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Der Wunsch eines alternden Mannes...

Das Romanheft, das Universum... und die Dinge dazwischen - Die Multimedia-KolumneDer Wunsch eines alternden Mannes...

Nicht, dass unser zeitgenössisches Kino keinen Schauwert hätte. Die Tricks werden immer perfekter. Die dritte Dimension kommt stärker denn je. Da ist nichts mehr unmöglich. Alles kann heute passieren und es sieht faszinierend echt aus. Trick und Realität sind eine Einheit geworden. Dazu ist der der Sound perfekt. Oft ist das auch schön anzusehen und unterhaltend. Ich will da gar nicht soviel meckern.

Aber... Manchmal erscheint es mir etwas seelenlos.

Ich bin einer vom 1964er Jahrgang, obwohl ich dank meines Gesichtspullovers (vulgo: Bart) deutlich älter aussehe. Ich werde gern auf Jenseits der Fünfzig geschätzt. Aber selbst das würde nicht reichen, um mir einen Wunsch zu erfüllen, den ich seit Jahren hege.

CasablancaViele Filme, ganz viele Filme, die ich heiß und innig liebe, die zu meinen allerliebsten Erzeugnissen auf Zelluloid gehören, die ich mir trotz Synchronisation auch noch (fast) bei jeder Ausstrahlung ansehe, habe ich nie im Kino auf der großen Leinwand gesehen.

Ich bin in einer Generation aufgewachsen, die viele der klassischen, großen Filme aus Hollywood oder auch Deutschland, England, Italien zuerst im Fernsehen gesehen haben, manchmal hat man sich dabei für das Entstehen der Balken am oberen und unteren Bildrand entschuldigt...

Da gab es Abende, da hörten wir früher auf zu bolzen oder Tage, an denen wir nach dem Training nach Hause hetzten weil ein besonderer Film im Fernsehen kam (man bedenke, dass das in den Prä-Home-Video-Zeiten war). Und der junge Leser dieser Zeilen sollte das nicht als tägliches Erlebnis begreifen – das war eher selten, denn es gab ja nur drei Programme und nicht jeden Tag Spielfilme en gros. Nein, das waren große und wichtige Ereignisse (und aufzeichnen oder aus der Videothek holen war nicht). Da eilte man nach Hause und am nächsten Tag gab es auf dem Schulhof oder beim Treffen mit der Clique auf dem Sportplatz oder im Jugendzentrum nur ein Thema: Den Film vom Abend zuvor...

El DoradoOh ja, wir hatten Star Wars im Kino, den Weißen Hai und andere Filme, die am Beginn der Blockbuster-Ära standen. Und jedes Jahr wurde die Tricktechnik billiger. The Lord of the Rings war einer meiner persönlichen Höhepunkt im Kino. Peter Jakson hat da ganze Arbeit geleistet. Das war schon toll. Ich habe den erste Star Wars (den heute alle Jüngeren Episode IV A New Hope nennen) sechsmal im Kino gesehen. Aber das sind nicht die Filme, die ich meine. Ich meine jene Streifen aus den Dreißigern bis in die sechziger Jahre hinein.

Diese alten Filme haben ein Flair, Stars mit mehr Präsenz als jeder Spezialeffekt. Mir kommt es zumindest so vor, als hätten die großen alten Stars doppelt soviel Charisma wie unsere heutigen Kino-Megastars und die (CGI verstärkt) explodierenden Kulissen um sie herum. Sie waren auch oft nicht sooo schön und geleckt. Die hatten Ecken und Kanten, die hatten Flair, all die Bogarts, Waynes, Stewarts, Hepburns (Catherines und Audreys), Mitchums, Cagneys, Bacalls, Russels, Monroes, Gables, Flynns, Leighs, Tracys, Albers, Rühmanns und wie sie alle hießen. Nicht zu vegessen die Lugosis, Karloffs, Murphys, Agars, Garlands, Naders, van Dorens, Lee, Cushings und Carradines aus der zweiten und dritten Reihe. Es ist mir unmöglich, sie alle aufzuzählen.

Quo VadisAll diese Leute mit all ihren Filmen habe ich nie in einem Kino gesehen. Nur auf der Mattscheibe. Sie sind mir im Wohnzimmer vertraut geworden. Von wegen Gnade der späten Geburt. Was das Kino angeht, ist es eher ein Fluch.

Ich bedauere zutiefst, so vielen Filmen erst auf der Mattscheibe begegnet zu sein. Ich möchte nicht nur auf der Mattscheibe sehen, wie sich Humphrey Bogart von Ingrid Bergmann auf Casablancas Flughafen verabschiedet oder er danach mit Renault den Beginn einer wunderbaren Freundschaft bespricht. „Here’s looking at you, kid“ will ich Bogart auf 'ner Leinwand sagen sehen. Oder ich will mich von der Szene delektieren, wie die „Wacht am Rhein“ mit der Marseillaise niedergesungen wird und Conrad Veidt auch in Schwarz-Weiß die Zornesröte anzusehen ist. Ich will sehen, wie Peter Lorre von den Nazischergen zusammen geschossen wird oder ... oder ... oder Casablanca ist voll von Szenen, die ich in einem Kino sehen will. Casablanca ist für mich eines der Synonyme für Kino. Und ich kenne ihn nur von der Mattscheibe.

Es ist zum Heulen!!!

DraculaUnd wo wir schon bei Bogart sind. Das sind noch The Maltese Falcon, The Big Sleep, Key Largo, African Queen, We’re No Angels und noch einige mehr, die ich mal nicht in der Flimmerkiste, sondern in einem Kino sehen will.

Da wären zahllose Western – an der Spitze El Dorado, The Searchers, High Noon, Rio Bravo, She Wore A Yellow Ribbon, Fort Apache, Cheyenne Autuum und andere. Auch viele Italo Western kenne ich nur von der Mattscheibe. Immerhin habe ich Django und Once Upon A Time In The West auf der Leinwand sehen können, aber andere wieder nicht. The Magnificent Seven habe ich auch nur im TV gesehen.

Die Monumentalfilme der Fünfziger von Quo Vadis bis Ben Hur würde ich zu gern mit einem Eimer Popcorn auf dem Schoß in einem dunklen Kino auf einer Riesenleinwand sehen, auch wenn das CGI perfekter ist, aber... Es ist dieser ganz eigene Charme dieser Generation von Filmen...

All die Horror-, SF- und Sandalenfilme, die ich nie auf Leinwand sah. All die Abenteuer-, Gangster und Actionfilme. Die Komödien, Dramen und was sonst nicht noch alles.

Forbidden PlanetEs ließen sich noch zahllose Streifen mit großer Wehmut aufzählen, die ich nie im Kino gesehen habe. Nur ganz selten ergibt sich in Programmkinos mal die Möglichkeit diese Streifen auf großer Leinwand zu sehen. Aber das sind zu wenige...

Manchmal habe ich es sogar geschafft, diesen oder jenen Film zu sehen. Aber es fehlen noch so viele. Ach so viele.

Manchmal würde ich es mir wünschen, dass die Multiplexe mal versuchsweise einen Saal für die alten Filme öffnen (die nicht einmal zwangsweise Klassiker sein müssen, denn alt bedeutet nicht automatisch Klassiker), die ich so heiß und innig liebe, damit sich Nasen wie ich diese einmal  auf der Leinwand zu Gemüte führen können.

Ich kann noch nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob das ein Erfolg werden würde, wenn diese alten Filme noch mal im Kino liefen, aber ich würde es mir wünschen, dass es mal im Sommer oder um Weihnachten herum einen Monat lang jeden Tag einer dieser alten Filme (inklusive der Klassiker) wieder laufen würde. Ich würde Geld sparen und ich fast jeden Tag einfinden, um die Stars von Gestern mal da zu sehen, wo sie hingehören.

Dieser sentimentale Gedanke kommt immer wieder hoch, wenn ich eine DVD mit einem älteren Film einlege oder ein Sender mal einen dieser Streifen ausstrahlt. Da isser dann wieder, der Wunsch, großes altes Kino wieder dort zu sehen, wofür es einst geschaffen wurden.

Aber erfüllt werden wird er wohl nie...

Kommentare  

#1 Cartwing 2009-11-06 07:57
Ben Hur lief doch Anfang der 80er wieder im Kino. Weiß noch, wie mir damals der Hintern weh tat...
Das war in der Tat ein ganz anderes Erlebnis, als alle Jahre wieder zu Weihnachten vor dem Fernseher.
Ich bin zwar kein Kinogänger mehr (da kein Freund von Menschenmassen) und kenne mich nicht mehr aus, aber gibts nicht Programm-Kinos, wo solche alten Filme gezeigt werden?
#2 Pisanelli 2009-11-06 08:41
at Cartwing: Es gibt Programm-Kinos, wo ab und zu so alte Schinken gezeigt werden - aber die Leinwände sind entsprechend den angebotenen Räumen häufig recht klein, was dann eher den Wohnzimmercharakter annimmt.
Ich kann Hermanns Wunsch voll nachvollziehen, wobei ich mir noch wünsche, ich könnte die Filme dabei so sehen, als hätte ich sie noch nie gesehen. Letzteres wünsche ich mir auch bei manch neuerem Film.
Übrigens, die Zeiten, wo man noch nichts aufnehmen konnte: ich weiß, dass meine Mutter mich in zwei seltenen Fällen sogar aus dem Bett geholt hat, damit wir Kinder es ansehen konnten: einmal "Die Wüste lebt" und das andere Mal bei "Vom Winde verweht". Es war natürlich damals schon der Knaller, aber heute verstehe ich erst die ganze "Tragweite" ihres Handelns.
Ich glaube übrigens auch, was durch diese unkomplizierte Kopiererei verloren geht, ist das einmalige gemeinsame Erlebnis vor dem Fernseher. Um die Weihnachtszeit kamen ja immer die Weihnachtsserien, auf die man sich schon Wochen vorher freuen konnte, um sie dann mit der ganzen Familie anzusehen. Heute ist das ja nicht so schlimm, wenn man sie verpasst. Aber man verpasst nicht nur die Filme, sondern eben das Gefühl von etwas ganz Besonderem, das einem präsentiert wird. Das Gefühl ist vor allem in den letzten Jahren sehr bei Filmen verloren gegangen.
#3 Laurin 2009-11-06 13:35
Oh ja, gestern ( 05.11.09) lief ja El Dorado im Fernsehen (Das Vierte), wie gerne würde ich sowas wie Horst im Kino sehen können! Egal wie jung wir damals waren (ich bin Jahrgang 1961), Samstags durften wir spät in der Nacht alle diese schönen Filme via TV sehen. Oder Freitag-Nacht, die schöne Reihe im ZDF, "Der phantastische Film" in der alte, zum Teil noch s/w-Filme aus den Bereichen SF bis Grusel liefen! Lang ist es her und leider nie im Kino wenn man von den Gozilla-Filmen oder Planet der Affen Filme absieht, die bei uns am Nachmittag noch liefen (für 5,- DM) als Burscheid noch ein Kino hatte! Und eines stimmt leider auch was Pisanelli hier einwirft. Wenn es auch nur TV statt Kino war, es war ein Familienabend des Films, was über Video und DVD leider verloren gegangen ist. Durch Video und DVD wurden Filme (manchmal leider) beliebig sehbar. So hat alles seine Vor- und Nachteile...leider :sigh: !
#4 G. Walt 2009-11-06 14:15
African Quenn habe ich zuerst in der Schule gesehen. Unglaublich. Aber auf einer immerhin ca. 2x2 m Leinwand.
#5 Pisanelli 2009-11-06 14:47
@ Laurin: Bei "El Dorado" fällt mir noch ein, dass ich den Film vor einigen Tagen in einem Second-Hand-Laden für 3,95 Euro gekauft habe. Ich war ziemlich schockiert, wie günstig er zu haben war. Da sieht man eben auch, dass die alten Klassiker längst nicht mehr den Wert von früher haben. Ich kam mir fast vor, als hätte ich ein Sakrileg begangen, ihn für so kleines Geld meiner DVD-Sammlung einzuverleiben. Aber ich freue mich auf den Tag, wo ich ihn mir mit Beamer auf einer großen Leinwand zuhause ansehen kann! :-)
#6 Cartwing 2009-11-06 17:13
Pisanelli: Das ist ja dann auch der Vorteil. Dass man sich seine Lieblingsfilme bzw. Serien anschauen kann, wann immer man will. Dass man sich überlegen kann, wozu man gerade Lust hat und nicht mehr aufs Programm angewiesen ist.
Ich erinner mich, dass es auch in meiner Kindheit nicht immer Klasse war, mit diesen gemeinsamen Fernsehabenden. Denn wer da zu bestimmen hatte, was läuft und vor allem, wer es wie lange sehen darf, war nicht ich... :sad:
Gerade in der Zeit, als es noch keine Videorecorder gab, war es mehr als ärgerlich, wenn man entweder den Anfang eines Films verpasste (weil z.B das gemeinsame Essen natürlich noch wichtiger war) oder darauf angewiesen war, in seinem Zimmer die Lauscher aufzustellen und heimlich mitzuhören...
#7 Pisanelli 2009-11-06 17:29
@ Cartwing: Ich wollte auch nicht sagen, dass es schlecht ist, Filme aufnehmen oder kaufen zu können. Ich bin ja auch ein fleißiger Filmsammler. Aber ich denke schon, dass es in früheren Zeiten noch was ganz Anderes war, ins Kino zu gehen, einen Film zu sehen, der aufgrund seiner Exklusivität eben schon was ganz Besonderes war. Heute bezahlt man viel zu teuer im Kino für ein Produkt, dass man sehr kurze Zeit später quasi von der Stange kaufen kann oder - legal oder illegal - irgendwo runterlädt. Die Einzigartigkeit von Filmen hat auf jeden Fall gelitten. Und jetzt gibt es zudem Filme zu jedem erdenklichen und nicht erdenklichen Sch...
#8 Larandil 2009-11-06 18:59
Kino ist eben ein Gemeinschaftserlebnis, egal wie sehr einem die Leute ringsherum manchmal auf die Nüsse gehen - ich denke da nur an die, die den Film jetzt zum dritten Mal sehen und bei jedem Witz schon vor der Pointe loslachen, am besten so laut, daß man sie selber nicht mehr mitkriegt ...
Es gibt diesen sehr schönen Film, der sich genau damit beschäftigt: "Cinema Paradiso", den es in einem der Kasseler Kinos als Abschiedsvorstellung vor Besitzerwechsel und Umbau zu sehen gab.

Und seltsamerweise ist dieses Gemeinschaftserlebnis ja jetzt wieder im Kommen, aber als "public viewing" mit Liveübertragungen von Sportveranstaltungen!
#9 Mainstream 2009-11-06 22:19
-
...nicht nur bei Sportveranstaltungen.
Wie wäre es mit PARANORMAL ACTIVITY? Wer das
Gemeinschaftserlebnis 'Kino' mal wieder in all seinem
Glanz erleben möchte, muss diesen Film gesehen
haben. Im Kino. Nur als kleiner Tipp.
#10 Mikail_the_Bard 2009-11-07 13:58
Ich habe zwar nich Ben Hur im Kino gesehen, sondern "Die 10 Gebote". Das war auch in den 80er in einem "Dorfkino". 4h mit ner kurzen Pinkelpause. Mir tat der Hintern weh und meine Beine waren eingeschlafen, das letzte Mail hatte ich dann das Geführ als sich die RUM AG in Wien "Der mt dem Wolf tanzt" angesehen hat, der seitdem bei mir nur noch "Der sich den Wolf sitzt" heißt. Ach ja, wer die RUM AG nicht kennen sollte... über die werde ich irgendwann mal gesondert in des Barden Erzählungen berichten. :-)
Ja die "alten Schinken" sollte man gesehen haben. Da steckt Herzblut drin, auch wenn mancher Spezialeffekt auf dem Küchentisch zusammengebastelt wurde. Da lief doch tatsächlich in "das Vierte" die Dr.Phibes-Filme mit Vincent Price (einer der großen Darstellern im Horrorfilm damals). Echt kultig.
Ich glaube ich werde doch mal die Grabeltische der Märkte durchforsten...
#11 Laurin 2009-11-07 19:06
#5 Pisanelli:
Nicht schockiert sein bei solchen Preisen, warte z.B. bei WELTBILD ein halbes Jahr und du kriegst selbst aktuelle Blockbuster für die hälfte :-) !

#10 Mikail_the_Bard:
Oh ja, öfter mal bei Tele 5 oder DAS VIERTE nachsehen, da kommen ab und an recht kultige und alte Schätze bei denen die anderen Sender leider einen großen Bogen drum machen. Nur bei Dr. Phibes (die kannte ich bis kürzlich noch nicht mal) habe ich nur mit dem Kopf geschüttelt. Da kenne ich jede Menge guter Filme mit Vincent Price, aber mit den beiden konnte ich mich leider nicht anwärmen :cry: .

#6 Cartwing:
Hattest du in deiner Jugendzeit das Buch, "Wie erziehe ich meine Eltern", nicht gelesen (sorry, das brannte mir jetzt grausam auf der Zunge).

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