In der Kürze liegt der Untergang
Eine neue Betrachtung,
warum der Heftroman dahinsiecht
Männer lesen im Allgemeinen weniger und seltener als Frauen. Werden ihnen dann noch neue und vor allem bunte und animierte Zerstreuungsmöglichkeiten wie Computer, Spielkonsolen oder auch 100 digitale TV-Kanäle angeboten, sieht sich der Heftroman einer harten Konkurrenz gegenüber.
Dennoch kann man nicht behaupten, Männer würden gar nicht mehr lesen. Woran liegt es also, dass es nicht gelingt, diese Männer zurück an den Kiosk zu holen und ihnen den Heftroman (wieder) schmackhaft zu machen?
Neben den bereits oben angesprochenen Freizeitmöglichkeiten wird häufig die Trägheit oder mangelnde Flexibilität angesprochen, die der Heftroman als Erbe mit sich "herumschleppt". Die Stärken moderner Unterhaltungsliteratur würden im Heftroman keinen Widerhall finden: ausführliche Charakterbeschreibungen oder groß angelegte Handlungsplots mit einer vielschichtigen Erzählung.
Das ist richtig, doch diese Elemente benötigen vor allem eines: PLATZ.
Und wenn der Heftroman eines nicht hat, dann ist das Platz. Raum, um sich zu entfalten. Umfang, mit dem der Autor spielen kann. Das Leben und Sterben eines Heftromans findet auf 64 Seiten statt. Und das ist insgesamt zu wenig. Zu wenig für den heutigen Leser.
Betrachtet man sich den (Taschen)Buchmarkt, so konnte man in den vergangenen 20 Jahren eines feststellen: Bücher werden immer dicker. Hatte ein durchschnittliches Taschenbuch Anfang der 80er Jahre noch 200-250 Seiten, so sind heute 500-600 Seiten gang und gäbe.
Und das ist einfach viel Platz. Platz zu faseln, Platz zu fabulieren, Platz zu formulieren. Und die Leser lieben es.
Nicht nur der Heftroman hat in den letzten 20 Jahren gelitten, sondern auch ein anderes, viel älteres Genre die Kurzgeschichte. Aus irgendeinem Grund gab es spätestens seit den 90ern einen Trend, immer "größer" zu schreiben. Das beschränkt sich ja nicht nur auf einen Roman mit den besagten 500 Seiten. Viele Autoren legen ihre Werke ja gleich mindestens auf Trilogien oder noch größere Zyklen an, und so kommen wir schnell auf 1500 oder mehr Seiten für eine einzige Grundidee. Meilenweit entfernt von der effizienten, knappen Form der Kurzgeschichte.
Warum sind die Leser so auf diese Entwicklung angesprungen? Ist es der Gedanke, "mehr fürs Geld" zu bekommen? Wollen die Leser leicht goutierbare Kost? Nichts liest sich leichter als ein schwafelnder, ausufernder Stil. Kurzgeschichten sind in ihrer Knappheit anstrengend. Oder halten sich Leser einfach gerne so lange wie möglich in einer Phantasiewelt auf? Nicht umsonst sind gerade Fantasygeschichten so umfangreich geworden.
Welche Gründe die Leser auch immer bewogen habe mag, die Verlage haben darauf nur reagiert und noch längere Bücher herausgegeben.
Es steht also zu befürchten, dass der Heftroman mit seinen 64 Seiten vielen Lesern schlicht und ergreifend zu kurz ist. Viel zu kurz. Es sind gerade die zyklenhaften Serie wie Perry Rhodan oder Maddrax, die am Markt überleben (von Dauerbrennern wie Jerry Cotton und John Sinclair abgesehen). Denn auch sie geben den Lesern eine große, epische Geschichte.
Ich gehe davon aus, dass eine neue Serie mit in sich geschlossenen Einzelromanen derzeit auf dem Markt nur eine sehr geringe Überlebenschance haben würde. Auch vor diesem Hintergrund kann man Kelters aktuelles Scheitern betrachten.
Wo liegt also die Lösung für den Heftroman?
Im Aufbrechen des 64-Seiten-Schemas! Dickere, umfangreichere Taschenhefte machen mit diesem Ansatz tatsächlich deutlich mehr Sinn. Damit kommt man vielen Lesern entgegen, die man verloren hat. Gleichzeitig lassen sich auch Inhalte anders aufbauen und "voluminöser" erzählen.
Das Taschenheft ist in diesem Fall nicht nur ein optisches Zugehen auf den heutigen Leser. Es ist tatsächlich ein Zugehen auf seine geänderten Lesegewohnheiten. Und wenn diese nach längeren Geschichten zu einem höheren Preis verlangen, dann sollte man ihm diese einfach geben.
Kommentare
Du hast Dich entschuldigt und scheinst es auch ernst zu meinen - das mit der Entschuldigung.
Dazu kann ich nur sagen - und ich glaube, ich spreche hier im Namen aller - wir sind keine Unmenschen und werden Gnade vor Recht ergehen lassen: wir nehmen Deine Entschuldigung an.
Nehm' das mit dem CSI-Debakel mal nicht zu ernst. Das Forum teilt sich hier in zwei Lager: Die Verfächter des CSI und deren Gegner.
Und CSI als an die "heutigen Zeit angepasste Inhalte" zu betrachten, halte ich weiterhin für gewagt. Da wird das ganze eben vom früheren Hauptprotagonisten auf viele Köpfe verteilt. In Sachen Krimi mag das auch funktionieren aber ob das wirklich überall (also in jedem Genre) funktioniert wage ich weiter zu bezweifeln. Was aber an manchen Stellen funktioniert will ich nicht wirklich als Allheilmittel preisen wollen. Ist immer ne Frage der Umsetzung.
Und nu ist aber gut mit CSI.... !
Das kommte definitv auf den Standpunkt des Betrachters an! Geschmäcker sind nun mal verschieden.
Zitat: Von welchem "schrecklichen Inhalt" sprichst du hier? Ohne Beispiel kann ich mit der Bemerkung nichts anfangen.
Meine generelle Meinung:
1. stimme ich Cartwing & Co. zu, dass es auf den Autor/die Autorin ankommt, wie gut oder schlecht ein Roman ist, und zwar ganz unabhängig von der jeweiligen Länge. Siehe Beispiele V. Krämer & S.King. Natürlich tragen in gewisser Weise auch die Lektoren Verantwortung, da es deren Aufgabe (u. a.) ist, Längen zu straffen und Füllszenen zu streichen. (Trauen die sich vielleicht bei einer "Größe" wie King nicht, kann ja sein.) Nach meiner (schriftstellerischen) Erfahrung kann man in die kürzeste Szene eine fundierte Charakterstudie einflechten, WENN man sein "Handwerk" (= das Schreiben) gut beherrscht. Stichwort "Show, don't tell!"
2. hängt es m. E. stark von der Persönlichkeit des Lesers ab, ob er/sie Heftromane oder "Wälzer" oder beides bevorzugt, sodass man, wie ich meine, nicht pauschal sagen kann, dass z. B. ?Jugendlichen? (oder auch Erwachsenen) das eine oder andere "nichts bringt" bzw. nicht von (großem) Interesse für sie ist.
Ich nenne mich selbst mal als Beispiel. Das allererste Buch, das ich in meinem Leben durchgelesen habe, war das Heilpflanzenlexikon meiner Mutter (da war ich 8 (!) Jahre alt und fand es total spannend). Als nächstes folgte mit 9 die komplette Ausgabe von Gustav Schwabs "Sagen des klassischen Altertums". Wer das Ding kennt, weiß, was für einen Umfang es hat (ca. 1000 Seiten). Mit 10 las ich den ersten Comic, mit 12 den ersten Heftroman (Perry Rhodan), mit 13 folgte der Wälzer "Und Jimmy ging zum Regenbogen". Ab 15 habe ich bevorzugt Textbücher von Theaterstücken gelesen von Ayckbourn über Brecht, Goethe, Schiller bis Zuckmayer (freiwillig, nicht weil man uns in der Schule damit quälte). Mit 18 entdeckte ich die Krimis und habe sämtliche Edgar Wallace, Sherlock Holmes und Kommissar Maigret Romane verschlungen. Danach entdeckte ich Grusel/Horror nicht nur im Heft und wurde Fan von E.A. Poe & Co. Und heute stehe ich auf spannende Dinge von Jeffrey Deaver, James Patterson, Elizabeth George, Anita-Black-Romane und lese immer noch das eine und andere Heft.
Mir kommt es bei meiner Lektüre 1. auf das Thema an, das mich interessieren muss, 2. auf einen guten Spannungsbogen, der bis zum Ende erhalten bleibt, 3. auf gute Charaktere, deren Handlungen und Motive ich nachvollziehen kann, 4. auf die innere Logik (ich hasse logische Brüche, fehlerhafte oder gar keine Recherche oder an den Haaren herbeigezogene Lösungen). Wenn das alles stimmt, ist das Genre fast (!) egal.
Fazit: Meiner Meinung nach gibt es KEINEN ?Typ? des Heftromanlesers oder Romanlesers, sondern nur individuelle Geschmäcker.
Tja, würde ich jetzt glatt alles unterschreiben was du da sagst. Nur bleibt dann wieder die Frage stehen, warum so viele Serien im Heftromanbereich verschwunden sind und nur noch eine Art Restbestand mehr oder weniger seine Leser findet.
Da frage ich mich manchmal auch ob wir es nicht etwas einseitig sehen, denn wer hier diskutiert gehört zum Bereich "Leser" (ob Buch oder Heftroman). Und immer mal wieder schafft es auf dem Buchmarkt jemand, etwas nach oben zu puschen was sogar Rekorde sprengt (Beispiel: Harry Potter). Woran liegts also, daß Bücher heute ihre Leser finden und die Heftromane nicht? Liegt es eventuell (Punkt: individuelle Geschmäcker) daran daß das Restprogramm beim Heftroman nicht mehr die individuellen Geschmäcker abdeckt (was ich auch unterschreiben würde, da Mangel an Auswahlmöglichkeiten), oder daran, daß sich die Verlage nicht mehr vernünftig um ihre Produkte kümmern? Den Leser kann man da nicht zum Südenbock machen weil er nicht käuft, denn warum sollte er etwas lesen was er nicht will und das was er will aber nicht bekommt und somit lieber am PC spielt oder vor dem Fernseher hängt usw.!
Davon abgesehen, wenn ich (ohne Gewähr!) den "Markt" richtig überblicke, sind die meisten Heftserien Schmalz & Schnulz wie Arztromane, "Bergdoktor" u. ä. Verglichen mit denen, die ich tatsächlich für - diplomatisch ausgedrückt - qualitativ im unteren Bereich rangierend halte, haben manche SF-, Grusel-, Fantasyserien noch richtiges Niveau. ABER wenn ich die Kiosklandschaft mal in meiner Umgebung betrachte, so finden sich als Hefte nur die "Frauenromane", und ein zünftiges SF-Heft gibt es nur auf Bestellung. Kurzum: Die Auswahl in manchen Zeitwschriftenhandlungen ist besch... Das führt wiederum dazu, dass bessere oder sogar gute Serien keine allzu große Abnehmerzahl finden und deshalb mangels "Interesse" wieder eingemottet werden. Wie gesagt, das ist sicher nicht der alleinige Grund für den "Schwund", spielt m. E. aber eine Rolle mit.
Was soll man davon halten und was daraus schließen?
Brauchen wir längere Heftromane? Oder doch lieber andere Formate?
Man kann da durchaus sagen, daß hier einige Faktoren dem Heftroman langsam den Boden entzogen haben. Die Frage ist dann aber immer noch, wie reagiert man darauf. Trotzig am Format mit 64 Seiten festhalten oder neue Wege beschreiten in Sachen Format bzw. auch Qualität (ein Autor der auf 64 Seiten was tolles hinbringt, der dürfte eigendlich bei 300 Seiten nicht schlechter werden ).
#21 Hermes:
Am Ende werden wir wohl über andere Formate reden müssen in denen die Seitenzahl nicht mehr unumstößlich festgelegt ist.
Ich rede da ja nun mal nicht gerne von CORA, aber flexibel im Umfang sind sie und da kann man sich durchaus ein Beispiel nehmen.
Laurin:
Zitat: In diesem Punkt widerspreche ich dir teilweise. Es gibt durchaus Autoren, die hervorragende Storys (bis zu Heftromanlänge) schreiben können, aber bei einem 300-Seiten-Roman vollkommen versagen, weil ihnen das "Format" einfach nicht liegt und umgekehrt. Als Beispiel nehme ich mal den Titel eines interessanten Buches über "Leiden" von Schriftstellern in ihrer Anfangszeit: "Nach 20 Seiten waren alle Helden tot".
Alles in allem halte ich aber ein neues (flexibleres) Format für eine gute Lösung.
Okey, solche Autoren gibts auch, die nicht über die begrenzte Seitenanzahl gehen können ohne dabei massiv nach zu lassen.
Das dürften die sein, die sich am Anfang einer Story schon fragen, wie sie das Heft sinnvoll voll kriegen .
Dieses Schubladendenken hält bis heute an, selbst bei einer Generation, die mit Heftromanen nicht einmal wirklich etwas anfangen kann, wie dein Beispiel zeigt. Also wäre es so gesehen sogar das Simpelste, dieser hinrissig naiven Sichtweise einfach die Hörner aufzusetzen und Heftromane zukünftig mindestens als Taschenbuch zu veröffentlichen.
Viele Heftromane sind wirklich nicht das Gelbe vomn Ei. Da wurden schon häufig 64 Seiten zuschanden geritten. Das Gleiche gilt allerdings auch für Taschenbücher und Hardcover. Was dünne Inhalte, mäßigen Stil und schlechtes Lektorat betrifft, wäre der Heftroman da mit vielen aktuellen Romanen (auch solchen auf der Bestsellerliste) in bester Gesellschaft.
So gesehen muss man sich als Leser fragen, was man will.
1) Den Heftroman auf seinen 64 Seiten, wie gehabt? Einfach, weil man das Format liebt? Dann wird man auch weiterhin sein "Schmuddelkind" lesen müssen, das von den wenigen Verlagen eher nebenher betrieben wird.
2) Oder will man die bekannten Helden weiterlesen, egal wo? Dann liegt die Zukunft eher bei Verlagen wie Zaubermond, die in gut aufgemachten Hardcovern zu einem akzeptablen Preis Heftromane "bücherregal-tauglich" machen. Dann tun's auch verhältnismäßig kleine Auflagen, um Serien am Leben zu halten.
Ein Mittelweg hierbei kann hierbei dann auch das Taschenheft sein, vor allem, wenn man den Umfang flexibel hält.
Meines Erachtens ist es eine Frage des Formats, nicht des Inhalts. Vielleicht haben Heftromane langfristig als eBooks eine höhere Überlebenschance. Da sieht man ihnen wenigstens nicht an, dass es "nur" ein Heftroman ist.
Klare Antwort, da sehe ich die Zukunft im Moment in den Kleinverlagen wie Zaubermond oder Blitz, Romantruhe, denn von den Verlagen wie Bastei oder VPM wird nichts neues kommen (sieht jedenfalls nicht danach aus). Und wenn doch, sollte man sich vom Format des 64 Seiten Heft gleich veranschieden und das Neue auch im neuen Format (Umfang flexibel) präsentieren.