Corona tötet den Messe-Stern: Zeit fürs Mit-Digital-Denken
Corona tötet den Messe-Stern
Zeit fürs Mit-Digital-Denken
Was vermutlich momentan auch die Veranstalter von größeren Conventions denken werden. Bisher habe ich noch nicht gehört oder gesehen, ob oder wann die üblichen Großveranstaltungen stattfinden, aber da die Leipziger Buchmesse eigentlich auch immer ein Dreh- und Angelpunkt für Convention war - eher nicht so? Die Macher der Frankfurter Buchmesse - und des Buchmessecons - werden sich angesichts der Absage der Leipziger Buchmesse wohl auch ihr Teil denken. Sicherlich: Es sind noch einige Monate hin, aber wenn wir wieder das übliche Spielchen haben werden … Ihr wißt schon: Im Sommer ist alles total super, weil da Zahlen sinken; herbstlich gestimmt sitzen Leute dann gegen Ende des Jahres in Häusern zusammen und verteilen wieder fröhlich die Viren … Es ist ein ewiger Kreis in diesem Universum. Und bisher gibts nicht die Maßnahmen, die irgendwie Wellen wirklich brechen oder denen man ansieht, dass sie praktikabel wären. Eine Convention draußen auf dem Parkplatz eines großen Einkaufszentrums? Bei Regen? Mit Kälte? Nein. Einfach nein.
Jetzt hatte die Leipziger Buchmesse ja schon ein digitales Angebot die letzten Male aufgestellt. Wie gut oder schlecht das genutzt wurde - gute Frage. Aber es war ein vielfältiges Angebot von Livestreams und aufgezeichneten Inhalten, von Interviews mit Autoren sowie Podiumsdiskussionen und bis auf die Tatsache, dass man das Angebot der Verlage nicht haptisch be-greifen konnte, war es sehr gelungen. Weitere komplett digital aufgezogene Messen - dabei auch eine kommende zum Thema Weiterbildung, was natürlich nochmal andere Anforderungen stellt - in der ein oder anderen Form folgten dann. Wir sind ja noch nicht im Metaverse angekommen, die Meisten von uns haben keine VR-Brille oder die notwendige Software um dann komplett die Begegnungen zu simulieren. Was aber vielleicht - sofern die Technologie preiswerter wird - auch eine Form sein könnte. Demnächst haben wir alle Avatare und stehe gemeinsam virtuell an der Kaffeebar, eine Düse pumpt entsprechende Duftnoten an unsere Nase, Handschuhe generieren den Eindruck einer Kaffeetasse? Vielleicht. Eventuell. Mal schauen.
Die große Frage ist aber tatsächlich nicht, ob man ein digitales Format fahren sollte für den Fall der Fälle. Eher ist die Frage: Ist das angemessen für die Messe? Ich kann mir bei bestem Willen die „Best of Events“ nicht als digitale Veranstaltung vorstellen, da gehört einfach Jubel, Trubel, Heiterkeit dazu. Eine Messe für die Eventbranche braucht das halt - es braucht da die unmittelbare Erfahrung von Künstlern, die ihre Talente anbieten. Von neuen Erfindungen, die das Gemeindefest-Organisieren einfacher machen sollen. Abgesehen davon macht das Ausprobieren einer Torwand nun auch nicht unbedingt digital viel Spaß. Es gibt Dinge, die funktionieren nur analog. Keine Frage.
Das Rahmenprogramm einer Convention funktioniert sicherlich auch digital hervorragend. Solange es um Panels und Podiumsdiskussionen geht. Aber wenn ich dann bei Kleinverlagen stöbern möchte, bei den Fanclubs - ja, sicher, ich kann Vorstellungs-Videos drehen oder halt erläutern, was ich so mache, aber dieser Teil ist digital schwieriger nachzubilden als analog. Ich kann eine Chatfunktion anbieten, aber ich kann nicht dafür garantieren, dass die genutzt wird. Schön, ich kann auch kein Gespräch am Stand garantieren, aber das Flanieren, Schlendern, das sogenannte Browsen - das fällt halt mehr oder weniger weg. Dass digitale Angebote ihre Grenzen haben bestreitet ja auch keiner. Nicht mal ich. Es ist die Frage, wie die digitalen Angebote konzipiert sind und was man mit denen machen möchte.
In diesem Jahr jedenfalls findet kein digitales Ausweichprogramm statt, so die Leipziger Buchmesse, die Zeit dafür sei zu knapp. Verständlich: Ungefähr ein Monat ist für detaillierte offizielle Planungen nicht optimal. Allerdings zeigt dies auch, dass man offenbar digitale Alternativprogramme zumindest in Leipzig wirklich nur als Ausnahme von der Regel ansieht. Anstatt ein digitale Programm wie selbstverständlich mitzuplanen und zu denken hat man sich auf das analoge Kerngeschäft gestürzt und fällt jetzt angesichts von Omikron und Co. auf die Nase. Autoren*innen werden sicherlich jetzt selbst nochmal ausloten, was machbar ist. Wohnzimmerlesungen haben auch ihren Charme, aber … Vielleicht sollte man in Zukunft halt doch besser Beides planen: Analog und Digital. Denn es ist schade, dass es kein Alternativprogramm gibt - außer einige Verlage entschließen von sich aus, jetzt noch etwas auf die Beine zu stellen. Wäre schon schön.