Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Frederick William Benteen?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Frederick William Benteen?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 24. August 1834 wurde einer der vielleicht bekanntesten Kavallerieoffiziere der USA geboren. FREDERICK WILLIAM BENTEEEN. Ob dieser Ruhm gerechtfertigt war, sei einmal dahingestellt. Am 25. Juni 1876 kommandierte er die Kompanien D, H und K der 7. US-Kavallerie und schließlich auch das Bataillon mit den Kompanien A, G und M, die eigentlich unter dem Kommando von Major Marcus Reno standen, der aber völlig die Kontrolle über die Situation verloren hatte.

Benteens Rolle blieb umstritten, obwohl er bei der Verteidigung des Reno-Hügels die Nerven behielt und vermutlich dazu beitrug, dass die hier kämpfenden Soldaten die Schlacht zu einem großen Teil überlebten. Er hatte kurz vor G. A. Custers Zusammenprall mit den Kriegern der Lakota, Cheyenne und Arapaho dessen Notiz erhalten, schleunigst mit Munition zu kommen und sich Custers Kompanien anzuschließen. Benteen tat nichts dergleichen Bis heute verursacht dieses Verhalten Kontroversen. Als Benteen dann mit Reno zusammentraf, der unter großem Druck der angreifenden Indianer stand, dachte er auch nicht daran, Custer zu Hilfe zu eilen.

Es wird noch immer darüber diskutiert, ob er und Reno sich so verhielten, weil sie Custer verabscheuten, oder ob ganz rationale militärische Gründe die Ursache waren. Weder Reno noch Benteen hätten Custer retten können. Sie hätten sich wahrscheinlich selbst der totalen Vernichtung ausgesetzt.

Frederick Benteen wurde in Petersburg (Virginia) geboren. Die Familie stammte väterlicherseits aus Holland und hatte zunächst in Maryland gelebt. Benteen erhielt eine gute schulische Bildung. 1849 zog die Familie nach St. Louis (Missouri).

Bei Ausbruch des Bürgerkrieges zwischen Nord und Süd spaltete sich nicht nur das Land, sondern auch Familien. Davon wurden die Benteens nicht verschont. Benteens Vater neigte der Konföderation zu. Frederick Benteen aber meldete sich am 1. September 1861 zur Unions-Armee. Er wurde als 1st Lieutenant in die 1. Missouri-Freiwilligen-Kavallerie aufgenommen. Er nahm an der Schlacht von Wilsons Creek im August 1861 teil, der nach Bull Run zweiten bedeutenden Schlacht des Krieges, bei der die deutschen Regimenter unter General Siegel kämpften.

Benteen sah eine Reihe von Gefechten während des Bürgerkrieges. Sein Einsatz war offensichtlich einwandfrei, denn er wurde mit Brevet-Rängen zum Major und schließlich zum Lieutenant Colonel befördert. In diesem Rang führte er die 10. Missouri-Kavallerie.- Am 30. Juni 1865 wurde er ehrenvoll ausgemustert.

Kurz danach wurde Benteen zum Colonel befördert und übernahm die Führung des 138. Infanterie-Regiments der farbigen Truppen. Diese Position behielt er bis zum 5. Januar 1866, als diese Einheit entlassen wurde. Inzwischen war die US-Armee neu organisiert worden. Benteen wurde 1866 mit dem Full Rank eines Captains der 7. US-Kavallerie versehen.

Er trat seinen Dienst im Januar 1867 an und übernahm das Kommando über Kompanie H. Sein direkter Vorgesetzter war Lieutenant Colonel George A. Custer. Am 30. Januar 1867 stellte er sich Custer vor und behauptete später, ihn vom ersten Moment als „Großmaul“ durchschaut zu haben. Ebenso wie Major Reno empfand Benteen es als Degradierung, Custer als Offizier untergeordnet zu sein. Die Eifersucht und der Hass, den er hegte, wuchsen im Laufe der Jahre und sorgten für unauslöschliche Spannungen im Führungsstab des Regiments.

Im Juli 1867 führte Benteen eine Eskorte für den Indianeragenten bei Fort Larned (Kansas). Am 13. August griffen Cheyenne eine Patrouille von 30 Soldaten unter Benteens Kommando am Elk Horn Creek an, Er schlug die etwa 50 Krieger in die Flucht und entdeckte kurz darauf ca. 200 Cheyenne, die eine Ranch attackierten. Benteens Aktion galt als erster Sieg der 7. Kavallerie und brachte ihm die Brevettierung zum Colonel ein, vermutlich zum Missvergnügen Custers.

Am 13. Oktober rettete Benteen mit einer Patrouille einen militärischen Waffentransport vor dem Angriff von Cheyenne-Kriegern.

Der Departmentskommandeur Phil Sheridan, plante aufgrund der ständigen Attacken einen Winterfeldzug, um die hochmobilen Kriegerbanden in ihren Dörfern zu schlagen, ihre Vorräte und Wohnstätten zu verbrennen und ihre Pferdeherden zu vernichten. Dazu setzte er im November 1868 die 7. Kavallerie ein, weil er sich auf die Durchsetzungskraft Custers verließ.

An 23, November 1868 verließen 11 Kompanien der 7. Kavallerie Camp Supply und zogen zum Washita River. Vier Tage später umrundeten die Reiter das Cheyennelager am Washita und begannen einen vernichtenden Angriff, obwohl es sich um das friedliche Camp von Chief Black Kettle handelte.

Bei dem Angriff stieß Benteen auf den halbwüchsigen Sohn von Black Kettle, der seinen Revolver auf ihn abfeuerte. Benteen wollte das Leben des Jungen schonen, aber der junge Krieger hatte wohl die Bilder vom Sand-Creek-Massaker von 1864 im Kopf und feuerte mehrfach mit einem Revolver auf Benteen, der ihn schließlich tötete.

Nach der Schlacht verfolgte der junge Major Elliott mit 19 Reitern flüchtende Krieger. Die Patrouille und der Major wurden plötzlich von Cheyenne umringt und niedergemacht.

Benteen schrieb später einen Brief an einen Freund, der auf seltsame Weise in die Hände eines Redakteurs der Zeitung „St. Louis Democrat“ geriet. Darin behauptete er, Custer habe Elliott im Stich gelassen. Diese Affäre führte beinahe zu einem Duell zwischen Custer und Benteen. Seither herrschte bittere Feindschaft zwischen den beiden Offizieren.

Zur nationalen Bekanntheit brachte es Benteen in der „Centennial Campaign“, als die 7. Kavallerie das Sonnentanzlager der Lakota, Cheyenne und Arapaho am Little Bighorn erreichte. Am 25. Juni 1876 teilte G. A. Custer das Regiment. Benteen sollte an der linken Flanke ein mögliches Ausbrechen der Indianer verhindern. Nach zwei Stunden schwenkte Benteen wieder auf den Weg der Hauptkolonne ein. Hier traf ihn der Trompeter John Martin mit der Botschaft von Custer. „Kommen Sie schnell. Großes Dorf. Bringen Sie Munition!“ Die als Nachhut folgende Kompanie B mit dem Tross tauchte nicht auf, also ritt Benteen weiter und traf auf die Reno-Truppe, die sich auf einem Hügel oberhalb des Flusses verschanzt hatte. Hier empfing Reno ihn mit den Worten: „Um Gottes Willen, Benteen, bleiben Sie mit Ihrem Kommando hier und helfen Sie mir. Ich habe die Hälfte meiner Männer verloren!“

Niemand wusste genau, was mit Custers Haupttruppe passiert war. Die Kompanieführer diskutierten, ob sie in die Richtung des Gefechtslärms ziehen sollten, um Custer zu helfen. Captain Weir ritt mit seiner Einheit eine Meile. Er sah in großer Entfernung Staub und Pulverdampf. Benteen folgte ihm und entschied, wieder die Anhöhe zu besetzen, die später als „Reno-Benteen Hügel“ bekannt wurde. Hier befahl Benteen eine hufeisenförmige Verteidigungsformation. Unmittelbar danach begannen die indianischen Angriffe.

Während Major Reno panisch und unkontrolliert agierte, handelte Benteen kaltblütig und überlegt. Er hielt die Moral der Soldaten aufrecht und war während der Kämpfe ständig präsent. Am Morgen des 27. Juni tauchten die Truppen von General Alfred Terry und Colonel Gibbon auf. Der Kampf war vorbei – die Indianer waren verschwunden. Benteen und Sergeant Windolph ritten zum sogenannten „Last Stand Hill“ hinüber, wo Benteen einer derjenigen war, die die Leiche von G. A. Custer identifizierten. Ein Soldat der M-Kompanie sagte später: „Reno zeigte sich als völlig inkompetent und Benteen als gleichgültig.“

1879 kam es zu einer militärgerichtlichen Untersuchung. Hier sagte Benteen aus, dass es Selbstmord gewesen wäre, Custer zu Hilfe zu eilen. Es ist nicht unmöglich, dass in diesem Fall nicht nur die 5 Kompanien Custers, sondern das gesamte Regiment ausgelöscht worden wäre. Benteen sagte: „Wir befanden uns inmitten ihrer Heime und ihrer Feuerstellen (der Sioux). Ihre Medizin war stark, und sie kämpften für alles, was der gnädige Gott ihnen gegeben hatte.“

Benteen nahm 1877 am Nez-Perce-Feldzug teil. 1882 erhielt er den Rang eines Majors in der 9. Kavallerie (Buffalo Soldiers). 1887 musste er sich wegen Trunkenheit vor einem Militärgericht verantworten. Seine Suspendierung vom Dienst wurde allerdings 1888 aufgehoben. Am 7. Juli 1888 nahm Benteen seinen Abschied aus der Armee. Zu dieser Zeit plagten ihn bereits ein Rheumaleiden und Herzprobleme. Am 27. Februar 1890 wurde ihm noch der Brevetrang als Brigadegeneral verliehen.

Benteens Kinder starben alle sehr früh, bis auf Frederick Wilson Benteen, der 1873 geboren worden war und 1956 starb. Er war in die Fußstapfen seines Vaters getreten und brachte es bis zum Lieutenant Colonel der US-Armee.

Benteen erlag seinen gesundheitlichen Problemen am 22. Juni 1898. Er war 64. Bis zu seinem Tod bewahrte er sich seinen irrationalen Hass auf die Custers. Später wurden Briefe von ihm bekannt, in denen er mit harschen Worten noch Jahrzehnte nach Little Bighorn seinen Abscheu und seine Verachtung für George A. Custer und dessen Frau Elizabeth ausdrückte. Er liegt auf dem Nationalfriedhof von Arlington begraben.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die kommende Ausgabe

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.