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Das Konservative und das Liberale - Vom Imperium zum kosmischen Zustand

1Das Konservative und das Liberale
Vom Imperium zum kosmischen Zustand

Die frühen Tage des Perry Rhodan waren festgefügt. Zuerst probte er am  ausgebauten Rechner der GOOD HOPE die Möglichkeiten der Menschheit in der Zukunft.Von vielen Milliarden Möglichkeiten wählte der Führer der Dritten Macht Einige aus, die ihm realistisch vorkamen. Welche es genau waren, erfuhr der Leser natürlich nicht. Auch mussten diese Extrapolationen an die realen Möglichkeiten angepasst werden.

Wie wir wissen, führte diese Realitätsanpassung dann zum „Solaren Imperium“, das, obwohl den imperialen Begriff im Namen führend, doch eine Demokratie war, da die Administratoren der meisten Siedlungswelten gewählt wurden. Auch der nach der Gründung des Vereinten Imperiums, dem Zusammenschluss mit Arkon und den Akonen verliehene Titel des Großadministrators an Rhodan, konnte das nicht verhehlen.

Dieser Titel wurde übrigens auch nach dem Zerfall des Vereinten Imperiums durch akonischen Verrat (was sonst damals?) als politischer Regierungschef des Solaren Imperiums beibehalten. Imperien waren seit Asimov und anderen Autoren der fünfziger Jahre (und früher) beliebt. Das Solare Imperium war aber wie Rom zur Republikzeit, wenn es auch bereits einen „Augustus“ gab, einen ersten Bürger.Die wirkliche demokratische Struktur des „Imperiums“ wurde nur selten aufgegriffen, wenn Rhodan Rechenschaft ablegen musste vor dem Solaren Rat  (etwa, weil er mehr Geld für die Flotte brauchte). Die Serie benötigte ja einen Helden an der Spitze, der die Menschheit ins Weltall führte. Kosmische Abenteuer sollten erzählt werden, politische Strukturen waren daher erst einmal unwichtig für die inneren Rahmenhandlungen.In den achtziger Bänden des MDI-Zyklus kam dann mit dem Band 285  „die dritte Waffe“ von Willi Voltz immerhin so etwas wie eine demokratische Beschreibung auf. Zitat PP:Am 3. April 2405 ist die Galaktische Gipfelkonferenz in der Solar Hall von Terrania geplant. 1039 regierende Administratoren von terranischen Kolonien und 228 amtierende Staatschefs anderer Sternenvölker sind geladen.

Wie man sieht, gibt es natürlich Konflikte und auch die armen Vertreter der Kolonialwelten werden im Verlaufe der Handlung nicht ganz koscher behandelt … aber der Humor von WiVo überspielt dann die Peinlichkeiten und natürlich kommt es zu einem spannenden Showdown und einem guten, lokalen Ende der Geschichte. Die Haupthandlung geht natürlich noch vierzehn Bände weiter bis zum großen Finale auf Tamanium.

Das Imperium hat also seine führenden Minister und Regierungschefs, die erstaunlicherweise durch die Jahrtausende immer wieder gewählt werden … aber vielleicht will der kosmische Bürger des Solaren Imperiums einfach Kontinuität und Ruhe an der politischen Front. Auch in der Realwelt wählt D-Land ja immer dieselben Kanzler für mehrere Legislautrperioden, weil der Bürger den Wechsel oder das neue scheut gegenüber dem Bewährten.Auch bei Rhodan gilt anscheinend: „keine Experimente“, hüstel. Die bleiben dann der Forschung unter Kalup und waringer vorbehalten.

Nach der Zerschlagung des Imperiums durch Willi Voltz kommt nach einigen kosmischen Abenteuern, die „Liga der freien Terraner“ zum Zuge, die schon deutlich mehr die Grundstruktur einer modernen Demokratie wie der echten Bundesrepublik in der Realwelt zeigt gegenüber dem Solaren Imperium.Es gibt immerhin den „ersten Terraner“, später den „Residenten“.Aber durch die erweiterte kosmische Struktur, durch den veränderten Zeitgeist und durch einige Autorenwechsel verändert sich auch die Perryserie. Der frühere Vorwurf, nur ein „Landser im Weltraum“ zu sein, kann im Laufe der Zeit wohl endgültig von ihr genommen werden als der Marsch durch die Institutionen auch beim Perry Rhodan ankommt und die frühen serienmacher, die noch von nazizeit, Krieg und Nachkriegszeit geprägt waren, langsam abgelöst werden von denen, die keine Not kennen und in der Demokratie mit all ihren Freiheiten von Anfang an aufgewachsen sind.

Deshalb hat die LFT am Anfang nicht einmal eine militärische Kampfflotte.Später wird diese (auch auf Drängen der Leser) wieder eingeführt, sozusagen die perryreale, moralische und waffentechnische  Wiederbewaffnung als Äquivalent zur Realwelt von D-Land. Aber dennoch: die frühe, konservative,Grundstuktur des Militärischen ist jetzt weg. Man duzt sich, immerhin gibt es Flottenränge und Befehlsketten. So etwas muss ja funktionieren, selbst die ach so freien Freihändler müssen, damit ihre Schiffe funktionierten, bereits tausend Jahre früher Befehlsketten einhalten vom „König“ über den „Fürsten“ bis zum niedrigen Dienstgrad des „Bauern“.Sonst funktioniert gar nix.Aber Hierarchien im Sinne einer  simulierten, freiwilligenFeudalordnung helfen natürlich den Freihändlern  dabei.

Von einigen Lesern wurde die neue Regierungsform der LFT hingegen zunächst abwertend als  „Liga freier Weicheier“ abgestempelt. Das war natürlich spöttisch gemeint, keineswegs ablehnend oder ehrenrührig. Es handelte sich um einen Versuch von Voltz, ganz ohne militärische Belange auszukommen, im Sinne seiner Denkweise.Die Leser lasen weiter ihren Perry. Bald gab es ja auch die Ko(s)mische Hanse, die sich ihrer „Karracken“ usw. rühmen konnte. Ein hilfloser und letzlich  vergeblicher Versuch, die großen Raumschiffsklassen umzubenennen, der nur zeitweise funktionierte.Auch die LFT bekam letzlich ihre Flotte zurück. Über die GAVÖK wurde auch das Galaktikum geboren, von dem bereits einst die Barkoniden träumten, von dem auch das frühe veriente Imperium bereits ein abglanz war, wenn auch von Humanoiden dominiert … und sogar im Schwarmzyklus gab es eine Konferenz der Immunen der galaktischen Völker, die allerdings, wie oft üblich bei derlei Konferenzen, kein Ergebnis brachte.

Noch später, im inneren Verlauf der Serie noch gar nicht so lange her, wurde die LFT dann in „Liga freier Galaktiker“ umnenannt. Wahrscheinlich überwogen bereits die nichthumanoiden Völker im freien, liberalen Kosmos der Liga. Solange keine Anrchie herrscht, jeder gehen kann, wann und wohin er möchte (von militärischen Sperrbereichen mal abgesehen), die Multikult-Gesellschaft wirklich erfüllt ist und nicht in Abkapselung von Subkulturen in fremdem Land endet wie in der Realwelt, solange sich jeder Galaktiker, auch ohne ordische Stele, an die Gesetze der Liga hält, ist alles gewährleistet.Ohnehin ist die Toleranz gegenüber dem Anderen, dem Fremden, dem Nichtmenschlichen (wie Scheer sagen würde) anders als heute zwischen den real existierenden Nationen … wenn sich natürlich auch hier in den letzten sechzig Jahren viel getan hat …insbesondere in Europa ... und  das ist zwar kein anderes Thema ... aber eine andere Rubrik.

Abschließend sei noch das intergalaktische Projekt von San erwähnt, mit dem Perry eine Allianz der Völker zumindest der lokalen Gruppe schmieden wollt zur kooperativen Zusammenarbeit im Sinne des Höheren, Ganzen zum Wohle aller Völker der lokalen Galaxien. Bis jetzt ist davon noch nichts wirklich konkret in der Serie thematisiert worden. Allzuviel Frieden ist wohl langweilig zu erzählen.

© 2019 by H. Döring

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