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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit James B. Hume?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit James B. Hume?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Sicherheit ist bei Transporten von Menschen und Material und in unserem Alltag ein großes Thema. Es wird selten daran gedacht, dass diese Überlegungen eine lange Tradition haben und bis weit zurück in die Geschichte reichen. Daher basieren heutige Maßnahmen auf Strategien und Methoden, die schon vor weit mehr als 100 Jahren entwickelt wurden. Raub Mord und Totschlag sind keine neuen Phänomene, sondern gehören zur Geschichte der Menschheit.

In der wilden Pionierzeit Amerikas war die Sicherheit von Leib, Leben und Besitz von großer Bedeutung, um Existenz und Prosperität in einem unentwickelten Land an der Grenze zwischen Zivilisation und Wildnis möglich zu machen.

Am 18. Mai 1904 starb einer der bedeutendsten Vertreter von Recht und Gesetz in der amerikanischen Pionierzeit. Er wurde nie so berühmt wie Pinkerton oder Wyatt Earp, aber er hat entscheidend zur Sicherheit auf den amerikanischen Überlandstraßen und auf der Schiene beigetragen und damit einen Anteil geleistet, im amerikanischen Westen eine bürgerliche Gesellschaft zu errichten: JAMES B. HUME.

Er wurde am 23. Januar 1827 im Staat New York geboren, ein tatkräftiger, abenteuerlustiger Mann, der mit 23 Jahren sein Elternhaus verließ, um mit seinem Bruder in die Goldfelder von Kalifornien zu ziehen. Schnell wurde ihm klar, dass man mit Spitzhacke und Waschpfanne nur selten Reichtum gewinnen konnte. Also versuchte er sich mehr oder weniger erfolgreich als Verkäufer in einem General Store. Aber 1860 wurde er zum Deputy-Sheriff und Steuereinnehmer im El Dorado County gewählt. 1864 ernannte ihn die Stadtverwaltung von Placerville zum städtischen Polizeichef. Gleichzeitig wurde er Undersheriff vom El Dorado County. Er hatte seine Bestimmung gefunden.

Nur ein Jahr später kandidierte er selbst für das Sheriffsamt und wurde gewählt. Er blieb Polizeichef des Counties bis 1870. Ein Jahr später erhielt er das Angebot, als Sicherheitschef für die Wells-Fargo Bank- und Transportgesellschaft zu arbeiten. 1872 wurde er für ein Jahr beurlaubt, um als stellvertretender Direktor des Zuchthauses von Nevada zu arbeiten.

In all diesen Jahren machte sich James B. Hume als entschiedener, unbestechlicher Vertreter von Recht und Gesetz einen Namen und erwarb sich hohe Achtung, ohne sich in der Öffentlichkeit besonders hervorzutun. Er war kein „Gunslinger“, kein Mann des schnellen Colts. Er war zwar in den wilden Pioniergebieten mit dem Geist des Faustrechts aufgewachsen, aber er zeigte bereits alle Eigenschaften eines „Kriminalisten“, der Recht und Gesetz nicht mit physischer Gewalt, sondern mit Intelligenz durchsetzte. Dabei schreckte er keinesfalls vor dem Einsatz von Gewehr und Revolver zurück. Er organisierte Aufgebote und Menschenjagden auf dem Pferderücken, aber das war immer nur die letzte Konsequenz. Und er legte Wert darauf, dass das Gesetz formalisiert wurde, dass die Räuber, die er stellte, vor ordentlichen Gerichten landeten und keinem unkontrollierten Lynchmobs in die Hände fielen. Strafjustiz war für ihn keine populistische Option, sondern folgte den Regeln eines geordneten Staates.

Er sorgte dafür, dass die Postkutschenüberfälle drastisch zurückgingen, indem er das Sicherheitspersonal aufstockte und ausbildete. Er entwickelte effektive Strategien gegen Eisenbahnüberfälle und für die Sicherheit von Geld- und Goldtransporten.

Im April 1884 heiratete er. Aus der Ehe ging ein Sohn hervor, Samuel James Hume, der einer der frühen bekannten Theater- und Filmregisseure wurde und erst 1962 starb.

Trotz seiner öffentlichen Ämter blieb Hume immer Sicherheitschef der Wells-Fargo. Seine Arbeit für diese Firma endete erst mit seinem Tod. Er wurde nie entlassen und ging nie in Pension.

Zu seinen spektakulärsten Fällen gehörte die Serie von Postkutschenüberfällen von „Black Bart“, dem räuberischen Dichter, der nach jedem Raub ein dilettantisch geschriebenes Gedicht hinterließ, in dem er sich über die Sicherheitsbehörden lustig machte.

Hume folgte persönlich den Spuren von Black Bart, sammelte alle verfügbaren Informationen. Die Überfallserie begann 1875. Am 3. November 1883 stoppte Bart die Postkutsche von Sonora nach Milton. Es war der 28. Kutschenüberfall. Der Kutscher schlug ihn in die Flucht. Ein blutgetränktes Taschentuch führte Hume auf die Spur eines gewissen Charles Boles oder Bolton in San Francisco, einem gebürtigen Engländer, der bei seinen Überfällen immer besondere Höflichkeit an den Tag gelegt hatte. Er wohnte in einem kleinen Hotel in der Second Street, gar nicht weit von James Humes Büro. Konfrontiert mit den Beweisen, gestand er.

Humes letzte Jahre waren von Krankheit überschattet. Er lebte mit seiner Familie in einem Haus in Berkeley, Kalifornien, wo er am 18. Mai starb. Polizeihistoriker preisen ihn als einen kreativen, entschiedenen, ruhig und überlegt arbeitenden Mann ohne lautstarke Effekte, aber mit großer Wirksamkeit, Intelligenz und sehr fortschrittlichen Methoden wie etwa Ballistik, Fingerabdrücken und anderen Elementen kriminalistischer Spurensicherung.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die aktuelle Ausgabe

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