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Wapo Duisburg: Wenn das Wasser im Rhein so dahinplätschert

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-Kolumne»Wapo Duisburg«
Wenn das Wasser im Rhein so dahinplätschert

Duisburg zehrt bekanntlich sehr von seiner Tatort-Vergangenheit. Im Stadtmuseum hängt Schimanskis Jacke, es gibt eine Schimanski-Gasse und die obligatorischen Schimanski-Touristen-Touren durch Ruhort und die Stadt an sich. Als die ARD daher bekanntgab, die bekannte Reihe Wasserpolizei XYZ mit einem weiteren Spin-Off zu versehen - Wapo Bodensee läuft seit Jahren im Vorabendprogramm - und dass dieses Spin-Off in Duisburg stattfinden sollte …

Man kann sich vorstellen, wie die Meisten reagiert haben. Also wenigstens gespannt. Wenn nicht sogar euphorisch. Die Euphorie sollte sich wohl nach der ersten Folge etwas gelegt haben.

Zugegeben: Natürlich bietet sich Duisburg als Ort für eine Wasserpolizei-Serie einfach an. Schließlich ist der Hafen das Ende der neuen Seidenstrasse, dem Handel mit China. Und zudem immer noch einer - wenn nicht sogar der - größten Logistik-Häfen der Welt. Insofern passt da eine Wasserpolizei-Serie gut ins Bild. Schauwerte hat die Serie ja auch zu bieten, die Dronenbilder zeigen ein Duisburg, dass man bisweilen auch als Einheimischer oder Zugezogener einfach vergisst. Die Industriearchitektur, die Innenstadt, die Salvatorkirche im Zentrum - also die Bilder zwischen der Handlung sehen vernünftig aus und man erkennt so Einiges wieder. Das Stadtmarketing wird sich Löcher in den Bauch freuen deswegen.

Eher nicht so prickelnd ist dann das, was als Handlung insgesamt abläuft: Die ehemalige Sportschwimmerin Arda Turan kommt als neue Kollegin zur WaPo Duisburg. Sie wohnt natürlich in Marxloh. Wo auch sonst. Sie könnte auch im schicken Neudorf oder zumindest in Ruhrort in der Nähe von Handel wohnen, aber natürlich wohnt man in Marxloh. Schon mal der erste Griff in die Klischee-Kiste. Und natürlich hat sie eine Mutter, die sie dauernd verkuppeln möchte. Was halt türkische Mütter dauernd im normalen Leben auch so tun. Jedenfalls: Die neue, fleissige und aufgeweckte Kollegin stößt auf ein Team, dass schon bessere Tage gesehen hat. Also der Kommissar sowieso, der aufgrund irgendeiner Sache in seiner Vergangenheit zur Wapo strafversetzt wurde. Dann gibt es die kompetente Bürokollegin und den Handtaschencasanova, der die neue Kollegin erstmal anbaggert.

Wenn das klingt als hätten die verantwortlichen Drehbuchautoren einmal in die Klischee-Kiste gegriffen? Dann darf ich versichern: Genau das. Kommissare müssen heutzutage eine schwere, tragische Vergangenheit aufweisen, mit der sie nicht fertig werden. Neue Kollegen sind immer fleissig, zielorientiert und bringen das eingeschlafene Team wieder in Schwung. Oder erinnern an alte Tugenden. Es gibt immer den etwas leichtlebigen Kollegen, der vermeintlich gut mit Frauen auskennt. Die Vorgesetzten sind immer etwas grummelig, aber im Grunde haben sie ein Herz aus Gold. Und die Kollegen rivalisierender Teams sind immer arrogante Arschlöcher. Die Handlung an sich plätschert so dahin wie das Wasser im Hafen, sonderlich spannend wird es nicht und natürlich rettet die neue Kollegin dann den Tag, weil sie - man halte sich fest - nicht nur ein sportliches Schwimmausnahmetalent war, sondern sogar mal die Bronzemedaille bei den den Olympische Spielen gewann. Und sie ist ausgezeichnete Freitaucherin, also ist das Heraufholen eines Handys aus dem Hafenbecken durchaus kein Problem. Dass Speicherkarten allerdings nach einem Tag unter Wasser noch perfekt funktionieren ist wohl eine Erfindung des Drehbuchs. Aber letztendlich genau so dämlich.

Jetzt könnte man sagen: Okay. Die erste Folge einer neuen Serie ist immer etwas schwierig. Wenn nicht sogar die erste Staffel. Da müssen sich die Schauspieler*innen in die Charaktere einfinden, die Regisseur*innen ihren Stil finden - das dauert halt etwas, bis sich eine Serie gefunden hat. Wer allerdings mal ein oder zwei oder drei Folgen von Wapo Bodensee gesehen hat oder Hubert und mit ohne Staller oder Morden im Norden oder wie die Krimiserien im Vorabendprogramm auch heißen mögen, der wird kaum Hoffnung hegen, dass sich Charaktere irgendwie weiterentwickeln. Oder zumindest ein wenig mehr Kanten und Ecken gewinnen.

Das ist auch nicht das, was der Vorabend-Krimi - stets unterbrochen von Werbung - liefern möchte. Wer nach der Arbeit nach Hause kommt und sich direkt ins Sofa fallenlässt, der will nicht unbedingt mit komplizierten Handlungen oder gar Figuren belästigt werden, die irgendwelche Weiterentwicklungen, gar tragische Entwicklungen spendiert bekommen. Vorabendkrimis kann man verfolgen, während man halb auf dem Sofa vor sich hindöst, wenn man bügelt, wenn man irgendwelche anderen Dinge macht - Abendessen z.B. Dass die Vorabendkirmis sich zudem an ältere Zuschauerschichten richten, merkt man ja auch an dem Werbeblock zwischen den beiden Teilen. Falls jemand nachts früh raus muss, Probleme mit den Venen hat oder sonstwelche Zipperlein - die Gegenmittel dafür werden dann dort angepriesen. Dass diese Vorabendkrimis sehr populär und erfolgreich sind, spricht für deren Rezept. Knapp 2,7 Millionen haben ja auch die erste Folge von Wapo Duisburg gesehen.

Dennoch: Gerade Duisburg bietet durchaus mehr Potential als Hafenfolklore mit der starken Wirtin oder den harten Hafenjungs. Klar, die Haupthandlung wird sich immer wieder um das Wasser drehen - wobei auch die Wapo Bodensee durchaus Folgen ohne das obligatorische Element aufweisen kann. Aber bei den Nebenhandlungen wäre soviel Platz um die Zustände in Duisburg zu beleuchten und auch mal nicht nur die Klischees hervorzuholen. Vermutlich werden wir mal eine Folge mit Ausländerkriminalität haben, die irgendwas mit Marxloh zu tun hat und mit Brautmoden - weil: Klischeekiste - oder da der junge Kollege ja laut Pressetext so gern Motorboote fährt eine Folge auf der Sechs-Seen-Platte. Vermutlich dann auch irgendwas mit vermeintlich ertrunkenen Freibad-Schwimmern. Da würde ich zwar nicht Haus und Hof aber eine Menge drauf verwetten.

Alles in allem: Wapo Duisburg ist unaufgeregt, strotzt vor Klischees. Die Serie reiht sich damit in die Vorabend-Krimi-Schiene ein, die niemanden richtig aufregen möchte, in der die Handlung leicht dahinplätschert und wenn man einen Tag später gefragt wird, was eigentlich so passiert sei in der Folge … man wird sich kaum noch an irgendwas erinnern. Außer vielleicht an die Dronenbilder zwischen der Handlung. Die sind allerdings auch recht gelungen. Im Gegensatz zu allem anderen.

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