»Threads«: Zuckerbergs Twitteralternative
»Threads«
Zuckerbergs Twitteralternative
Im Grunde soll „Thread“ aber genau das sein. Ähnlich wie Twitter, aber weniger toxisch. Ob das so wirklich der Fall ist? Das muss man noch abwarten.
Mark Zuckerberg jedenfalls verkündete am Donnerstag strahlend, man hätte die 10 Millionen bei den Anmeldungen geknackt. Das klingt nach einem wahnsinnigem Erfolg, aber Thread sattelt auf Instagram auf. Das heißt: Man benötigt unbedingt einen Instagram-Account und das, was der EU so Kopfschmerzen macht ist auch wesentlich für den Erfolg. Alle Instagramdaten werden mit der neuen App verknüpft. Automatisch. Und das, so die EU kann und darf nicht sein, die Nutzenden müssen vorher um Erlaubnis gebeten werden. So ähnlich wie bei der Cookie-Richtlinie, die uns immer noch nervige Banner auf Webseiten beschert. Das heißt also: Bei den 10 Millionen handelt es vermutlich nicht um wirkliche Neunutzer*innen sondern um Personen, die schon Instagram haben und dann einfach die neue App ausprobieren wollen. Zudem: Es ist schon sehr clever, das man einen Instagram-Zugang braucht … Automatische neue Mitgliedergenerierung.
Wer sich an Clubhouse erinnert, wird jetzt mit Recht „glaub nicht an den Hype“ denken. Clubhouse, während der Corona-Zeit DIE Audioapp der Wahl, spielt heute keine Rolle mehr. Selbst die Audiofunktion, die eifrig nachgebaut wurde, spielt bei Facebook und Twitter gar keine Rolle mehr. Genau so könnte es auch Threads ergehen - wenn die App nichts weiter bietet als das, was alle anderen Klone auch können, dann könnte sie bald weg vom Fenster sein. Aber zwei Dinge lassen aufhorchen: Erstens - Thread ist kein ummauerter Garten. Thread wird - so ist es geplant - mit dem sogenanntem Fediverse zusammenarbeiten können. Also Mastodon etwa. Das ist durchaus eine kleine Revolution, bekanntlich wehren sich die Social-Media-Dienstanbieter mit Händen und Füssen dagegen Daten aus ihren Silos rauszulassen. Exportieren geht eventuell noch für den Eigenbedarf, aber Daten in einen anderen Dienst importieren … Das kann auch Thread ja nur mit den Instagram-Daten, aber immerhin: Meta zeigt, dass es durchaus ginge. Wie genau, werden wir noch abwarten müssen.
Wermutstropfen: Offenbar gibt es keinen chronologischen Feed. Das ist ein Feature, dass Instagram nachgerüstet hatte. Stattdessen bestimmt wie bei Facebook ein Algorithmus das, was man sieht. Was vermutlich aber Niemanden wirklich stören wird. Wir sind schon daran gewohnt, dass Algorithmen bestimmen, was wir sehen. Ob das jetzt so gut ist, das sei mal dahingestellt. Ein wesentlicher Punkt wäre aber noch, der für Threads spricht: Meta hat Erfahrung im Umgang mit Inhalten und deren Verwaltung. Dass Facebook eigene menschliche Content-Manager hat, das ist bekannt. Sie löschen all das, was wir nicht zu sehen bekommen sollen und was die Technik nicht in den Griff bekommt. Dass dies ein psychischer Belastungsjob erster Güte ist, sollte klar sein. Ebenfalls, dass Facebook hier auch noch einige Dinge zu regeln hat. Aber im Gegensatz zu Mastodon - dort bestimmt der Betreiber des Servers, was geht und was nicht - oder auch im Gegensatz zu den anderen Alternativen: Facebook hat ein System, dass sich um Inhalte kümmert.
Was allerdings auch Befürchtungen auf den Plan ruft. In der Vergangenheit haben bestimmte Communities über Instagram geklagt. Inhalte wurden entfernt, weil sie angeblich den AGBs nicht entsprachen. Wenn so etwas passiert, muss man selbst als Inhalteersteller*in händisch Einspruch einlegen. Selbst, wenn Inhalte gepostet worden waren, war das nicht der Garant dafür, dass die Inhalte auch wirklich für alle zu sehen waren. Shadow-Banning ist durchaus ein Vorwurf, den Instagram sich anziehen muss. Da die AGBs für Thread vermutlich denen von Instagram ähnlich sind - und bei Instagram gibt es etliche sehr schwammige Passagen, die man so oder so auslegen kann - dann wären bestimmte Inhalte nicht unbedingt für alle sofort sichtbar.
Da Musk jetzt über Nacht eine Begrenzung für das Lesen von Tweets einführte und zudem für Tweetdesk, ein Tool für Profis, Geld verlangt ist der Wunsch und die Sehnsucht nach Alternativen groß. Musk selber kann es relativ egal sein, ob Twitter Schaden nimmt oder ob er es an die Wand fährt. Zwar ist Twitter als Dienst immer noch auf Werbung angewiesen - und gerade die Bemühungen, hier wieder Vertrauen zu erlangen torpediert Musk ständig. Musk braucht Twitter aber nicht als Erwerbsquelle. Ob Twitter Schiffbruch erleidet oder nicht kann ihm finanziell egal sein. Twitter ist halt sein Lieblingsspielzeug und wie das mit Spielzeugen so ist: Irgendwann verlieren sie ihren Reiz.
Es bleibt auch noch eine andere Frage. Wieviele Twitternutzer, die nicht bei Instagram sind, würden denn jetzt wechseln wollen? Es ist so, dass die meisten Nutzer eines Dienstes überhaupt keine Lust haben, sich nochmal von vorne ihre Freundeskreise aufzubauen. Wie schon geschrieben: Daten mitnehmen ist von einem Social-Network zum Anderen nicht machbar. Wer vorher schon nicht Instagram nutzte, wird es wohl auch jetzt nicht tun und bei Twitter bleiben. Egal, wie sehr Musk daran noch schrauben wird. Ein Vorteil ist es für Alle, die bisher nicht Twitter genutzt haben, aber schon Instagram. Den einen zusätzlichen Klick, den einen zusätzlichen Account wird man - sofern der bequem in das vorhandene Zuckerberg’sche App-Universum eingefügt ist - sicherlich sich zumindestens anschauen. Wie sich das Ganze anfühlt - in Europa werden wir das erst später erfahren.
Kommentare
Also kann man dieses Feeling auch jetzt testen. Aber obacht, löscht man seinen Account bei Threads, dann ist der Instagram Account auch futsch.