Hauptsache Masse - Die Edition Bärenklau
Hauptsache Masse
Die Edition Bärenklau und ihre eBooks
Seit einiger Zeit wird ja nun beschworen, dass die neue Chance des Heftromans im virtuellen Kiosk liegt, sprich in der Form des e-Book und den Vertrieb über das Netz. Kelter, Bastei und natürlich als Vorreiter Pabel sind ja auch dabei. Perry Rhodan wird dann auch zügig vermarktet und VPM macht das richtig gut. Aber natürlich fehlt bei VPM dann das Vollprogramm, dass mit Macht vorgestellt wird. Kelter macht Fortschritte und Sachen, die vom real existierenden Kiosk verschwinden laufen zum Teil als eBook weiter oder eben auch exklusiv als eBook. Bastei macht auch was. Aber deren Aktivitäten will ich mal nicht näher betrachten.
Bemerkenswerter als die Großen finde ich seit einiger Zeit aber einen anderen Verlag. Das ist die »Edition Bärenklau« von Jörg Marten Munsonius, der sich auch schon seit den Achtzigern (zunächst als Fan und Sammler) in der ›Szene‹ tummelt. Eines scheint man völlig verinnerlicht zu haben: Geld verdienen funktioniert in erster Linie über die Masse. Das war früher auch so. Als die Hefte nur 60 Pfennige kosteten und vielleicht 5 - 12 Pf. abwarfen musste es die Masse machen. Wenn denn nun 1 Mio. und mehr Hefte die Woche über den Tisch gingen, konnte man auch Geld verdienen.
Und so macht es nun - in adaptierter Form - die Edition Bärenklau. Sie bringen in schneller Folge Titel heraus. Dazu bedienen sie sich alter Heftromanen Serien wie den 320 PS Jim (der deutlich bessere Trucker-King, in dem ja unbedingt ein ›Dallas-Moment‹ hinein musste), Western von Werner Dietsch (Glenn Stirling), Romanen von Horst Hübner und mehr. Auch aus den USA werden Texte akquiriert (wenn da auch die einschläfernden Romane um die »Rote Sonja« von Smith & Tierney dabei sind, die schon in den Achtzigern Leser eingeschläfert haben als Heyne die sechs Bände publizierte). Aber ich sags mal so. Auch beim Heft hat es immer in der Masse der Publikationen Interessantes und auch kompletten Mist gegeben. Jeder konnte sich nach seinem Geschmack bedienen und der Gemischtwarenladen funktionierte. Als eBook hat diese Form auch gute Chancen, denn die einzelnen Texte verschwinden nicht wie beim Heftroman vom Markt und wird durch die Folgenummer ersetzt, sondern das eBook bleibt und ist auch über Monate, Jahre und Jahrzehnte abrufbar. So ist es hier von Vorteil Masse an die virtuellen Kioske zu bringen. Das ist der Transfer des einstigen Erfolgsmodells. Der Leser kann Lücken schneller schließen, als unsere Generation, die durch Antiquariate und über Flohmärkte mit fehlenden Nummern versorgen musste. Das ist an virtuellen Kiosken wie bei Amazon einfacher.
Aber im Grunde passiert da viel Richtiges. Es wird Masse zum erschwinglichen Preis an die virtuellen Verkaufsstellen gebracht. Man kann auch schon von einigen Titeln Druckversionen anfordern. Das Angebot wird für die Liebhaber von materiellen Lesestoff wohl auch noch ausgebaut. Und mag auch nur Kleinvieh über die virtuellen Ladentheken gehen, so macht dieses auch Mist. Sprich, wenn viel da ist, können Autoren und Verlag auch Geld verdienen. Zudem klebt der Verlag nicht nur an den alten Heften, sondern bringt dazu auch Sachen raus, die einst in Buch- und Taschenbuchform erschienen sind. Die Grenzen der Unterhaltungsliteratur verschwimmen. Alle Vorteile des eBooks werden genutzt. Die Diskriminierung des Heftromans findet in dieser Form ein Ende. Auch die Spannweite der bedienten Genres ist breit. Von der Schnulze bis zum Endzeitwestern, vom klassischen Horror bis zur SF reicht das Spektrum. Es ist alles da. Die »Edition Bärenklau« bedient da schon jetzt viele Facetten.
Man darf gespannt sein, wie sich dieser Verlag weiter entwickelt. Immerhin ist schon eins klar erkennbar. Der Verlag spezialisiert sich nicht, sondern gibt sich als Gemischtwarenladen. Andere Verlage, die das Heft wieder aufgelegt oder gar fortgeführt haben, sahen sich als Bewahrer und verlegen Sammlerausgaben, wollten das Heft quasi qualitativ erhöhen (was man auch gut und schlecht machen kann). Ein Vorgehen, dass zwar seine Berechtigung hat, aber letztlich nur auf einen ganz kleinen Leserkreis abzielt. Diese Verlage definieren sich aber im Grunde als Feinkost- und Spezialitätenhandlung. Das sorgt aber nicht für eine Breitenwirkung. Die »Edition Bärenklau« versucht es anders. Man präsentiert günstige Unterhaltungsliteratur, wie es der Heftroman am Kiosk in seinen besten Zeiten getan hat. Damit versucht man das alte Erfolgsrezept von Kiosk am Bahnhof auf die virtuelle Welt des Internets zu übertragen. Und ich denke man ist da auf einem Erfolgsweg. Ob es letztlich klappt wird die Zukunft weisen.
Ein paar Haare in der Suppe sind mir dann noch aufgefallen. Da viele der Texte von nicht unbedingt optimalen Vorlagen. Wer sich durch die Homepage klickt mag das Angebot etwas unübersichtlich und bilderlastig finden. Hier empfehle ich ein Relaunch mit ein bisschen mehr Ordnung mit kleineren Bildern und ein bisschen mehr Text.
Weiterhin ist das Marketing auf Facebook etwas nervig, wenn da geballt mehrere Titel vorgestellt werden hat das schon was von Spam und ich zum Beispiele bin etwas angenervt und neige dazu, diese Posts zu ignorieren. Auch da empfehle ich eigentlich: Weniger ist mehr.
Und zu guter Letzt ist festzustellen, dass - und diese Kritik findet sich immer wieder - dass Scanfehler nur ungenügend ausgemerzt werden. Da gibt es noch deutliches Potential zur Verbesserung.
Aber als Fazit kann man sagen, dass hier ein kleiner Verlag mal den ernsthaften Versuch unternimmt das Prinzip ›Heftroman‹ auf die Welt des eBooks zu übertragen. Das ist zur Zeit auch durchaus mehr Licht denn Schatten zu sehen. Man darf gespannt sein und den Weg verfolgen. Ich wünschen viel Erfolg.
Dazu haben wir »ein Gespräch mit Jörg Martin Munsonius über Bärenklau, Masse und Fehler« geführt. Dabei wird der Verleger von Alfred Wallon und Christian Dörge unterstützt.
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