3 x 14: Die Doctor-Specials zum 60. Seriengeburtstag
Nostalgie ist schön. Diese wohlige Gefühl, welches bei gewissen Dingen wieder aufkommt: Einfach schön. Wie zum Beispiel jetzt bei den drei Specials mit der 14. Inkarnation des Doctors und Donna Noble.
Altvertraute Gesichter neben neuen, neue Monster der Woche aber ein alter Gegner. Die drei Specials zum 60jährigem Doctor-Who-Jubiläum haben eine gehörige Menge Nostalgie und eine ganze Menge von „WAS“-Momenten geliefert. Mit einigem Abstand und mehrmaligem Anschauen allerdings lässt sich fragen: Waren sie ein großer Wurf oder eher nur Fanservice?
Vorneweg: Natürlich, das Ende des 3. Specials hatte eine Überraschung bereit, die das Who-Universum noch sehr beeinflussen wird. Sie war auch beim ersten Sehen sehr eindrucksvoll und das Ende wird immer noch diskutiert. Dass zwei Doctoren anwesend sind, das ist nichts Neues. Dass aber eine Inkarnation des Doctors nicht direkt von der anderen sozusagen „überschrieben“ wird - das ist neu. Es wird Folgen haben. Wenn Russel T. Davis kommentiert, dass dies mit allen anderen Inkarnationen zuvor auch so passiert sein könnte, dann splittert das Whoniverse sich in etliche Zeitlinien auf, in denen die alten Doctoren fröhliche Urstände feiern. Ab diesem Ende ist der Canon der neuen Who-Serie erweitert und flexibler geworden.
Der Doctor ist halb menschlich? Andere Zeitlinie. Der Doctor ist ein Zeitloses Kind? Andere Zeitlinie. Das erweiterte Who-Universum könnte somit auf einmal zum Canon der neuen Who-Abenteuer gehören. Mixen und zusammenrühren gehörte eh schon immer zur DNA des Doctor-Who-Fandoms dazu. Damit wäre auch die Frage, ob die Chris-Chibnall-Ära ignoriert wird geklärt. Zumindest dem Flux-Ereignis hat Russell T. Davis Referenz erwiesen. Allerdings hat man als Zuschauender, der die Who-Staffeln von Russell T. Davis kennt auch das Gefühl: So neu ist das nicht, was ich da sehe. Die Szene mit dem Goldzahn ist definitiv eine Hommage an das Finale der dritten Staffel - dort war es der Ring, der die Essenz des Master enthielt, hier ist es ein Goldzahn.
Allerdings hat man als Zuschauender, der die Who-Staffeln von Russell T. Davis kennt auch das Gefühl: Ich kenn das. So neu ist das nicht. Die Szene mit dem Goldzahn ist definitiv eine Hommage an das Finale der dritten Staffel - dort war es der Ringe, der die Essenz des Master enthielt, hier ist es ein Goldzahn. Man kann durchaus auch etliches Anderes als typisch für RTD ansehen: Lange Gänge, durch die der Doctor und sein*e Begleiter*innen davonlaufen. Explodierende Konsolen der TARDIS. Das Angebot des Doctors an den Toymaker. Das sind so Sachen, die man von RTD kennt. Sie gehören zu seinem Stil. Doch: Ist das Ende des dritten Staffels nicht ähnlich dem der 2. Staffel? Viel zu ähnlich?
Genauso wie RTD das großartige Finale von Staffel 2 sozusagen wieder rückgängig machte in „Turn Left“ - so ist das auch in den Specials der Fall. Die Tragik eines Lebens, in dem etwas Entscheidendes fehlt, machte auch einen Teil von Donna Nobles Geschichte aus. Nostalgie schlägt hier das Drama. Es gibt Kuchen und gleichzeitig essen wir ihn. Das hatten wir im Finale von Staffel 2 schon. Rose bekam ihren menschlichen Doctor, der Doctor gestand seine Liebe zu ihr ein - wenn auch nicht direkt hörbar. Jetzt schon. Neu ist das also nicht, was RTD da aus dem Hut gezaubert hat. Wir haben also einen Doctor und einen Doctor, eine TARDIS und eine TARDIS. Mittlerweile sind da dann drei TARDISes unterwegs - schließlich hat Clara ja auch noch ihre.
Schaut man sich alle drei Specials nochmal an, so ist abgesehen von den verbindenden Cliffhangern am Ende nicht so der rote Faden spürbar. Wenn die Frage, warum 14 das Gesicht von 10 hat damit beantwortet wird, dass er „nach Hause kommen sollte“ - wäre das nicht eigentlich Gallifrey? Oder sieht der Doctor die Erde schon als sein Zuhause an, weil der so oft hier ist? - dann ist das keine richtige Antwort. Ebenso wenig, warum die 14. Inkarnation wieder auf Donna trifft. Es hätte auch kein allzugroßer logischer Grund sein müssen, aber dieses „to come home“, dieses „damit du zur Ruhe kommst“ ist wirklich unbefriedigend. Man kann durchaus auch damit argumentieren, dass das Flux-Erlebnis Spuren hinterließ und die emotionale Entwicklung von 14 zur Klammer der Specials erklären. Donna hat gesehen, wie beständig der Doctor am Davonlaufen ist - mit auch ein Grund, warum er kaum über seine alten Begleiter*innen spricht. Wie River Song es ausdrückte: „Er mag keine Abschiede“. Aber dass der Doctor versucht die Wunden seines Lebens dadurch zu heilen, dass er ständig neu in Aktion ist - das ist durchaus etwas, was bei den Specials als Thema durchdringt und gelungen ist. Wenn darüberhinaus 15 auch noch Aedric, Logopolis oder River Song erwähnt … Phew. Kenner der alten Serie läuft ein Schauer über den Rücken. Dennoch fehlt die Stringenz. Nur allein die emotionalen Momente, die Gefühle des Doctors reichen da nicht aus um eine Klammer um alle drei Specials zu schaffen. Da hätte noch etwas mehr dazugehört.
Bedauernswert übrigens: Man hat 14 nicht viel Profil verliehen. Im Grunde ist es halt die 10. Inkarnation mit etwas mehr Nachdenklichkeit. Man kann darüber streiten, ob in drei Staffeln - immerhin jeweils knapp eine Stunde lang - da nicht mehr dringewesen wäre. 14 hätte dennoch die Chance verdient etwas Eigenständiger zu sein. Schade drum.
Um die Frage vom Anfang zu beantworten und das ist wie immer nur meine Sicht: Ein großer Wurf sind die Specials nicht geworden. Doch da klar war, dass sie zur neuen Inkarnation des Doctors überleiten würden, war meine persönliche Erwartungshaltung auch eher gering. Falls RTD wirklich etwas komplett Neues und Großartiges vorhat, dann erst nach dem Christmas-Special. Denn diese Episoden stehen auch eher für sich und ich denke, das wird mit den - hmm - singenden Goblins? auch nicht anders sein.
Singende Goblins. Manchmal ist Doctor Who wirklich extrem albern, aber irgendwie gehört das auch zur DNA der Serie dazu.
Sie wecken natürlich genügend Erinnerungen. Sie sind allerdings so konzipiert, dass man mit ihnen in die Whoniverse einsteigen kann. Eine Aufgabe haben sie jedenfalls schon erfüllt: Mit ihnen ist Doctor Who wieder bekannter geworden. Auch jenseits der UK. Dank Disney+ kann man sich zeitgleich auf Deutsch die Folgen anschauen. Das hätte ich mir auch nie träumen lassen, auch wenn ich selber keine Synchro brauche.
Und: Die Serie sieht einfach besser aus, seitdem Disney da mitmischt und sie hört sich auch besser an. Ich konnte dem Soundtrack der Chibnall-Ära nie etwas abgewinnen. Dazu war ich persönlich zu sehr an Murray-Golds-Orchesterklang gewohnt. Zudem: Praktische Effekte gegenüber CGI haben halt was. Apropos Albernheiten bei Doctor Who: Man achte mal im dritten Special auf die alte Lady, die einen LED-Bildschirme klaut … das hat was. Schauen wir mal, was die 15. Inkarnation des Doctors zu bieten hat.