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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit dem Tod von Charles Bent?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit dem Tod von Charles Bent?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler werden wir diese Beiträge im Zauberspiegel übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 19. Januar 1847 wurde der erste amerikanische Gouverneur von New Mexico vor seinem Haus in Taos von aufständischen Mexikanern und Indianern ermordet. Charles Bent, einer der Mitbegründer des legendären Fort Bent im Südosten Colorados, wurde damit eines der prominentesten Opfer des Amerikanisch-Mexikanischen Krieges, der sich 1846 am Anschluß von Texas an die Vereinigten Staaten entzündete und letztlich damit endete, dass Mexiko den gesamten amerikanischen Südwesten an die USA verlor. (Dazu gehörten neben Texas auch die Gebiete von New Mexico, Arizona, Kalifornien, Teile von Nevada, Utah und der Süden Colorados.)

Charles Bent war am 11. November 1799 in Charleston (Virginia) geboren worden. 1828 führte er mit seinem jüngeren Bruder William einen Wagenzug mit Handelswaren auf dem Santa Fe Trail nach Westen. Die Bents erwiesen sich als ungemein geschickte Händler, die in Santa Fe und Taos geschäftliche Partnerschaften eingingen. Zugleich schufen sie sich einen Ruf als ehrliche Trader im Pelzhandel mit den Indianerstämmen der südlichen Ebenen. Sie gründeten eine Reihe von kleinen Handelsposten, darunter auch die Niederlassung „Adobe Walls“ am Canadian River, die 1874 durch den Kampf zwischen Häutejägern und Comanchen bekannt wurde.

Der größte und bekannteste Handelsposten der Brüder wurde Fort Bent am Arkansas River im Südosten Colorados. Der Standort war ihnen von südlichen Cheyenne-Indianern empfohlen worden, mit denen William Bent durch die Heirat mit den Töchtern des Häuptlings und Bewahrers der Heiligen Pfeile, White Thunder eng verbunden war. 1830 hatte William Bent den Cheyenne-Häuptling Yellow Wolf vor einer Gruppe Comanchen gerettet, die ihn töten wollten. Die Dankbarkeit und das Vertrauen der Cheyenne blieb den Bents ihr Leben lang erhalten.

Die Brüder hatten 1832 bereits eine Partnerschaft mit dem Pelzhändler Ceran St. Vrain begründet, der später als amerikanischer Generalkonsul in Mexiko amtierte.

Charles errichtete eine Handelsniederlassung in Taos (New Mexico), führte ständig Handelstrecks zwischen Missouri und Santa Fe und heiratete 1835 Maria Ignacia Jaramillo, die Tochter einer alten spanisch-mexikanischen Familie. (Deren Schwester Josefa heiratete später den berühmten Scout Kit Carson, der damit zum Schwager der Bents wurde.)

Die Bents wurden zu einer bedeutenden wirtschaftlichen und politischen Größe auf den südlichen Plains. Ihre exzellenten Beziehungen zu den Indianervölkern und der mexikanischen Bevölkerung machten sie zu wichtigen Mittelsmännern, die in ihrem Fort Friedenskonferenzen zwischen verfeindeten Indianerstämmen, aber auch zwischen Indianern und frühen Armeedelegationen abhielten.

Nach Ausbruch des Krieges zwischen den USA und Mexiko marschierte General Stephan Watts Kearny mit seiner „Westlichen Armee“ in Colorado ein. Die Brüder Bent stellten ihm großzügig ihren Handelsposten als Brückenkopf für die Eroberung New Mexicos zur Verfügung.

Bevor Kearny Santa Fe verließ und sich mit seiner Armee auf den Weg nach Kalifornien machte, ernannte er Charles Bent im September 1846 zum ersten zivilen amerikanischen Gouverneur der Provinz. Das war zweifellos eine gute Wahl, da Charles Bent nicht nur ein Mann mit diplomatischen Fähigkeiten war, sondern durch seine jahrelangen persönlichen Beziehungen Ansehen sowohl bei der mexikanischen Bevölkerung als auch bei den Indianern der Region genoß.

Zwar hatten die meisten führenden mexikanischen Familien New Mexicos den Einmarsch der Amerikaner begrüßt, weil sie sich unter amerikanischer Verwaltung bessere Lebensbedingungen erhofften – New Mexico war seitens der mexikanischen Zentralregierung stets vernachlässigt worden. Es hatte daher auch keinen Widerstand gegen die Besetzung durch Kearnys Armee gegeben. Eine Minderheit der bis dahin einflußreichen Familien aber fürchtete um den Verlust von Macht und Besitz und plante eine Revolte.

Der von Kearny als Militärkommandant eingesetzte Colonel Sterling Price erhielt frühzeitig Informationen über die Verschwörung und konnte die Urheber im Dezember 1846 festsetzen. Allerdings entkamen zwei der führenden Rebellen, die am 19. Januar 1847 eine Gruppe Mexikaner und Pueblo-Indianer zum privaten Haus von Charles Bent in Taos führten.

Charles Bent hatte stets auf persönlichen militärischen Schutz verzichtet. Er hatte darauf vertraut, dass er familiär in New Mexico verwurzelt war. Als der Mob sich vor seinem Haus sammelte, trat er hinaus und versuchte, die aufgeputschten Männer zu beruhigen. Sehr schnell muss ihm jedoch klargeworden sein, dass sein Leben in Gefahr war. Also versuchte er, trotz der immer bedrohlicher werdenden Situation, die Rebellen hinzuhalten, um seine Familie zu retten.

Maria Bent und mehrere Hausangestellte schlugen ein Loch in die Rückwand des Hauses und entkamen mit den Kindern, während Charles Bent vor der Tür regelrecht niedergemetzelt und bei lebendigem Leib skalpiert wurde.

Der als „Taos Revolte“ bezeichnete Aufstand wurde von Colonel Price niedergeschlagen. Der Leichnam Charles Bents wurde anonym bestattet, um zu verhindern, dass sein Grab geschändet werden konnte. Daher weiß man heute nicht mehr, wo er beerdigt wurde.

Der Tod von Charles Bent markiert das Ende der starken Stellung der Bent-Brüder und eine Umwälzung der Lebensverhältnisse auf den südlichen Plains.

Fort Bent verlor seine beherrschende Stellung am Santa Fe Trail. William Bent, der sich nach dem gewaltsamen Tod seines Bruders zeitweise in regelrechter Schockstarre befand, errichtete später weiter östlich ein neues Fort, das aber nie mehr an die Bedeutung des alten Postens anknüpfen konnte.

Der Einfluss der Familie Bent verfiel zusehends. Das Gleichgewicht auf den südlichen Plains zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen, das die Bents geschickt bewahrt hatten, geriet ins Wanken. Der Beginn des Goldrausches in Colorado in den 1850er Jahren spülte einen anderen Menschenschlag in die Region. William Bent wurde als „Squawman“ gebrandmarkt. Das grauenvolle Sand Creek Massaker, dem er und seine Kinder nur mit Glück entgingen, stellte eine Zäsur dar.

Meine Fotos zeigen Charles Bent, sein Haus in Taos, vor dem er erschlagen wurde, sowie die Grabstellen seiner Frau und seiner Kinder und das Fort, von dem aus die Brüder Bent jahrelang das südliche Colorado und das nördliche New Mexico sozial und ökonomisch beeinflussten.

Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, März 2018
Die kommende Ausgabe

 

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