Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Ronco?
: Mitteilung bzgl. RONCO in eigener Sache!
Nachdem mich in den letzten Tagen, Aufgrund der Ankündigung der kommenden Bände von RONCO, wieder einige Anfragen erreicht haben, möchte ich heute öffentlich darauf eingehen, da jede individuelle Antwort enorm viel Zeit kostet, die ich nicht habe. Daher ein Paar Erläuterungen, die hoffentlich gelesen werden.
Ich war etwa 21 Jahre alt, als ich die Konzeptredaktion der Serie RONCO – DER GEÄCHTETE übernahm. Das war eine enorme Aufgabe und Verantwortung für einen so jungen Mann. Der Chefredakteur, Kurt Bernhardt, war mit dem Start der Serie völlig unzufrieden. Er wollte frische Ideen. Er ließ mich ein paar Muster-Exposés schreiben – und eine Woche später war ich der „Kopf“ von RONCO. Von den insgesamt 493 Romanen, schrieb ich für ca. 400 die Konzepte.
Dann kam urplötzlich das „Aus“, weil der Verlag mit anderen Projekten in die Schieflage geraten war und sparen musste. Das bedeutete das Ende für alle Serien, die vergleichsweise teuer waren. Wir hatten zwar um die 100.000 Stück Auflage, aber bei RONCO wurden die höchsten Honorare im Western-Sektor gezahlt.
Für die damalige RONCO-Gemeinde und auch für die heutigen Sammler ist diese Entscheidung noch immer schmerzhaft.
Sammler sind ein liebenswertes Völkchen – ich gehöre selbst dazu, allerdings sammle ich indianische Handwerkskunst und Pionierzeit-Memorabilia. Für Menschen wie uns sind nackte Zahlen selten entscheidend..
RONCO und alle Romanserien der damaligen Zeit, waren aber für die Verlage lediglich Geschäftsobjekte. Das muss man akzeptieren. Wenn ein solches Objekt zu viel kostet, ist es nicht mehr rentabel. Popularität hin oder her – dann ist es vorbei.
Auch für mich als Autor kam diese Entscheidung damals wie eine kalte Dusche. Ich schrieb die letzten Exposés; und ein paar Tage später saß ich schon an meinem ersten Roman für den MARKEN-Verlag. Es musste weitergehen.
Ich habe schließlich vom Schreiben gelebt. Zugegeben, RONCO war auch Leidenschaft und Freude, aber davon kann man nicht leben.
Das ist die Realität des freiberuflichen Arbeitens, von dem die meisten Leser nie etwas mitbekommen.
Ich sage ehrlich, dass es für mich immer wieder faszinierend ist festzustellen, dass Sammler über die Inhalte meiner Geschichten weitaus mehr wissen als ich selbst. Mein Alltag damals war: Schreiben, Konzipieren, Schreiben, Leserpost beantworten, die Kontaktseite (das RONCO-Forum) zusammenstellen, dafür Artikel schreiben, und dann wieder Konzipieren und Schreiben. Ich habe immer nur nach vorn geschaut. Dinge, die ich erarbeitet hatte, habe ich zwangsläufig sofort abhaken müssen, sonst wäre ich nicht weitergekommen. Das war ein hartes, ein schnelles, ein diszipliniertes, ein forderndes Geschäft.
Eine lange Beschäftigung mit dem Produkt fand nicht statt. Ich habe zwar bei RONCO jahrelang buchstäblich in dessen Welt "gelebt", aber auch da ging es ständig weiter. Nie rückwärts.
Für Sammler häufig unverständlich, aber ich bin „Profi“, wie man so schön sagt. Ich lebe noch heute vom Publizieren und Schreiben.
So wie die meisten Menschen morgens zu ihrer Arbeit gehen, sitze ich jeden Tag am eigenen Schreibtisch; nur, dass ich meine Arbeitszeit selbst bestimme.
Nun kommen immer Anfragen, ob ich nicht die Geschichte RONCOS zu einem „richtigen Ende“ bringen, d. h. noch einen oder zwei RONCO-Romane mit „Abschlüssen“ schreiben kann.
Kurze Antwort: Ich kann es nicht.
1. Ich könnte nach über 40 Jahren vermutlich nur noch mit Schwierigkeiten einen Roman schreiben; denn ich bin seit Jahrzehnten auf Sachthemen konzentriert. Damals habe ich einen Roman mit ca. 210.000 Anschlägen (wie man damals sagte) in 4, maximal 5 Tagen geschrieben. Das kriegte ich heute gar nicht mehr hin. Das Problem ist auch – ich weiß inzwischen zu viel über die tatsächliche Welt im amerikanischen Westen. Das kann ich nicht ausblenden.
2. Wer bezahlt mir das? Damals konnten mich die Verlage entsprechend der hohen Auflage angemessen entlohnen. Ich lebe immer noch von meinen Einkünften als Autor; jetzt auch als Verleger, Vortragsredner und Reiseunternehmer. Keiner der kleinen Verlage, die heute die nostalgischen Neuauflagen machen, könnte mein Honorar bezahlen, geschweige denn, die Kosten dafür wieder hereinholen. Die Neuauflagen erreichen wenige Hundert Exemplare und bringen dann noch etwas über die eBook-Versionen. Das funktioniert geschäftlich nur über eine Art "Massenproduktion" verschiedener Genres, aber nicht mehr mit einem Einzelroman, einem Einzel-Western – und sei die Serie noch so populär.
Das habe ich den Fragestellern schon in der Vergangenheit häufiger erläutert. Aus reiner Lust am Thema kann ich kein Manuskript schreiben, dass mich womöglich zwei oder drei Wochen beschäftigt.
Es ist also zum einen nicht finanzierbar, zum anderen bin ich mit Arbeit zugedeckt. Ich schreibe regelmäßig Fachartikel für Zeitschriften, die termingebunden sind. Die Produktion meines Magazins nimmt mich voll in Anspruch, da ich faktisch "alles" mache: Redaktion, Übersetzungen, Artikelschreiben, Illustration, Layout. Ich habe einige Sachbuchpläne. Für den späten Herbst sind gerade die Anfragen für 2 größere Vorträge hereingekommen, die ich vorbereiten muss. Mit großem Aufatmen habe ich soeben die Korrekturarbeiten an den 4 nächsten RONCOS, 1 LOBO und 1 weiteren Western beenden können.
Ich werde auch hoffentlich bald wieder meine Reiseunternehmungen aufnehmen können. Das ist ja kein "Urlaub", wie das manche Menschen ahnungslos glauben, sondern Schwerstarbeit; ich hatte 2020 allein über 500 Hotelzimmer gebucht, die ich dann alle stornieren musste - aber diese Buchungen stehen mir jetzt wieder bevor. Und in den USA fahre ich dann manchmal über 10.000 km mit der Verantwortung für 8 Leute im Rücken und ständigen Erklärungen und Übersetzungen, auf die ich mich auch vorbereiten muss. Ich kann nicht einfach "mal so nebenbei" einen Roman schreiben, der gründlichst konzipiert werden müsste und für den ich nicht mal ein angemessenes Entgelt bekommen würde.
So sehr ich die Wünsche der Sammler verstehe, aber man muss akzeptieren, dass die Zeit nicht stehenbleibt und auch nicht zurückkehrt. Im Frühjahr 2022 enden die „RONCO-Tagebücher“. Dabei wird es bleiben, obwohl ich feststelle: Ich bin RONCO tiefer verbunden als ich es damals in der Hektik der Tagesproduktion selbst gemerkt habe. Wenn ich die Bearbeitungen der „Tagebücher“ mache, kommt auch bei mir Nostalgie auf. Ich fühle mich sehr geehrt, aber die heutige Realität lässt keinen Raum dafür.
Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de
Kommentare
Schade, aber so ist es nun mal.