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Alles zu seiner Zeit...

Das Romanheft, das Universum ... und die Dinge dazwischen - Die Multimedia-KolumneAlles zu seiner Zeit...

Der kanadische Verlag ChiZine Publications will künftig bei ihrem Programm andere Wege gehen. Bisher ist es in den USA (und nicht nur dort) so, dass zunächst das Hardcover erscheint. In der Folge dann das Taschenbuch und zu guter letzt, wenn es die Ressourcen zulassen, dann auch das eBook.

ChiZine will nun alle drei Formate zur gleichen Zeit anbieten und dem Hardcover dabei exklusive Zugaben mitgeben, also einen Mehrwert kreieren, der zum Kauf anregt.

Dieser Weg mag nun für die Nordamerika bzw. die USA zukunftsweisend sein, aber ist es das auch für Deutschland? Dieser Frage gilt es in der Folge einmal nachzugehen.

Hardcover haben für nordamerikanische bzw. US-Verlage nicht die Bedeutung, die sie hier in Deutschland für die Verlage haben. Der Buchmarkt Nordamerikas ruht auf den Schultern des Taschenbuchs (als hochwertigere Ausgabe „Trade Paperback“ genannt oder als Ausgabe auf Billigpapier – das fast so dick ist wie in Deutschland einst das Papier der Leihbücher, also mit Löschpapiereigenschaften – gedrucktes „Mass-Market-Paperback). Das Hardcover ist für die großen eher etwas fürs Image und für die Kleinen etwas, dass hilft, das „Trade-Paperback“ zu finanzieren. Damit hat es sich dann auch...

ChiZine will seinen Hardcover neben den Signaturen der jeweiligen Autoren noch anderen Mehrwert in Form exklusiven Materials beifügen, denn das Taschenbuch und das eBook nicht enthält, um die deutlich teuere Variante der Bücher weiterhin für Sammler attraktiv zu halten. Aber als Angebot für Lesermassen ist das Hardcover eben nicht gedacht.

In Deutschland ist das Hardcover komplett anders gewichtet. (Potentielle) Bestseller bzw. Spitzentitel werden zunächst als Hardcover angeboten. Dabei werden keine Gimmicks, Unterschriften oder sonstiger Mehrwert als Beigabe beigegeben. Es handelt sich eben um die deutsche Erstausgabe bzw. Originalausgabe als gebundenes Buch. Das kann der Leser kaufen oder nicht. Es funktioniert. Es ist gängige Praxis.

Manche Verlage haben darunter noch die Schiene des großformatigen Taschenbuchs (hier Paperback genannt, welches im Grunde ein Buch im großen Hardcoverformat mit Softcover ist). Damit wird von großen Publikumsverlagen ein großer Teil des Umsatzes generiert. Man denke einmal an den Dan Brown Roman „Sakrileg“, dessen Taschenbuchversion ewig auf sich warten ließ und plötzlich – quasi ohne Vorankündigung – zusammen mit dem Film erschien. Aber das Hardcover verkaufte sich sehr lange sehr gut und half dem Verlag ordentlich Geld zu verdienen. Es war für Lübbe gar nicht nötig eine Taschenbuchversion vorzulegen, weil der Leser auch zum Hardcover griff.

Erst wenn dann die Auswertung im Hardcover abgeschlossen ist, öffnet der Verlag das nächste Marktsegment und bringt ein Taschenbuch heraus. Dabei sind diese Taschenbücher in das was in Nordamerika „Tradepaperbacks“ sind und werden daher auch auf entsprechend gutem Papier gedruckt und sorgfältig bearbeitet. Das ist auch einer der Gründe, dass die deutschen Taschenbücher (deutlich) teurer sind als die „Mass-Market-Paperbacks“, die man für günstiges Geld bei Versendern wie Amazon kaufen kann.

Also scheidet der Weg aus, in Deutschland Hardcover und Taschenbuch zugleich herauszubringen. Geht nicht und passt nicht zur Marktstrategie und Praxis. Wer Taschenbücher kaufen will, der muss warten oder hoffen, dass seine favorisierten Bücher Taschenbucherstausgaben sind.
Anders verhält sich die Frage, ob die jeweilige Erstausgabe (Hardcover, Paperback oder Taschenbuch) und eBook zur gleichen Zeit erscheinen können: Natürlich können sie das. Und es sollte auch Praxis werden. Das wäre gar wünschenswert. Dabei kann man sich aber die These abschminken, dass das nichts kostet. Jedweder, der sich während einer kaufmännischen Ausbildung oder im Studium oder aus anderen Gründen mit Kalkulation beschäftigt hat, weiß, dass das so einfach nicht ist. Es fallen Kosten an. Kosten, die reinkommen müssen. Der Autor ist prozentual am Verkaufspreis beteiligt (gehört zu den zu kalkulierenden Kosten) und diese Beteiligung muss angemessen sein. Auch Dienstleister wie Distribution und Handel werden in die Kalkulation einbezogen werden müssen. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Es würde jetzt zu weit führen, jetzt dieses Thema ausführlich abzuhandeln. Fest steht: Das Billig-e-Book ist nicht so einfach zu haben wie sich das manche in ihrer kaufmännischen Naivität so vorstellen.

Jedoch dürfte eines klar sein. Um das Projekt eBook ins Laufen zu bringen darf die Sofware nicht ebenso viel kosten oder gar teurer sein als das Hardcover, das Paperback oder das Taschenbuch mit dem es herausgegeben wird.

Dennoch: Das eBook ist (und wird es wohl lange Zeit noch bleiben, so die allgemeine Einschätzung) eher ein Ergänzungsformat. Der Erfolg des eBooks wird stark vom Preis der Reader bestimmt werden (aber hier ist ja schon Bewegung nach unten festzustellen).

Aber auch, wie das eBook vermarktet wird, trägt dazu bei. Dazu gehört, dass eBook als Format aufzuwerten, in dem es zeitgleich mit der gedruckten Erstausgabe erscheint. Und auch hier hilft ein Blick in die USA. Um das umsatzschwache Hardcover zu stützen, wird dort – eben von ChiZine – Gimmicks und dergleichen –  exklusiv – beigefügt.

Das könnte hier dem eBook helfen. Da könnten Erweiterungen, Texte, Interviews, Grafiken und ähnliches zur Aufwertung des Formats angeboten werden. Material, das eben nicht in den Printausgaben enthalten ist. Das darf nicht nur Pille-palle sein. Das muss schon Hand und Fuß haben, eben einen echten Mehrwert bieten.

Man muss sehen und abwarten, was deutschen Verlagen da noch so einfällt. Aber ein Blick über den Gartenzaun und das anwenden von Ideen bei anderen Formaten kann da hilfreich sein. Wie sagte man in Monty Pythons Flying Circus einst so schön: „Adopt, adapt and improve. Motto of the Round table.“

Kommentare  

#1 Laurin 2009-12-05 00:47
Recht interessant die Unterschiede zwischen den Märkten für Lesestoff in Old Germany und USA!
Was die Aufwertung beim eBook angeht frag ich mich aber, ob da nicht mit Steigerung des Mehrwertes auch wiederum eine Steigerung des Preises einhergeht?
#2 Hermes 2009-12-06 19:39
Leute, die sich die Lesegeräte anschaffen, nehmen hohe Kosten in Kauf, sind ergo eine finanzkräftige Klientel. Warum sollen die Verlage da nicht auch entsprechende Preise für die E-Books verlangen? Dies hätte auch den Vorteil, dass man wirklich neue Leserschichten erschließt und nicht einfach nur eine Verlagerung vom Buch, TB oder Heftroman zum E-Book stattfindet.

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