Phantasie oder Konvention! - Gibt es überhaupt neue Ideen in der Perry-SF?
Phantasie oder Konvention!
Gibt es überhaupt neue Ideen in der Perry-SF?
Nun, zur Verteidigung sei einmal gesagt, dass es auch in der phantastischen Literatur, nicht unbeschränkte Ideenrahmen gibt. Schließlich ist ein gewisser Handlungsrahmen automatisch durch die Themenbereiche der Serie vorgegeben. Einmal erschienen zwei Planetenroman-Taschenbücher über einen Planeten, auf dem es wirklich Magie gaB, die funktionierte. Natürlich musste eine solcher Welt sofort aus dem Standardkosmos entfernt werden, weil sie die Grundzüge der Serie konterkariert. Manchmal moniert der Leser gewisse Bezüge, die er dann fantasyartig nennt, wenn etwa neue Technologien beschrieben, aber(noch) nicht begründet werden.Aber Perry Rhodan ist in der reinen SF verankert. Deshalb mussten die beiden Romane auch aus dem Kanon „entfernt“ werden, da sie inhaltlich nicht in die Erzähllogik der Serie passten. Immerhin hatte sich der Autor da etwas getraut und die „vierte Wand“ etwas verschoben.Aber bleiben wir beim kanon der Serie. Noch immer liegt ihr das klassische Zwiebelschalenmodell zugrunde, von Voltz und Mahr eingeführt, dass die kosmischen Entitäten immer höher steigen, sich weiter entwickeln und in verschiedenen, hierarchischen Ebenen des Weltalls oder dahinter existieren.
Von Normalmenschen mit ihren Sternenreichen zu Superintelligenzen, Materiequellen oder -senken und Kosmokraten oder Chaotarchen reicht die Skala, die immerhin, was die Milchstraße betrifft, seit einiger Zeit ausgehebelt ist.Dann gab es da noch einen gewissen Thez --- aber das war in einem anderen Universum.
Kommen also neue Ideen, wird oft moniert, sie seien zu abgehoben. Bleibt man von offizieller Seite zu konventionell, wird einem Gewöhnlichkeit vorgeworfen.Seit Perry die AETRON auf dem Mond fand,wurden haufenweise neue Ideen entwickelt oder von außen aus anderer SF variiert, aufgenommen. Der Weltraum wird schließlich immer größer, nicht nur kosmisch-physikalisch gesehen durch die beschleunigte Expansion in der Wirklichkeit, sondern auch erkenntnistheoretisch im Perryversum. Kennt unser Held zuerst nur das Sonnensystem und dann die Wega, wird bald Arkon angeflogen und binnen vierhundert Jahren ist man drüben in M31, unserer Nachbargalaxie auch in der realen Welt. Dann wird das Weltbild der kosmischen Mächte weiterhin vergrößert; die Erweiterung geht mitunter über Milliarden von Lichtjahren bis zum Mahlstrom; neue Entitäten werden bekannt, von „einfachen“Superintelligenzen, die nur ein paar Galaxien beherrschen bis zu größeren oder höheren Wesen mit teils unbekannten Motivationen.
Fakt ist aber: der Perry wiederholt sich.Nicht direkt natürlich, immer ist eine Variation zu erkennen, aber die Ideenbreite scheint begrenzt zu sein. Beliebte Ideen werden des Öfteren wiederholend verwendet. Dadurch hat der Leser Wiedererkennungseffekte aber manchmal wirkt das Thema dann auch eher langweilig. Der Leser erwartet natürlich immer Neues, muss sich aber eben mit der Variation des bereits Bekannten zufriedengeben. Immerhin gelingt es dem Ideenteam und auch den ausführenden Autoren, im Kleinteiligen auf einzelnen Welten oft eine neuartige, fremde Gesellschaft darzustellen.Die Probleme im Großen, in den Ksmischen Bereich aber scheinen fast immer gleich zu bleiben: Bedrohungen durch andere Mächte, Invasionen der heimischen, hiesigen Galaxis durch fremde, überlegene Völker.All das wirkt dann mitunter überfrachtet, wenn man einmal zurücktritt und sich fünfhundert oder gar tausend Hefte auf einmal anschaut.Andererseits, woher sollen wirklich neue Ideen kommen?Man muss sich doch an den tatsachen der Pseudowirklichkeit entlanghangeln … es sieht eben so aus, als wäre alles von der Vorstellungskraft her schon ausgelutscht.
Endlose Raumflotten gab es ebenso wie diverse, parallele oder ähnlichartige Universen, Zeitreisen in Vergangenheit und/oder Zukunft, weite Fahrten in endlose Fernen usw. Kann es also gelingen, mit wirklich neuartigen Ideen aufzuwarten und den Leser prinzipiell noch einmal zu überraschen, der seit fast 2700 Heften dabei ist? Man wird sehen …
© 2020 by H. Döring
Kommentare
" … es sieht eben so aus, als wäre alles von der Vorstellungskraft her schon ausgelutscht. "
Nun, im Grunde steckt die Wahrheit bereits in diesem einen Satz. Denn die Jagd nach dem "völlig neuen" hat den Bogen eigentlich schon extrem überspannt. Schließlich hatte man ab einem gewissen Punkt unterhalb der ersten 1000 Hefte es aufgegeben, das vorhandene Potential so feinfühlig zu variieren, dass es spannend bleibt. An diese Stelle trat dann das immer höher und immer weiter Prinzip, welches die Serie allerdings auch nicht auf Dauer wirklich tragen dürfte.
Zitat:
"Aber Perry Rhodan ist in der reinen SF verankert. "
Ehrlich jetzt? Ist diese Aussage hinsichtlich der Serie nicht schon eher vergangene Geschichte? Fakt ist doch eher, dass PR längst ein Mix aus Elementen der SF und der Fantasy ist. Da würden heute doch selbst der Planet mit der realen Magie locker wieder ins Konzept passen. Denn etwas anderes sind die "höheren Wesen" doch eigentlich auch nicht als eine volle Breitseite purer Fantasy.
Es steht schon richtig im Artikel, dass der Rahmen an Ideen auch in der phantastischen Literatur und somit auch in der SF einer natürlichen Einschränkung unterliegt. Oder anders gesagt, was die "Vorstellungskraft" betrifft, ist wirklich bei PR eigentlich schon alles völlig ausgelutscht. Das ist wie bei einem Berg, den besteigt man auch nur so lange, bis man den Gipfel erreicht hat.
Ich halte nach wie vor das Zwiebelschalenmodell für den eigentlichen Todesstoß bei PR hinsichtlich der SF. Hierzu mal ein Beispiel: Bei STAR TREK ist so ein "höheres Wesen" wie Q eine Art Highlight, welches man jedoch mit sehr viel Bedacht und ebenso selten bemüht. Bei PR ist es die Superintelligenz ES gewesen. Das dann auch noch mit einem negativen ES eine zweite Superintelligenz auftauchte, nahm man in Sachen SF auch noch gerne mit. Aber dann gingen bei PR irgendwann die Gäule durch und man bekam es häufig mit weiteren Superintelligenzen zu tun und als die ausgelutscht waren, kamen die höheren Wesenheiten wie Kosmokraten und Chaotarchen, Hier machten sowohl Voltz als auch Mahr den Kardinalsfehler, immer höher ansteigende, gottgleiche Wesenheiten in die Handlung hinein zu schreiben, die mit der reinen SF eigentlich nicht mehr wirklich etwas zu tun haben. Und auch da dürfte die Spitze des Berges erreicht sein, denn danach dürfte nur noch das Kind kommen, welches mit einer Glasmurmel spielt, welches wiederum das gesamte Multiversum in sich vereinigt.
Selbst das man in PR es schaffte, die Nachbargalaxis Andromeda zu erreichen, nahm man damals noch gerne mit. Zum einen nähert sich diese Galaxis der unseren eh immer näher an und wird wohl irgendwann mit der Milchstraße sogar verschmelzen. Zum anderen war dies ein Highlight innerhalb der Serie. Heute jedoch bildet das Universum doch kaum noch eine unbekannte Grenze innerhalb der PR-Serie, womit wir z.B. bei den Laren wären, die aus den Tiefen des Kosmos kamen, um die Milchstraße im Sinne ihrer Superintelligenz zu beherrschen. Mal ehrlich, gäbe es eine solche Superintelligenz und deren Hilfsvölker mit solchen Möglichkeiten, welchen Sinn macht es da für diese, sich überhaupt noch mit der Milchstraße zu befassen? Da beißt sich bereits das Konzept eines Gegners mit weit höherer Technologie bei einer dafür eher rückständig zu nennenden Denkweise, die wohl auf dem barbarischen Niveau der Menschen des 20 Jahrhunderts stehen geblieben zu sein scheint (einschließlich der damals fremden Superintelligenz).
Mit diesen Voraussetzungen und dem Füllhorn von phantastischen Ideen über den Zeitraum von über 2000 Heften dreht sich die PR-Serie eigentlich nur noch im Kreis und variiert nur das bereits bekannte, indem man an den nicht mehr ungeschehen zu machenden Stellschrauben mal hier und mal da dreht. Da hatte man es leider verpasst, bei STAR TREK (zumindest ab THE NEXT GENERATION) zu lernen und hat statt dessen in jedem weiteren Zyklus immer kräftig in das Fass der Superlativen gegriffen, dessen Ideen sich allerdings schleichend immer mehr von der reinen SF entfernten. Und was das Fass dieser Superlativen betrifft, dürfte man bereits dabei sein, was neue Ideen betrifft, wohl schon am Boden die letzten Reste zusammenzukratzen.
Nun ja, mag daran liegen, dass es ja schon so einige Jährchen her ist, dass ich die besagten Hefte gelesen hatte, bevor ich dann irgendwann entnervt bei PR ausgestiegen bin. Aber ich meinte mich eher dunkel daran erinnern zu können, dass hinter den Laren, bzw. dem Konzil der Sieben auch irgendwie später eine Superintelligenz stecken sollte. Sollte ich da eventuell was durcheinandergeworfen haben, zumal ich auch in der Perrypedia hierzu nichts finde, dann Asche auf mein Haupt.
Allerdings machte es auch ohne eine Superintelligenz im Hintergrund für mich mehr als wenig Sinn, dass die Laren damals gezielt durch das schier unendlich erscheinende Universum rasen, nur um gezielt die Milchstraße in ihren Herrschaftsbereich zu bringen. Da hätte es logischer Weise wohl eine der vielen Galaxien im näheren Umfeld ihres Machtbereich eher getan.
Da ich die entsprechenden Hefte der Erstausgabe von damals aber auch längst nicht mehr habe, kann ich da leider auch nicht noch mal entsprechend nachschlagen, ob ich da was in dem Punkt durcheinander gebracht hatte. Denn in den Zyklus um Bardioc hatte ich ja auch später mal kurz reingelesen und hatte da jetzt im Eifer des Gefechts eventuell was durcheinandergeschmissen.
Wenn ja, dann ... Sorry.
www.perrypedia.de/wiki/Die_Letzten_der_Koltonen
Die Einstufung Voillocrons als SI ist möglich, aber strittig.