgendwie im Mittelpunkt, aber da sie ja jetzt eigentlich das Beste zweier Welten hat, ist sie als Charakter nicht mehr unbedingt interessant. Selbst, wenn sie ohne mit der Wimper zu zucken jemanden umbringt - und damit gegen Ende der Staffel sich selbst ihr Grab schaufelt, buchstäblich: Der Fokus der Serie liegt nicht mehr auf ihr. Wobei man der Schauspielerin Kiernan Shipka durchaus zugestehen muss, dass sie Sabrina glaubhaft verkörpert. Es liegt eher an den Drehbüchern der einzelnen Folgen.
Stattdessen widmet sich die Serie den Querelen in der Church of Night und die Machspielchen zwischen Lilith und derem Oberhaupt, Faustus Blackwood. Richard Coyle und Michelle Gomez beim Schlagabtausch zuzusehen macht zwar Spaß, ist dann aber auch wieder Soap-Opera. Alexis Carrington trifft auf E.R. Ewing. Und hier taucht dann auch die uneheliche Tochter aus dem Nichts auf und später haben wir mit der Schwangerschaft von Lady Blackwood und dem, was da folgt auch noch ein starkes Soap-Element.
Schade, dass der religiöse Hintergrund nur Staffage ist. Der taugt in erster Linie ja dann nur dazu, um den Plot irgendwie voranzutreiben: Malus Malum, Buch der Toten, was genau Sabrina an der Akademie denn nun lernt wissen wir nicht. Zehn Folgen bieten dazu auch nicht die passende Erzählzeit. Und passenderweise ist auch immer genau das Element, das Sabrina unbedingt braucht bequem in der Nähe oder wird von ihr ohne größeres Drama gefunden. Siehe Malus Malum. Dass die Chruch of Night eine Parodie der Katholischen Kirche inklusive Chor ist, geschenkt. Originell ist das zwar nicht, aber daraus hätte man auch noch Potential schlagen können. Ob Blackwood, der die ganze Kirchenreformation von Sabrinas Vater rückgängig machen möchte eine Kritik an Trump sein soll? So weit möchte ich mich nicht aus dem Fenster lehnen, ich glaube auch, das haben die Macher der Serie nicht so beabsichtigt. Aber hier wäre auch Zündstoff: Es müssen ja immer noch Leute da sein, die Sabrinas Vater und seine Werte gemocht haben - unterschwellig könnte es also in der Akademie gären. Was meines Erachtens viel spannender wäre als wenn zwei Leute in einem Raum stehen und sich angiften... Hüstel.
Nun ist das erst die erste Staffel, Serien haben nicht immer das Glück eine gute, ausgereifte erste Staffel zu haben - Star Trek Next Generation, hust, Deep Space Nine, hust, Buffy, hust. Da die erste Staffel auch in sich sehr abgeschlossen wirkt, vermutlich wollte man kein Risiko gehen, wenn die Serie nicht verlängert wird, sind auch weiterhin keine Fäden offen, die für eine zweite Staffel eine Rolle spiele würden. Und das, was noch offen ist, wirkt im Finale seltsam gedrängt. Nachdem die Serie eine Weile im zweiten Gang fuhr, gibt sie in den letzten Folgen wieder Vollgas. Sie möchte gerne noch Spannung erzeugen, aber irgendwie gelingt ihr das auf den letzten Metern nicht mehr. Selbst Sabrinas selbstverschuldeter Fall, um Greendale zu retten - nachdem der Charakter in den letzten Folgen derartig uninteressant war, rettet das ihn nun leider am Ende nicht. Obwohl es eigentlich der klassische Fall eines Tragödiencharakters wäre: Was immer er tut, die Götter sind gegen ihn und er scheitert am Ende.
The Chilling Adventures of Sabrina nutzt auf jeden Fall jede Menge Plotelemente der Soap. Hätten die Macher der Serie sich entscheiden können, das, was in den ersten drei Folgen ausdebattiert wird - die Entscheidung zwischen Hexe und Mensch nämlich - über diese Folgen hinaus zu strecken, interessante Nebenfiguren zu erfinden, ja, vielleicht auch noch ein wenig mehr den religiösen Hintergrund zu vertiefen, gäbe es mehr über das Leben an der Hexenakademie zu erfahren - ich hätte die Serie vermutlich nicht unter Guilty Pleasure einsortiert. Wobei, wie gesagt: Selena Gomez als Lady Satan ist schon einer Alexis Carrington würdig....
Kommentare
Als ich allerdings den Trailer von CHILLING ADVENTURES OF SABRINA gesehen hatte, muss ich zugeben, dass ich da durchaus recht neugierig geworden bin. Mit Kiernan Shipka als Sabrina, der Ausrichtung auf ein älteres Publikum als damals die Originalserie und dem durchaus düsteren Handlungsverlauf kann das Reboot eigentlich nur gegenüber der kindgerechten Originalserie gewinnen. Zumindest weckt die Serie die Neugierde auf etwas, was man seit damals eigentlich als gesehen und abgehakt betrachtet hatte. Von daher durchaus mal beide Daumen hoch.
Und so nebenbei erwähnt, wer sich mit dem Medium Comic auch nur leicht intensiv beschäftigt, der kennt durchaus auch die Archie-Comics und musste hierzu nicht erst auf THE BIG BANG THEORIE warten, um mit der Nase drauf gestoßen zu werden. Wer mit Comics allerdings nichts am Hut hat, der dürfte auch mit BIG BANG THEORIE nichts mit dem Verweis auf die Archie-Comics (Hintergrund/Ablaufform/Inhalte) anfangen können.