Über den Tod hinaus: Konzepte in der SF
Über den Tod hinaus
Konzepte in der SF
Aus dem „unbekanntem Land“ ist bisher noch keiner zurückkehrt und so können wir nur spekulieren, ob mit dem Tod alles aus ist. Bekannt ist die Pascalsche Wette: „Wir wollen Gewinn und Verlust abwägen, setze du aufs Glauben, wenn du gewinnst, gewinnst du alles, wenn du verlierst, verlierst du nichts.“ Fragt sich, wie die SF es mit dem Tod hält … und was für Dinge sie bereithält.
Die einfachste Antwort: Klone. Mit Schafen hat das ja schon mal geklappt. obwohl Dolly damals kein so langes Leben gewährt war. Aber immerhin: Nachdem das menschliche Genom entschlüsselt ist, sollte es ja irgendwann ein leichtes sein, ein zweites Ich als Klonkörper zu generieren. Das Problem: Die Erfahrungen und das, was man selbst so erlebt hat, die müssten ja auch irgendwie in den anderen Körper transferiert werden. Praktisch wie beim Backup eines Computers. Ich hab hier eine Festplatte mit Daten, dort einen neuen Rechner. Heutzutage ist das Übertragen von Daten ja einfach: Stecker rein, Programm an. eventuell einige Tassen des Heißgetränks der Wahl schlürfen und abwarten. Fertig. Schön, es klappt nicht immer sofort und beim ersten Mal, aber irgendwann kann man mit den alten Daten auf den neuen Rechner arbeiten.
Wobei: Man weiß nie, ob man auch all das Gute in den Klon transferiert hat. Irgendwas ist oder passiert ja meistens immer.
Fragt sich nur, wie man das dann mit dem eigentlichen Ich macht. Sofern es eines gibt, denn es gibt einige Wissenschafttler, die das ja auch noch in Frage stellen und von einer Erfindung des Gehirns reden. Abgesehen davon, dass wir immer noch nicht herausgefunden haben: Wenn der Mensch eine Seele hat, einen Geist, wo sitzt der eigentlich? Wer das Gehirn seziert, wird vieles finden aber eine Seele eher nicht. Kann man eine Seele einfach abspeichern? Kann man das, was uns ausmacht einfach so festhalten?
Klone - da denkt man an Klonkrieger. Oder an den zweiten Riker bei „Star Trek - Next Generation“. Spezialgelagerter Sonderfall: Farscape. Eine Serie, die das mit dem Klonen konsequent durchführt - bis zum Tod des Klons selbst und der Frage, wie man angesichts der Todeserfahrung weitermacht, wenn es das „Original“ noch gibt. Ein Problem, das Farscape eine ganze Staffel lang beschäftigt. Als wäre die Liebesgeschichte in der Serie nicht schon kompliziert genug. Kompliziert ist auch die Technik, die in Dr. Who Missy anwendet, um das Bewußtsein von Sterbenden in eine Art - ja - was ist das eigentlich? Wie immer hält sich Doctor Who nicht mit Erklärungen auf, wie etwas funktioniert - es funktioniert einfach. In dem Fall mischt Dr. Who auch noch das Zombie-Motiv mit hinein, weil die Cybermen-Armee im Staffelfinale „Dark Water / Death in Heaven“ gruselig metallisch aus den Gräbern aufsteigt …
Wobei wir schon bei einem anderen Motiv wären: Körper? Wer braucht denn schon Körper? Wenn das Bewußtsein eh schon auf einer Festplatte ist, wozu braucht mann dann noch eigenen Körper? Willkommen im Metaverse! Hier ist das wahr geworden, was die Pioniere des Cyberspaces sich erhofften: Das uns belastende Fleisch liegt hinter uns. Wir sind so vollkommen geworden, dass wir es nicht mehr brauchen. Wir leben in einer „Matrix“ - gut, vielleicht nicht unbedingt so positiv. Aber es gibt ja auch schönere Cyber-Ebenen. „Das Paradies am Ende der Stadt“ von Volker Strübig zeichnet im wahrsten Sinne das Paradies für alle. Wer die Schnauze voll hat, kann nach EDEN gehen. Vollkommens Glück. Dass am Ende dann wieder alles schief - ähm - GUT wird ist dann - tja. Übrigens wird hier eine sehr christliche Vorstellung aufgenommen. Jesus sprach ja schon von Wohnungen, die er für Gläubige vorbereitet. Jesus als innenausstatter … nun ja, zimmern konnte er ja. Aber anstelle von Gottes Unendlichkeit, die Christen*innen erwarten und erhoffen, ist das Motiv des Bewusstseins im Cyberspace, des ewigen Datenlebens, ohne jede religiöse Aufladung. Also eigentlich. Es ist ja auch immer sehr gerne dystopisch. Der „Ghost in the Machine“ oder das Gehirn im Tank ist in der Philosophie wohl bekannt. Mit dem Animeklassiker hat das eher nicht so viel zu tun. Und ebensowenig die ganzen Filme wie „Ready Player One“ - zwar spielen sie mit und im Cyberspace, aber generell sehen und hören wir nichts davon, dass Menschen nur noch als Datenansammlung im Cyberspace leben. Wobei, wenn wir zurück zum Schöpfer des Ganzen gehen - also zu William Gibson: In „Neuromancer“ gibt es als Konzept die sogenannte Flatline. Ein alter Consolencowboy, der nur noch in der Maschine existiert und nach Belieben an- oder ausgestellt werden kann. Da er das gar nicht bemerkt, könnte man das ja noch einigermaßen tolerieren, aber … das haben wir uns unter dem ewigen Leben nun auch nicht vorgestellt. "Schalt mich ein, schalt mich aus, die Gefühle müssen raus ..." sangen Paso Doble. Nein - auch nach längerem Nachdenken nicht das Optimale.
Oder vielleicht doch? Denn wenn wir ein Bewusstein transferieren können, warum sollten wir dann immer wieder fleischliche Klone verschleißen? Warum nicht direkt - nachdem wir nochmal ein Backup irgendwo gelagert haben, natürlich oder wir machen von Zeit zu Zeit einen Schnappschuss des Bewusstseins - sich in einen Roboterkörper begeben? Gut, das gesamte Gesundheitssystem müsste umschulen auf die Reparatur von mechanischen Teilen anstelle von Operationen am offenen Herzen, aber sonst … Oder sogar komplett sich in eine AI verwandeln? Bei Ian Banks „Culture“-Gesellschaft ist all das kein Problem. Wobei Ian Banks wohl alles erschlagen hätte, was die SF so mit dem Thema Tod verbindet. Bei ihm können sich Personen sozusagen auf Eis legen lassen, um nur alle Jubeljahre wieder erweckt zu werden. Oder Verstorbene werden aus Backups geladen, wobei allerdings die Persönlichkeit sich nicht weiterentwickelt und diese nur sozusagen einen Ersatz darstellen. Seinen Geist in eine Drohne zu gießen ist ebensowenig ein Problem, wie selbst zur KI zu werden. Wobei die Grenzen da fließend sind - wer schon mal einen Roman aus der Reihe gelesen hat, wird sicherlich den Als der Schiffen begegnet sein, die durchaus eigenwillig lebendig sein können. Abgesehen davon, dass in dieser Gesellschaft auch wirklich jeder Körper nach Laune gewählt werden kann, wenn man das denn möchte.
Habe ich ein Motiv übersehen? Vermutlich. Sicherlich. Neue Autoren haben neue Ideen. Oder alte Ideen bekommen einen neuen Kniff. Es gäbe da noch einen spezialgelagerten Sonderfall, denn Pierce Anthonys „Reiter auf dem schwarzen Pferd“ vereint Fantasy- und SF-Elemente miteinander. Hier gibt es den Teufel, eine Hölle, es gibt Magie, es gibt aber auch Raumschiffe und Aliens. Aber wenn ich ehrlich sein soll: Es ist dann doch eher Fantasy. Zudem auch hier nichts darüber ausgesagt wird, was nach dem Tod auf einen wartet. Allerdings ist es schon interessant sich zu überlegen was passiert, wenn der Tod einmal komplett streiken sollte. Das hat der Protagonist von Anthony dann doch dem TOD von Pratchett etwas voraus … Wobei TOD ja nicht in dem Sinne streikt sondern eher eine - Midtotkrise? - hat … Aber das ist ein anderes Genre und könnte ein andere Mal aufgerollt werden.