Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit General Stephen Watts Kearny?
Wie war das mit General Stephen Watts Kearny?
: Am 31. Oktober 1848, starb in St. Louis General Stephen Watts Kearny, einer der bedeutendsten amerikanischen Offiziere in der ersten Hälfte des 19. Jh. Geboren am. 30. August 1794 in einer Kaufmannsfamilie in New Jersey, gilt er als “Vater der US Kavallerie”.
1812 endete seine schulische Ausbildung, und er trat in die Miliz des Staates New York ein. Das war der Anfang seiner militärischen Laufbahn. Nachdem er 1812 am Krieg der USA gegen England als Leutnant teilgenommen hatte, beschloß er, in der Armee zu bleiben. Schon 1813 war er Captain. 1820 heiratete er die Stieftochter des Entdeckers William Clark – Teilnehmer der “Lewis & Clark Expedition”. 1829 stieg er zum Major auf.
Kearny wurde früh mit militärischen Expeditionen nach Westen geschickt. Er gelangte bereits 1825 bis zum Yellowstone River. Bemerkenswerterweise führte er akribisch Tagebuch und zeichnete besonders gründlich seine Beobachtungen bezüglich der Indianervölker auf, mit denen er Kontakt hatte.
Nach einigen Jahren als Kommandant der Jefferson Barracks in Missouri, wurde Kearny 1833 zum stellvertretenden Kommandeur des 1. Dragoner-Regiments der USA berufen, stationiert in Fort Leavenworth (Kansas). 1836 übernahm er als Colonel das Kommando über das Regiment, aus dem 1861 die 1. US-Kavallerie wurde. Gleichzeitig wurde ihm die Führung des 3. Militär-Departments übertragen, das das Gebiet westlich des Missouri umfasste; damit war er verantwortlich für die Region der Great Plains. Kearnys Kavallerie eskortierte erste Planwagentrecks auf dem Weg nach Westen. Eine der Raststationen dieser Wagenzüge wurde Fort Kearny in Nebraska; zunächst am Table Creek gelegen, wurde es schließlich strategisch günstiger an den Platte River in Nebraska verlegt, wo sich heute die Stadt Kearny befindet.
Stephen W. Kearnys öffentlicher Ruhm basierte vor allem auf seinem Einsatz im Krieg mit Mexiko (1846-48). Er wurde im Juni 1846 zum Brigadegeneral befördert, formte die „Westliche Armee“ und marschierte mit ca. 1.600 Mann den Santa Fe Trail hinunter. Zu seiner Streitmacht gehörten die 1st Dragoons, die freiwillige Missouri-Kavallerie, die Regimenter 1 und 2 der Missouri-Infanterie und das Mormon Bataillon.
Kearny erreichte mit diesen Truppen Fort Bent am Ufer des Arkansas, die berühmte „Burg auf den Plains“, wo er zeitweise sein Hauptquartier aufschlug. Von hier aus marschierte er in New Mexico ein. Die mexikanische Armee zog sich ohne einen Schuß abzugeben zurück.
Kearny ernannte Charles Bent, einen der Inhaber von Fort Bent, zum ersten amerikanischen Gouverneur. (Bent wurde kurz darauf von Mexikanern und Pueblo-Indianern ermordet.) Ferner proklamierte er am 22. September 1846 in Santa Fe die erste Verfassung New Mexicos, die als „Kearny Code“ in die Geschichte einging; dieses Dokument gilt noch heute als Grundlage der Verfassung des Staates. Drei Tage später brach er auf, um nach Kalifornien zu marschieren. Auf dem Weg begegnete ihm Kit Carson, von dem er erfuhr, dass John C. Fremont, der berühmte, aber umstrittene Entdecker des topographischen Korps, zusammen mit einer kleinen Marineflotte unter Commodore Robert F. Stockton Kalifornien für die USA in Besitz genommen hatte.
Kearny gedachte nicht, den Ruhm der Einnahme der Westküste einem jungen Emporkömmling zu überlassen. Er marschierte eilig weiter und erlitt im Dezember bei einem Zusammenstoß mit mexikanischen Lanzenreitern eine bittere Niederlage. 18 seiner Soldaten fielen. Kearny selbst wurde verwundet. Kit Carson schlich sich durch die mexikanischen Linien und holte Hilfe aus San Diego.
Im Januar 1847 rückten Kearnys Dragoner in Los Angeles ein. Die mexikanische Armee kapitulierte. Kearny verlangte als höchstrangiger US-Offizier das Militärkommando über Kalifornien. In der Zwischenzeit hatte Commodore Stockton den ambitionierten John Fremont zum Militärgouverneur ernannt. Kearny weigerte sich, diese Entscheidung anzuerkennen. Es begann eine heftige Auseinandersetzung um Kompetenzen, die Kearny für sich entschied. Er stellte Fremont, der sich weigerte, den Anweisungen des älteren Offiziers zu folgen, unter Arrest.
Das Korps der Topographen hatte unter den altgedienten Offizieren der Armee einen dubiosen Ruf, und Fremont, der keinerlei militärische Ausbildung hatte, aber Schwiegersohn eines der mächtigsten Senatoren in Washington war, war als Karrierist verhasst.
Kearny nahm Fremont auf seinem Marsch zurück nach Osten mit nach Fort Leavenworth und stellte ihn hier wegen Insubordination vor ein Militärgericht, das die unehrenhafte Entlassung des populären „Pfadfinders“ aus der Armee anordnete. Zwar wurde dieses Urteil von US-Präsident James Polk aufgehoben, aber Fremonts militärische Karriere war vorerst ruiniert. Damit hatte sich Kearny einen mächtigen Feind geschaffen, den Schwiegervater Fremonts, Senator Thomas Hart Benton, der den General von diesem Zeitpunkt an mit unerbittlichem Zorn verfolgte.
Kearnys Laufbahn tat das offensichtlich keinem Abbruch. Als Eroberer von New Mexico und Kalifornien wurde er im Mai 1847 in Washington empfangen und zunächst zum Militärgouverneur von Vera Cruz, später von Mexico City ernannt. Zugleich wurde ihm der Brevet-Rang eines Generalmajors verliehen.
Kearny begab sich auf seinen neuen Posten in Mexiko und infizierte sich hier mit Gelbfieber. Schwer krank wurde er nach St. Louis transportiert, wo er am 31. Oktober 1848 im Alter von nur 54 Jahren starb. Er liegt auf dem Bellefontaine-Friedhof begraben.
Der ebenfalls historisch bekannte General Phillip Kearny – nach dem in Red Clouds Krieg das heiß umkämpfte Fort im Norden Wyomings benannt wurde – war sein Neffe.
Meine Fotos zeigen General Stephen W. Kearny, das nach ihm benannte Fort in Nebraska und Dragoner-Reenactors seines Regiments in Fort Bent. Ferner stehe ich in der Mitte von Angehörigen der Missouri-Infanterie aus Kearnys „Westlicher Armee“ und sitze mit „General Kearny“ (ein Reenactor) an der Tafel von Fort Bent – wir hatten eine angeregte Unterhaltung über den Mexiko-Krieg. Abschließend zeige ich sein Grab in St. Louis.
Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de