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Ethik und Spotify - ist es mein Problem, wenn die GEMA zu wenig zahlt?

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneEthik und Spotify
Ist es mein Problem, wenn die GEMA zu wenig zahlt?

Spotify, Apple-Music, Deezer - Streamingdienste haben die Art, wie wir Musik hören definitiv verändert. Zwar ist es immer noch so, dass CDs gepresst und verkauft werden, ebenso wie DVDs und Bly-Rays von Filmen noch zu erwerben sind. Aber dennoch haben Streamingdienste unsere Art und Weise Medien zu konsumieren vielleicht nicht unbedingt radikal, aber dann doch verändert. Auch hinsichtlich der Frage, wieviel Geld eigentlich den Künstler*innen zusteht.

Denn schon seit langem sagen die Musikschaffenden: Spotify bezahle einfach zu wenig. Das Spektrum soll je nach Musiker bei 0,006 bis 0,0084 Dollar liegen. Dass dies ein lächerlich geringer Betrag ist, das sollte jedem Nutzer klar sein. Aber es ist halt nicht jedem klar, weil diese Tatsache nicht ständig in den Medien auftaucht und diskutiert wird. Beziehungsweise nur dann, wenn mal wieder ein Künstler seine Tracks aus Spotify zurückzieht oder sich dem Dienst ganz verweigert. Erst dann wird wieder über das Geschäftsmodell von Streamingdiensten diskutiert und auch, ob Spotify die Künstler ausbeutet. Und ob wir Konsumenten diese Ausbeutung nicht durch die Nutzung von Spotify und Co. unterstützen.

Wir sind daran gewohnt, dass im Internet Dienste und Angebote erstmal vermeintlich kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Letztendlich zahlen wir mit unseren Daten dafür und Spotify hat ein ausgeklügeltes System, dass unsere Nutzung so clever untersucht, dass der Dienst uns Musik vorschlagen kann, die uns eventuell gefallen könnte. Was uns Kunden nicht davon abhält, Spotify zu nutzen. Denn der Dienst bietet uns einen Zugriff auf eine Unmenge von Titeln, bietet die Möglichkeit Probezuhören bevor man sich dann doch eventuell eine CD kauft, wir können unsere Lieblingstitel markieren, organisieren, kuratieren. Die Bequemlichkeit des Menschen sollte man nie unterschätzen - vor allem gewöhnen wir uns schnell an neue Dinge. 

Die Bequemlichkeit aber hat ihren Preis. Jetzt können wir als Kunden sagen: Wir bezahlen durchaus die Künstler. Wir hören uns in der kostenlosen Variante Werbespots an, das Geld aus diesen Verträgen zahl Spotify an die Künstler aus. Oder wir abonnieren den Dienst für knapp 10,- Euro im Monat und haben bessere Qualität und können sogar Tracks herunterladen. Zwar dann nur für die Dauer des Abos, aber das schert uns erstmal nicht. Wir sind ja sogar erfreut darüber, diese Möglichkeiten zu haben, denn das Internet ist nicht überall unterwegs vorhanden. Handeln wir dabei aber wirklich ethisch korrekt? Wenn Spotify nur kleine Beträge an die Künstler überweist, wäre es nicht besser wir würden wieder CDs kaufen? Schallplatten? Okay, die Kassette erlebt momentan ein kleines Revival, aber Mainstream ist dann doch anders.

Wir können das nur fragen, wenn wir die Alternativen nennen. Wobei es ja offenbar nur eine Alternative in Bezug auf das Internet gibt, denn auch nach längerem Überlegen ist mir persönlich nichts Anderes eingefallen: Das illegale Transferieren von Titeln auf die Festplatte. Dass diese Methode ethisch nicht korrekt ist verrät ja schon das Wort illegal. Gegen den Willen des Künstlers landen seine Tracks im Internet, werden getauscht, hochgeladen, runtergeladen. Bevor es Dienste wie Spotify gab, war diese Art die Einzige, die das Internet anbot. In diesem Fall bekäme der Künstler und bekämen die anderen Mitwirkenden nichts, nada, nothing. Ist da Spotify nicht die bessere Wahl? Immerhin erhalten die Künstler hier noch einen Betrag, wenn auch einen geringen.

Bisher habe ich immer nur den Kunden im Blick gehabt, aber vielleicht sollten wir auch mal fragen: Wer legt eigentlich diese Beträge fest? Spotify, würde die vorschnelle Antwort lauten, wenn man nicht mit einberechnen müsste, dass es natürlich auch die Verwertungsgesellschaften sind, die hier verhandelt haben. Ohne deren Genehmigung wäre Spotify ein weiteres illegales Angebot im Netz.

Wissen wir eigentlich, wie viel von den Einnahmen an wen geht bei diesem Geschäft? Durchaus. Allerdings ist das nicht so einfach aufzuschlüsseln. Denn: Das Finanzierungssystem ist schwer durchschaubar. Deswegen hat der Interessenverband der französischen Musikindustrie im Jahr 2015 die Beratungsfirma Ernst & Young beauftragt, es aufzuschlüsseln. Was dabei herauskam? Demnach behält Spotify von den 9,99 Euro Gebühr nur 21 Prozent. Der Großteil von etwa 73 Prozent geht an die Plattenlabels und die Musiker selbst erhalten nur noch den Rest, der umgerechnet 0,68 Euro beträgt.

Das liegt daran, dass Musiker teilweise nicht die Rechte in ihrer Musik haben - weil sie halt Verwertungsgesellschaften wie die GEMA nutzen, die dann wiederum offenbar nicht so das Interesse haben, höhere Beträge von Spotify für die Musik zu fordern oder sich für einen Kompromiss entschieden, der eher nachteilig für ihre Kunden ist. Zudem: Alte Verträge beinhalten neue Technologien in der Regel nicht - hier müssten die Künstler*innen mit den Verlagen und Rechteinhabern nachverhandeln, damit auch sie zu ihrem Recht kommen. Und zu höheren Einnahmen.

Entlastet uns das aber von der ethischen Verantwortung, die wir auch im Umgang mit Spotify und Co. haben? Natürlich nicht. Allerdings: Wenn wir wissen, dass nicht unbedingt Spotify der Spielverderber ist sondern offenbar sich da im Hintergrund die Verantwortlichen sich teilweise nicht auf diese neue Art der Verbreitung einstellen - dann haben wir ein handfestes Argument in der Hand uns für oder gegen Spotify zu entscheiden. Denn eine allgemeine Antwort gibt es zu der Frage leider nicht. Oder vielleicht: Glücklicherweise nicht.

Und natürlich sind Streamingdienste im Gegensatz zur illegalen Downloadlösung die richtigere Wahl - die Künster bekommen immerhin etwas für ihr Geld. Und das mag dann für unsere persönliche Ethik den Ausschlag geben. Ob Spotify und Co. generell dann ethisch im Umgang mit den Mitarbeitern sind, das ist eine andere Frage.

Kommentare  

#1 G. Walt 2019-12-27 09:47
Ich habe bereits vor 5 Jahren gesagt, dass es die sogenannten Platten-Millionäre nicht mehr geben wird. Eine Kultfigur wird es sicher noch geben, aber anhand von Plattenverkäufen so reich zu werden wie Michael Jackson oder Mariah Carey muss man sich abschminken. Ist das auch verdient? Ein angemessener Lohn sollte es schon sein - aber vielleicht kommt man da noch hin, wenn endlich auch der Letzte Gestrige kapiert hat, das die Zeit der haptischen Datenträger zuende geht.
#2 Laurin 2019-12-27 11:43
Nun ja, das sehe ich persönlich etwas anders. Denn gerade in Sachen Musik sieht man recht schön, wie alles irgendwie durch die illegalen wie legalen Streamingdienste den Bach runter geht. Da werden Konzerttouren zu Haupteinnahmequellen für Bands und Künstler und ab einem gewissen Zeitpunkt fragt man sich da auch, lohnt es sich überhaupt noch, Musik zu machen? Und wenn man sich schon fragt, ob es gerechtfertigt ist, dass es keine Platten-Millionäre mehr gibt, dann sollte man auch so konsequent sein und fragen, ob Fußballer nicht schlicht überbezahlt und entsprechend gehandelt werden. Und wie sieht es mit Unternehmensleiter, Vorstände und Aktionäre aus, die selbst ihre eigenen Produkte nicht in der Lage sind herzustellen (das machen nämlich eigentlich die Arbeitnehmer und vermehrt auch Mitarbeiter die per Verträgen auf Zeit einem modernen Sklavenhandel unterliegen, wenn sie nicht mit Hartz IV ihr Dasein bestreiten wollen).
Aber bleiben wir da mal bei Musik und eventuell auch Film. Was Musik angeht, bleibe ich bei dem Kauf einer CD und hoffe (wie auch bei DVD & BD), dass es diese Datenträger noch lange geben wird. Denn beides trägt auch zu einer Vielfalt bei, die es im Mainstream nicht mehr geben wird, wenn alles erst einmal gestreamt werden muss. Bei Magenta TV, was ich ja mal ganz kurz angetestet hatte, sprangen mir bei Filme und Serien erst einmal die Preise ins Auge, bei denen ich meine Geldbörse hätte öffnen müssen. Was dann wirklich als umsonst galt, interessierte mich ehrlich gesagt nicht die Bohne. Lustiger Weise ist mir dann auch noch ein Film ins Auge gesprungen, den ich billiger auf BD erhalten hatte, als er mir seitens des Stremingdienstes angeboten wurde. Also packte ich alles wieder recht schnell ein, schickte es zurück und kündigte den Vertrag bei Magenta TV gleich wieder. Zudem kriege ich schon Bluthochdruck, wenn ich dann im Artikel etwas von Werbespots lese, die ich schon mal überhaut nicht haben will (weder im Film noch bei der Musik). Für mich bleibt daher CD, DVD oder BD die wesentlich bessere Alternative, egal ob für mich als Kunden als auch für die Musik- und Filmschaffenden.
#3 G. Walt 2019-12-27 12:08
@da hast du Recht. Ich sehe im Film-Streaming auch noch keine wirklichen Vorteile, außer die Platzersparnis. Manche BD und DVD sind in der Tat günstiger als im Stream. Da muss man schon genau hinschauen. Ich denke Netflix ist da nicht anders. Ich habe Amazon Prime und da ist es ähnlich. Was wirklich interessant ist, kostet extra. Außer die ganzen Amazon-Serien, von denen mich aber wirklich auch keine interessiert. Ich habe es mal 2 oder drei versucht aber werde damit nicht warm. Aber viele mögen das. Ich mag den Krimichannel dafür. Naja bei der Musik bin ich anderer Meinung. Aber das habe ich oben ausgeführt.
#4 Laurin 2019-12-27 13:06
@ G.Walt,
natürlich kann man, wie du, bei der Musik anderer Meinung sein. Meinungen spiegeln ja auch in gewisser Weise eine Vielfalt an Möglichkeiten wieder. Nur möchte ich auch als Konsument mir diese Vielfalt der Möglichkeiten erhalten und dazu zählen auch eben die habtischen Datenträger, die ich persönlich nicht missen möchte. ;-)
#5 G. Walt 2019-12-27 21:34
@was ich auch sehr gut verstehen kann. Ich sehe das ja bei meinen Hörspielen. Ich sammle sie auch digital, weil nicht alles in mein Regal passt, kaufe ich mir manchmal nur Downloads. Doch da fehlt dann echt der Überblick und der schöne Anblick im Regal.
#6 matthias 2019-12-27 21:49
Bei Filmen möchte ich die DVD oder BR im Regal stehen haben. Auch wenn, das altertümlich zu sein scheint, aber ich bin bereit, für die Disk Geld auszugeben. Das allerdings gebraucht im Ebay.
Und - ich sehe mir auch manchen Film mehrfach an. Bei Serien wird das wohl nicht klappen, da ist die Lauflänge einfach zu groß.
#7 Laurin 2019-12-28 15:09
@ G. Walt,
ja, mit dem Platzmangel ... das kenne ich auch. Bei mir besonders in Sachen Filme und Bücher. An Hörspielen und Hörbüchern hat sich auch schon einiges angesammelt und da ich in Sachen Musik so meinen eigenen Geschmack habe, habe ich da auch gerne den direkten Zugriff auf bestimmte Musik (z.B. 60er und 70er Jahre) oder spezielle Rockgruppen und Interpreten. Aber ich glaube, da muss ich durch, so oder so. ;-)

@ matthias,
Bei Filmen auf DVD und BD brauche ich eigentlich schon kein normales Fernsehen mehr, da mir so mancher Film erst nach ein bis zwei Jahren mal wieder in die Finger fällt. Und selbst bei Serien kriege ich es hin, die mir nach einer weile wieder anzusehen. Da warte ich z.B. auf die finale Staffel von GOTHAM, dann werde ich mir alle fünf Staffeln nochmals in einem Rutsch gönnen. Die Kompletten Serien zu UFO oder INVASION VON DER WEGA habe ich schon mindestens dreimal gesehen und irgendwann demnächst will ich mir die erste und zweite Staffel von AHS mal wieder reinziehen (nach längerer Zeit). Das normale Fernsehprogramm benötige ich eigentlich nur noch für interessante Dokumentationen oder wenn mal wieder größere Wahlen sind. Als bei uns im Haus mal die zentrale Satellitenanlage ein paar Wochen nicht funktionierte, ist mir das faktisch nicht mal aufgefallen, denn bei meinem Filmarchiv habe ich eine riesen Auswahl, wenn ich mal was sehen möchte. Von daher sehe ich diese Form der Datenträger auch noch längst nicht als veraltet an, zumal das Geschäft damit wohl auch noch sehr rege läuft. Und was mal sein wird, wenn ich die Radieschen mal von unten anknabbere, kann mir dann ja eh egal sein. :P

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