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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Henry Derringer?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Henry Derringer?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Spätestens seit dem Attentat auf Präsident Abraham Lincoln im Ford’s Theater in Washington im April 1865 war der Name der Mordwaffe in aller Munde, „Derringer“. Der Erfinder dieser Taschenpistole war HENRY DERINGER (mit einem „r“), der am 26. Oktober 1786 – vor 234 Jahren – in Easton, Pennsylvania, geboren wurde.

Er war der Sohn des Büchsenmachers Henry Deringer Senior, der in Philadelphia hochgeschätzte Kentucky Rifles baute und sich schließlich Aufträge der US-Armee für die Fertigung von Musketen sicherte. Die Familie kam aus Deutschland. Henry Deringer Senior stammte vermutlich aus Thüringen – weder sein Geburtsort noch sein Geburtsdatum sind überliefert. Die deutsche Version seines Namens deutete seine Herkunft an, “Thuringer” – in der Neuen Welt wurde der Name amerikanisiert zu „Deringer“.

Auch sein Sohn sollte Büchsenmacher werden, da dieser Beruf in jenen Jahren ein sicheres Einkommen versprach. Also wurde der junge Henry nach Richmond (Virginia) zu einem anderen Büchsenmacher in die Lehre geschickt. 1806 kehrte Henry Deringer nach Ende seiner Ausbildung nach Philadelphia zurück. Anstatt in die Firma seines Vaters einzutreten, eröffnete er in der Tamarind Street seine eigene Werkstatt. 1810 heiratete er.

Von seinem Vater hatte er gelernt, dass vor allem Regierungsaufträge für eine sichere wirtschaftliche Grundlage des Geschäfts sorgten. Also bemühte er sich um Verträge mit den militärischen Beschaffungsbehörden für Pistolen, Musketen und Rifles. Hier waren die Muster vorgegeben. Es ging um handwerkliche Präzision, nicht um Kreativität. Es kam vor allem darauf an, dass die beauftragten Büchsenmacher zuverlässig, pünktlich und qualitativ gleichmäßig lieferten. Henry Deringer produzierte die Militärgewehre Modell 1814 und später Modell 1817. Für Pelzhandelsfirmen stellte er sogenannte „Trade Guns“ her, das waren einfache, robuste Gewehre für den Tauschhandel mit Indianern. Zugleich aber machte er sich einen Namen als Schmied für hochwertige, individuell gefertigte Jagdgewehre und Duellpistolen. Dieses Geschäft entwickelte sich so erfolgreich, dass er es sich leisten konnte, um 1845 keine Vertragsarbeiten der Regierung mehr anzunehmen.

Im Jahr 1825 hatte er bereits begonnen kleine, kurzläufige, großkalibrige Pistolen zu fertigen, die er selbst entworfen hatte. Zunächst entstanden diese handlichen Taschenwaffen, die bald im Volksmund seinen Namen tragen sollten, mit einem Steinschloss. Spätestens ab 1830 setzte Deringer serienmäßig Perkussionsschlosse ein. Die meisten dieser Waffen waren einschüssig, es entstanden aber auch Pistolen mit zwei übereinanderliegenden Läufen.

Deringer war ein leidenschaftlicher Handwerker, der sich nicht um Bürokratie kümmerte. Er beantragte niemals ein Patent für seine Pistolen, die ihm geradezu aus der Hand gerissen wurden. Der Erfolg erregte die Aufmerksamkeit anderer Büchsenmacher, die schamlos Kopien seiner Waffen herstellten und sie „Derringer“ nannten (mit Doppel-R geschrieben).

In jenen Tagen war das Kopieren von Waffendesigns gang und gäbe. Manche Büchsenmacher imitierten sogar die Stempel von Erfindern. Patentrechtliche Streitigkeiten wurden ständig vor Gericht ausgefochten. Henry Deringer hatte daran zunächst kein Interesse. Als die Kopien seiner Waffen überhand nahmen und ehemalige Lehrlinge und Angestellte seiner Werkstatt, die sich selbständig gemacht hatten, nicht nur seine Designs nacharbeiteten, sondern auch seine Handwerkerstempel kopierten, begann auch er gegen die Hersteller dieser Duplikate zu klagen. Es gelang ihm zumindest, die Imitationen seiner Markenzeichen zu unterbinden.

Henry Deringer starb am 29. Februar 1868 im Alter von 81 Jahren in Philadelphia. Sein Name blieb ein Synonym für kurzläufige Taschenpistolen, auch nach seinem Tod und nach dem Ende der Perkussions-Ära. Die Firma COLT produzierte 3 Derringer-Modelle für Metallpatronen. Auch die Firma REMINGTON und die Waffenfirma SHARPS brachten ihre kurzläufigen Taschenwaffen unter diesem Namen auf den Markt.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die kommende Ausgabe

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