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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Mangas Coloradas?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Mangas Coloradas?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Er gehörte zu den bekanntesten Apachen-Häuptlingen der Geschichte. Neben Geronimo und Cochise prägte er das Bild der führenden Männer der Völker des amerikanischen Südwestens, die sich der weißen Kolonisation mit großer Kraft entgegenstellten: MANGAS COLORADAS.

Am 18. Januar 1863 Jahren – ist er auf grauenvolle Weise ermordet worden; bis heute unvergessen.

Mangas Coloradas war unter mehreren Namen bekannt. In seiner eigenen Sprache hieß er „La choy Ko-kun-noste“. Die Spanier nannten ihn „Mangas Coloradas“, auf Englisch hieß er „Red Sleeve“ („Rotärmel“). Ein weiterer Name lautete „Dasoda-hae“, was etwa bedeutete „Er sitzt hier“.

Geboren wurde er im Jahr 1793. Er gehörte zur Gruppe der Mimbrenos. Er wuchs am Rio Grande im Südwesten des heutigen Staates New Mexico auf. Eine seiner Töchter heiratete den noch berühmteren Chiricahua-Häuptling Cochise. Er war auch der Schwiegervater des Mimbreno-Chiefs Victorio und des Mescalero-Häuptlings Caballero (Kutu-hala). Seine große Familie stellte eine starke Führungsschicht dar, die mehrere Apachengruppen vereinigte.

Als Mangas ein junger Krieger war, lagen die Apachen in ständigem Kampf mit den Mexikanern. Das war in den 1820er und 1830er Jahren, als die mexikanische Verwaltung Skalpprämien auf Apachen ausschrieb.

1837 wurde der Führer der Coppermine-Mimbrenos, Juan José Compa, von Skalpjägern getötet. Mangas Coloradas stieg danach zum Kriegshäuptling auf und führte die hasserfüllten Krieger gegen mexikanische Farmen und gegen die Bevölkerung der kleinen Minenstädte. Erfolgreich belagerte und vernichtete er Santa Ria und vertrieb die Mexikaner, die während ihrer Flucht größtenteils niedergemacht wurden. Mangas blieb 25 Jahre lang der unumstrittene Anführer der Coppermine Mimbrenos. Er muss eine charismatische Gestalt gewesen sein. Bei jedem, dem er begegnete hinterließ er einen bleibenden Eindruck. Für einen Apachen-Mann war er sehr groß und kräftig, nach Augenzeugenberichten ca. 1,95 m.

Als 1846 der Krieg zwischen den USA und Mexiko ausbrach, offerierte Mangas den Amerikanern die militärische Unterstützung seiner Apachen. Er unterschrieb im selben Jahr einen Friedensvertrag mit den Amerikanern und war bereit, mit seinen Kriegern an der Seite der US-Truppen gegen die verhassten Mexikaner zu ziehen. Allerdings strömten im Gefolge der Armee Gold- und Silbersucher ins heutige New Mexico, die sowohl die mexikanische Bevölkerung als auch die Apachen vertreiben wollten. Als in den Pinos Altos Mountains Edelmetalle entdeckt wurden, kam es zum offenen Konflikt.

Als der mexikanische Krieg 1848 endete und es zu Friedensverhandlungen zwischen den USA und Mexiko kam, fühlten die Apachen sich betrogen. 1851 gab es neue Verhandlungen zwischen den Apachen und den Amerikanern, den neuen Herren. Das Resultat war ein eher unbehaglicher Frieden, der aber eine gewisse Stabilität hatte. Das änderte sich 1860. Im Dezember jenes Jahres griffen 30 Goldsucher ein Lager der Bedonkohes am Mimbres River an. Sie töteten 4 Indianer, verwundeten weitere Männer und verschleppten 13 Frauen und Kinder. Damit war der Friedensvertrag für Mangas Coloradas obsolet. Er begann eine Reihe von Vergeltungsfeldzügen. 1861 wurde das Lager von Mangas in der Nähe von Pinos Altos von Goldsuchern überrascht. Mangas geriet in Gefangenschaft, wurde an einen Baum gebunden und fast zu Tode gepeitscht, wie Geronimo später berichtete.

Damit war der Frieden gebrochen und es kam zu ununterbrochenen Kriegshandlungen. Die Apachen fühlten sich immer wieder getäuscht, wie Cochise in der sogenannten „Bascom Affäre“, bei der Cochises Bruder und fünf weitere Krieger gehängt wurden. Cochise und Mangas vereinigten ihre Krieger zu einem gnadenlosen Krieg gegen die Amerikaner.

Bei einem dieser Feldzüge wurde Mangas von einem Schuss in die Brust verwundet. Im Sommer 1862 litt er noch immer unter seiner Verletzung und schickte einen Boten zur Armee, um zu verhandeln. Im Januar 1863 kam es zu einem Treffen mit Offizieren in Fort McLane in New Mexico. Ihm war zuvor sicheres Geleit und bei Abschluss eines neuen Friedensvertrages Versorgung für seine Apachen versprochen worden.

Nach Angaben von Zeitzeugen und amerikanischen Historikern hatten die beteiligten Offiziere allerdings niemals vor, Frieden mit den Apachen zu schließen. Diese Indianer wurden als unbezähmbar und kriegslüstern angesehen. Als Mangas mit einer weißen Fahne ins Fort ritt, wurde er von Brigadegeneral Joseph Rodman West empfangen und sofort unter Arrest gestellt. Es gab keine Verhandlungen. General West erklärte den Posten am Wachhaus: „Dieser alte Mörder ist bis jetzt jedem Armeekommando entwischt und hat auf der alten Postkutschenroute eine 500 Meilen lange Blutspur hinterlassen. Ich will ihn morgen früh tot sehen. Versteht ihr? Ich will ihn tot sehen.“

Die Wachtposten verstanden nur zu gut. Sie hatten jetzt einen Freibrief für Mord. Sie erhitzten ihre Bajonette über einem Feuer rotglühend. Dann holten sie Mangas Colorados aus seiner Zelle, fesselten ihn an in den Boden geschlagenen Pflöcken und folterten ihn mit den glühenden Bajonetten bis er starb. Sie behaupteten später, er habe zu fliehen versucht und sei „auf der Flucht erschossen“ worden. Dann schnitten sie ihm den Kopf ab und kochten ihn. Den Schädel schickten sie an einen Phrenologen (Schädelkundler) in New York, der später eine Analyse über den Schädel von Mangas in einem Buch veröffentlichte. Er unterhielt eine Art Galerie, in der der Schädel öffentlich ausgestellt wurde. Seither war er verschwunden.

Als die Apachen davon erfuhren, stieg ihre Erbitterung ins Unermessliche. Es war nicht nur der Verrat, der ihre Rache herausforderte. Die Tatsache, das Mangas enthauptet worden war, verhinderte nach ihrer Religion seinen Einzug in die jenseitige Welt. Die Folge war ein von Cochise geführter erbitterter neunjähriger Krieg in Arizona und der Sonora.

Angeblich wurde der Schädel von Mangas wieder gefunden und 1990 an seine Familie zurückgegeben. Aber der fragliche Schädel trug keine Beschriftung. Jedenfalls kostete dieser unglaubliche Verrat sehr vielen Menschen das Leben.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die aktuelle Ausgabe

Kommentare  

#1 matthias 2022-01-25 21:00
Mangas Coloradas taucht bei Kuegler (schrieb als John Grey) in den ersten Teilen von den RONCO Jugendabenteuern auf.
Sehr gut geschrieben!

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