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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit dem Vertrag von Medicine Lodge?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit dem Vertrag von Medicine Lodge?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Mehr als 500 Verträge wurden mit den Indianervölkern Amerikas geschlossen – alle wurden gebrochen.

Einer der bedeutendsten war der MEDICINE LODGE VERTRAG, der zwischen dem 21. Oktober und dem 28. Oktober 1867 unterschrieben wurde. Genaugenommen handelte es sich um 3 Verträge, die ihren Namen von Medicine Lodge in Kansas erhielten, in dessen Nähe die Verhandlungen stattgefunden hatten.

Sie basierten auf einem Auftrag der Regierung an die sogenannte „Indian Peace Commission“. Beteiligt waren die Völker der Kiowa, der Kiowa-Apache, der Comanchen, der südlichen Cheyenne und der Arapahoe.

Alle Beteiligten hegten die größten Hoffnungen für einen dauerhaften Frieden auf den südlichen Plains. Beteiligt waren nicht nur hochrangige Regierungsbeamte, sondern auch ehemalige Indianeragenten, die großes Vertrauen der Stämme genossen, wie Thomas Fitzpatrick, William Bent (Gründer von Bent’s Fort) und Kit Carson. Ferner bedeutende Offiziere wie Lieutenant General W. T. Sherman, General William S. Harney, General Alfred Terry. Aufseiten der Indianer standen prominente Häuptlinge wie Lone Wolf und Satanta (Kiowa), Black Kettle (Cheyenne), Little Raven (Arapaho), Ten Bears (Comanche). Der Schock des Sand Creek Massakers von 1864 steckte allen in den Gliedern, und auch die Regierungsvertreter äußerten die Meinung, dass es hoch an der Zeit war, die indianischen Völker „ehrenvoll und mit Respekt“ zu behandeln. Gute Vorsätze, aber Bürokratie und der Kongress in Washington sollte die hehren Ziele letztlich zunichtemachen.

Alle Beteiligten waren gewillt, feindselige Handlungen zu beenden und angemessene Reservationen für die Stämme festzulegen. Diese sollten im damaligen „Indian Territory“, dem heutigen Staat Oklahoma liegen. Miteinbezogen waren daher auch Vertreter von bereits hier lebenden Völkern, wie der Cherokee, die sich mit den Landzuweisungen einverstanden erklären sollten.

Die „Friedenskommission“ wurde von Nathaniel Taylor geleitet, dem Chef der Behörde für Indianerangelegenheiten. Er traf seine Kollegen im Juli 1867 in St. Louis, bevor er mit ihnen weiter nach Kansas zog und hier in Fort Leavenworth, Fort Harker und Fort Larned Quartier nahmen. Die hier gefassten Beschlüsse trugen bereits Konfliktstoff in sich, da bestimmte Indianergruppen als „feindlich“ und andere als „freundlich“ eingestuft wurden. Obwohl kenntnisreiche Berater zur Verfügung standen, wurden die indianischen Führungsstrukturen wieder übersehen, die Tatsache, dass es faktisch in keinem Volk Häuptlinge gab, die für alle Indianer sprechen konnten, so dass die Verhandlungen immer nur für bestimmte Gruppen geführt werden konnten, für andere aber nicht.

Die Medicine Lodge Region war ein traditionelles Zeremonialgebiet der meisten beteiligten Völker. Die eigentlichen Verhandlungen begannen am 19. Oktober 1967.

Es war auch den Indianern klar, dass die Reservationen in Oklahoma kleiner sein würden als ihre bisherigen Jagdgründe. Dafür sollten Versorgungslieferungen der Regierung einen Ausgleich bieten. Beispielsweise hatten sich die Kiowa und Comanchen bisher auf etwa 16 Millionen Hektar bewegt und erhielten nun eine Reservation von ca. 1,2 Millionen Hektar. Ihnen wurden allerdings jährliche Versorgungslieferungen von ca. 30.000 Dollar versprochen, sowie der Bau von einfachen Häusern und Schulen. Man einigte sich relativ schnell.

Ten Bears (Comanche) hielt eine beeindruckende Rede. Schon am 21. Oktober setzten die Häuptlinge der Kiowa-Apache ihre Namenszeichen unter die Dokumente. Am selben Tag folgen die Kiowa, Comanche und Plains Apache. Am 28. Oktober unterschrieben die anderen Stämme.
Was die Sache letztlich zum Scheitern brachte, war die Vereinbarung, das Dreiviertel der männlichen Indianer in jedem Stamm zustimmen musste, abgesehen von der parlamentarischen Zustimmung in Washington.

Da die beteiligten Häuptlinge nicht für alle Mitglieder ihrer Völker sprechen konnten, kamen diese Stimmen in den Stämmen nie zustande. Die Verträge erhielten daher niemals Rechtskraft.
Der Kiowa-Häuptling Lone Wolf verklagte namens der Kiowa, Comanche und Apache den Innenminister der USA wegen Betrugs. Das Verfahren wurde 1903 vom Obersten Bundesgericht zurückgewiesen. Die Begründung war, dass die vereinbarte Dreiviertelmehrheit der Indianervölker nicht zustande gekommen sei, die beteiligten Nationen somit selbst schuld an der Nichterfüllung gewesen seien.

Immerhin entschied das Gericht, dass der amerikanische Kongress die Möglichkeit gehabt hätte, diese fehlende Zustimmung der Stämme durch seine parlamentarische Macht zu übergehen. Aber das war auch nicht geschehen. Also waren die Verträge ungültig. Insgesamt entsprach das Urteil dem Geist der Zeit, wonach die Indianervölker als „Regierungsmündel“ angesehen wurden. Danach gab es einige Entscheidungen des Parlaments, die die Mitwirkung der Stämme ignorierten.

Nachdem den Indianernationen der USA in den 1920er Jahren die vollen Staatsbürgerrechte zugestanden wurden, erhoben sich die an den Verträgen beteiligten Völker erneut und klagten bis in die 1950er Jahre gegen den Staat. Jetzt ging es nicht mehr um die Rückgabe von Ländereien, sondern um finanzielle Entschädigungen. Tatsächlich gewannen die Völker die meisten ihrer Klagen und erhielten Kompensationen von Millionen von Dollars. Die Landansprüche aber verfielen.

Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, 22/4Die kommende Ausgabe

 

 

 

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