Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Bat Masterson im Januar 1876?
Wie war das mit Bat Masterson im Januar 1876?
: Heute eine kleine Erinnerung an eine eher nachrangige Episode des „Wilden Westens“, die allerdings wegen der Hauptperson bemerkenswert ist: Am 24. Januar 1876 entging BAT MASTERSON, ehemals Armeescout, Sheriff des Ford County (Kansas) in Dodge City und Deputy US Marshal, knapp dem Tode.
An diesem Tag kam es in dem kleinen Nest Sweetwater in Texas, damals eine wilde, verrufene Siedlung von Büffeljägern, die heute den Namen Mobeetie trägt – die heutige Stadt Sweetwater hat mit diesem Ort nichts zu tun –, zu einer Schießerei, bei der zwei Menschen ums Leben kamen.
Die Vorgeschichte: Am Abend jenes Tages saß Bat Masterson in einer Pokerrunde im „Lady Gay Saloon“, einem Etablissement das von Billy Thompson, dem Bruder des berüchtigten Revolvermannes Ben Thompson, betrieben wurde. Zu den am Spieltisch versammelten Männern gehörte ein Corporal aus dem nahegelegenen Fort Elliott namens Melvin A. King.
Masterson hatte Glück an diesem Abend. Er gewann die meisten Spiele und nahm den anderen ihr Geld ab. Seine Laune wurde immer besser, die von Corporal King sank unter den Gefrierpunkt. (Kings richtiger Name stellte sich später als Anthony Cook heraus.)
Offenbar hatte King ein Auge auf eines der Saloon-Girls geworfen: Mollie Brennan. Mit dem Dahinschwinden seiner Barmittel hatte er auch keine Chance mehr, die junge Frau einzuladen. Mollie hatte anscheinend ohnehin stärkeres Interesse an Bat Masterson, der hübschen Frauen nie abgeneigt war.
Mollie Brennan war ihm vermutlich aus Kansas bekannt. Sie stammte aus Denison (Texas) und war als Prostituierte und Tanzhallengirl durch die wilden Rinderstädte von Kansas gezogen. In Ellsworth hatte sie 1872 den Saloonkeeper Joe Brennan geheiratet. 1873 war sie mit dessen Bruder nach Texas geflüchtet, nachdem ihr Liebhaber mit dem Tod des Sheriffs in Verbindung gebracht wurde.
In Sweetwater fand sie Arbeit in der Tanzhalle von Charlie Norton. Am Abend des 24. Januar 1876 hatte sie frei und hielt sich im „Lady Gay Saloon“ auf, wo Masterson mit ihr anbandelte.
Nachdem Corporal King die Pokerrunde frustriert verlassen hatte, endete das Spiel sehr bald, und Masterson und Mollie verließen den Saloon, begaben sich zur Tanzhalle von Norton – und dann auf Bats Zimmer.
Wenig später klopfte es an die Tür. Bat Masterson öffnete – und der angetrunkene, wutschnaubende Corporal Melvin King drang mit gezogenem Revolver ein und richtete die Waffe auf Masterson.
Nach dem ersten Schuss, der Masterson in den Unterleib traf, warf sich Mollie Brennan zwischen die Männer. Masterson sagte später – und die Legende hat das gnädig fortgeschrieben – sie habe ihm das Leben gerettet. Das war zweifellos richtig, aber vermutlich wollte Mollie sich einfach nur selbst in Sicherheit bringen. Statt aus der Schusslinie zu gelangen, traf sie die zweite Kugel Kings tödlich.
Bat Masterson gelang es noch, obwohl schwer getroffen, seinen Revolver zu ziehen. Er traf King ins Herz. Der herbeieilende Arzt stellte den Tod fest und war sicher, dass auch Mollie und Masterson die Nacht nicht überleben würden. Mollie starb tatsächlich wenig später, Bat Masterson aber überlebte..
In der lokalen Zeitung, den „Denison County News“, hieß es am 10. Februar: "Es wird berichtet, dass am vergangenen Sonntag in der Siedlung am Sweet Water ein Schusswechsel stattgefunden hat, bei dem ... Corporal King, Co. H, 4. US-Kavallerie und Molly (sic) Brennan, ehemals eine Halbwelt-Schönheit aus Denison, getötet wurden. "
Mollie wurde auf dem örtlichen Friedhof bestattet. Es dauerte einige Wochen, bis Bat Masterson sich erholt hatte und wieder unbehindert laufen konnte. Er wurde wegen „Notwehr“ freigesprochen. Ein Jahr später, 1877, wurde er im Ford County (Kansas) zum Sheriff gewählt.
Trotz seines Rufs als „Revolvermann“, der im Laufe seines Lebens in zahlreiche Schießereien verwickelt war, war Corporal Melvin King vermutlich der einzige Mensch, den Masterson in seinem Leben in einer direkten Konfrontation Mann gegen Mann erschossen hat.
Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de