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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Samuel und seinen Colts?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Samuel und seinen Colts?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler werden wir diese Beiträge im Zauberspiegel übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Im Januar 1847 begann die Produktion einer Waffe, die die Militärtechnik der USA revolutionieren und ihren Konstrukteur zu einer legendären Gestalt der Geschichte machen sollte. Sein Name wurde – was selten vorkommt – zum Synonym für sein Produkt: Jeder, selbst Menschen, die keine oder nur wenig Ahnung von amerikanischer Geschichte haben, wissen, dass ein „Colt“ ein Revolver ist.

Im Januar 1847 begann der junge und völlig bankrotte Samuel Colt mit Hilfe des Fabrikanten Eliah Whitney die Produktion seines zweiten Revolvermodels, das er „Whitneyville Walker“ nannte. Diese Waffe brachte ihm den endgültigen Durchbruch.
An mehrschüssigen Faustfeuerwaffen hatten schon vor ihm bereits viele Konstrukteure gearbeitet. Nach Einführung der Perkussionszündung waren sogenannte Bündelrevolver entstanden, auch „Pepperboxes“ genannt, die aus Laufbündeln bestanden, die sich um eine Mittelachse drehten. Unhandlich, nicht sehr funktionssicher und nicht sonderlich wirksam, erlangten sie nie große Popularität.

Samuel Colt (geb. 19. Juli 1814) entwarf eine Waffe mit einer Trommel, die sich beim Spannen des Hahns immer exakt um eine Fünftel- oder Sechsteldrehung – je nach Menge der Kammern – weiterbewegte und sicher vor dem Lauf einrastete. Ein weiterer Vorteil von Colts Erfindung war, daß alle Einzelteile exakt dieselben Maße hatten und somit beliebig ausgetauscht werden konnten. Reparaturen waren damit kein Problem.

Die allerersten Modelle waren allerdings mit schweren Mängeln belastet. Die gescheiterten Tests mit diesen Waffen kosteten den jungen Erfinder Ruf und Geld. Mehrfach bankrott, hoch verschuldet, entwarf er schließlich den fünfschüssigen Paterson-Revolver, von dem insgesamt um die 2.800 Stück hergestellt wurden. Es gelang ihm, diese Waffe in einer gewissen Stückzahl an die Texas Rangers zu verkaufen.

Ironischerweise hatte Colt sein erstes Revolverpatent in England und nicht in Amerika erhalten. Erst 1836 wurden seine Konstruktionen in den USA patentiert.

Die begeisterten Reaktionen aus Texas konnten ihn vor einer weiteren Insolvenz nicht retten. Ständig auf der Flucht vor seinen Gläubigern, ließ er jedoch nicht nach, seine Patente weiter zu entwickeln.

Dann brach 1846 der Krieg zwischen den USA und Mexiko aus, und wieder kam die Rettung für ihn aus Texas.

Der ehemalige Texas Ranger Samuel Walker hatte die Vorteile des Paterson-Revolvers in der Praxis kennengelernt. Bei Ausbruch des Krieges mit Mexiko wurde er Captain der berittenen Scharfschützen. Er schrieb im November einen Brief an Colt, mit dem er um die Konstruktion eines schweren Kavallerie-Revolvers bat und ihm einen Auftrag von mindestens 1.000 Stück anbot.

Samuel Colt besaß zu dieser Zeit weder eine Fabrik, noch hatte er genug Geld, um eine Fabrikation auch nur zu beginnen. Es grenzte an Hochstapelei, als er den Fabrikanten Eliah Whitney in Whitneyville aufforderte, für ihn 1.000 Revolver herzustellen – von der Waffe existierten zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal Konstruktionszeichnungen.

Erst als Samuel Walker aus Texas anreiste und seine Wünsche äußerte, entwarf Colt innerhalb weniger Stunden das Modell „Whitneyville-Walker“ – benannt nach dem Ort der Fabrikation und nach Samuel Walker. Diese Faustfeuerwaffe ist bis heute der schwerste Revolver der Welt mit einem Gewicht von 4,5 amerikanischen Pfund (an die 2,5 kg), einem überlangen Lauf, einer extra langen Trommel für doppelte Pulverladungen und 6 Kammern im Kaliber .44. (Zu jener Zeit wurden die einzelnen Kammern noch mit Schwarzpulver, Kugel und Verdämmungsstopfen gefüllt und mittels Zündhütchen (Caps) gezündet.

Es war zweifellos die leistungsfähigste Faustfeuerwaffe ihrer Zeit. Das hohe Gewicht machte sie ideal für die Kavallerie, da es den Rückschlag der starken Pulverladung und die Bewegungen im Sattel ausglich. Der „Walker“ war effektiver als alle Reiterpistolen des 19. Jahrhunderts. Prominente Männer wie die Texas Rangers Jack Hayes und John R.I.P Ford priesen den „Walker“ als mindestens ebenso weittragend und effektiv wie einen Karabiner. Mit seiner sechsschüssigen Trommel und der Möglichkeit, weitere geladene Trommeln schnell auszuwechseln, stellte er eine unübertroffene Feuerkraft dar.

Es wurden schließlich 1.100 Stück für Walkers Regiment gefertigt. Der Auftrag hatte einen Umfang von ca. 28.000 Dollar – was nach heutiger Kaufkraft rd. 1 Million Dollar darstellte. Weitere Exemplare wurden für den zivilen Markt und als Präsentationsstücke produziert.

Aus dem übergroßen und überschweren Walker-Modell entwickelte, entwickelte Colt die leichteren sogenannten Dragoon-Modelle, die von den berittenen Truppen der US-Armee und verschiedenen Staatsmilizen übernommen wurden.

Während sein „Paterson“ in der Form noch sehr an die zu jener Zeit gebräuchlichen Pistolen erinnert hatte, wurde das Design des „Walker“ zum Muster für die Revolver-Serien, die nun folgen sollten. Die Erfolgsberichte über diese Revolver verbreiteten sich rasch, so daß Colt beginnen konnte, leichtere Versionen für den zivilen Markt zu entwerfen. Das erfolgreichste Modell wurde der Pocket 1849, eine Waffe, die zu Hunderttausenden gebaut wurde, auch von Frauen und Kindern gehandhabt werden konnte und mit den großen Trecks in den Westen genommen wurde – sowohl von den Goldsuchern auf dem Weg nach Kalifornien wie von Siedlern, die nach Oregon zogen.

Damit war Colts Existenz gesichert, und es begann sein unaufhaltsamer Aufstieg. Als Samuel Colt am 10. Januar 1862, mitten im Amerikanischen Bürgerkrieg, starb, hinterließ er seinen Erben in Hartford (Connecticut) die größte Waffenfabrikation der USA.

Der historische Ruhm des Namens „Colt“ ist noch immer präsent, auch wenn die Firma Colt ökonomisch nur noch wenig Glanz verbreitet. Lange Zeit zu stark auf militärische Waffen konzentriert, wurde beispielsweise das Segment der Polizeibewaffnung aus den Augen verloren, das erfolgreich von Konkurrenten wie „Smith & Wesson“ oder „Ruger“ besetzt wurde. Erst 2016 wurde der endgültige Bankrott wieder einmal abgewendet.

Meine Fotos zeigen einen Whitneyville-Walker aus dem Texas Ranger Museum in Waco.

Ich halte auf einem Bild ein Walker Model neben einem Spencer-Karabiner in den Händen, um die Dimensionen zu demonstrieren – der Walker-Colt erreichte tatsächlich ein Drittel der Gesamtlänge des Karabiners.

Auf den anderen Bildern ist ein Bündelrevolver (Pepperbox) von “Allan & Thurber“ zu sehen, einer der Vorläufer des Colt-Revolvers. Ferner Fotos von Samuel Colt und Samuel Walker, sowie der Colt Pocket 1849, das erfolgreichste zivile Modell vor dem Bürgerkrieg.

Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, März 2018Die kommende Ausgabe

 

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