Findet uns gefälligst! - Selfpublisher und ihr Selbstverständnis?
Findet uns gefälligst!
Selfpublisher und ihr Selbstverständnis?
Kürzlich war Stefan Holzhauer in den PhantaNews mal wieder auf dem Kriegspfad. Unter dem Titel »Mini-Rant: Was läuft eigentlich in diesem deutschen SF-Fandom falsch?« machte er sich Sorgen über die Wahrnehmung von Selfpublishern im (deutschen) SF-Fandom.
Wie läuft das mit den Infos
Blicken wir doch zunächst mal darauf wie das normalerweise läuft, so zwischen großen und kleinen Verlagen und den Fanzineherausgebern (wie es der Zauberspiegel einst als kopierte Version war und heute im Internet ist). Verlage verschicken analog (als Katalog) und/oder digital als Newsletter ihr Programm auch an Fanzineherausgeber. So bekommt man mit was so erscheint. International ist das nicht anders. Auch über Neuerscheinungen im Ausland kann der interessierte Fanzineherausgeber so auf dem Laufenden bleiben. Dann haben diese Verlage auch Homepages, die dem Interessierten auch klar Auskünfte über Kommendes und Erschienenes liefern. Es gibt also hochbequeme Wege, um an Übersichten über Neuerscheinungen zu kommen. Das ist seit Jahrzehnten auf analogem Wege so und auch die digitale Information hat sich etabliert. So einfach geht das ...
Sehen wir uns nun mal das traditionelle SF-Fandom an.
Einst in den 50igern als Adenauer noch Kanzler war, der Nierentisch noch als letzter Schrei der Inneneinrichtung galt, der junge Elvis Presley sang und die SF mittels B-Filmen, Leihbüchern und Heftromanen (damals oft noch als »utopischer Roman« gekennzeichnet) in Mode kam, sammelten sich ein paar Teenager (zu mehr als 99 % männlich) und auch ältere Herrschaften in Fanclubs und Stammtischen, etwas dass sie nach dem amerikanischen Vorbild Fandom nannten. Das war einst (bis weit in die Siebziger und Achtziger) ein ziemlich geschlossener Haufen, der sich als Geschmackskompass verstand. Doch mit der Außenwirkung über die eigenen Grenzen hinaus haperte es oft. Immerhin stiegen Mitglieder des Fandoms in die Redaktionsstuben auf (als Beispiele mögen hier Alpers, Hahn und Pesch genügen) oder wurden Autoren (die Liste ist noch länger). Aber im Fandom erzählte man sich gegenseitig wie großartig SF wäre.
Man ist versucht, das Gleichnis von Mike Hillenbrand zu nehmen, das SF-Fandom sei eine Blase. Man kann und darf auch das Beispiel vom Braten, der im eigenen Saft schmort, heranziehen. Letztlich geht alles was darauf hinweist, dass Fandom (nicht nur das mit dem Vorsatz SF) eine geradezu inzestuöse Veranstaltung ist, in der sich ein paar Nasen gegenseitig versichern wie großartig oder schlecht Erscheinungen in diesem (oder auch jenem) Genre sind. Der Fehler (wieder nicht nur bei der SF) ist, dass man sich als Geschmackskompass wähnt, als etwas, dass als Vorbild wie alle anderen dienen kann. Das stimmt nicht, weil außerhalb dieses Fandoms, eben dieses Fandom kaum wahrgenommen wird. Die Fanmagazine, die Publikationsform des Fandoms, kursieren nur innerhalb des Fandoms.
Der Zauberspiegel gehört(e) auch dazu. Wir erreichen konzeptgemäß auch nur diese Geeks/Nerds/Fans, die sich zum Genre hingezogen fühlen, stellen uns aber (seit wir ›online‹ sind) zugleich so breit wie möglich auf, um doch mal diesen oder jenen für Dinge zu interessieren, die über ihr Kerninteresse hinausgehen. Ob das gelingt? Ich habe meine Zweifel. Immerhin gucken täglich bis zu 4.000 Leser hier rein, aber die Rückmeldungen sind bedauerlicherweise nicht so groß, denn auch unter Fans gibt es wenige, die aktiv sind und vielmehr, die passiv konsumieren. Aber wir werden unbeirrt weiter versuchen, unsere Spannweite an Themen so breit wie möglich zu gestalten, um auch Leute außerhalb des/der Fandom(s) mal für die Infos für Geeks zu interessieren.
Spezialisierungen wie die Fandoms zu TV-Serien wie Star Trek oder Kinoepen wie Star Wars haben das SF-Fandom schon mal ergänzt. Es gibt da Schnittmengen, aber im Großen und Ganzen existieren diese Gruppierungen nebeneinander her (und alle schmoren da im eigenen Saft). Das Internet mit Messageboards, Foren und dgl. haben das Ganze noch mal schwerer zu definieren gemacht. Da wird dann auf der einen Seite sehr speziell vor sich hingepostet. Das Fandom ist zersplittert und Generalisten (Anhänger des ganzen Genres) sind seltener als die Fans ganz spezieller Dinge. Das macht das Fandom an sich eben schwerer fass- bzw. definierbar. Es wird immer schwammiger und zersplitterter, das Fandom
So und dann sind da Selfpublisher.
Das sind Leute, die ihre Romane zumeist direkt übers Internet vertreiben und im Giganten Amazon einen guten (bis idealen) Partner gefunden haben. Diese Autoren kommen nun nicht mehr notwendigerweise aus dem Bereich des Fandoms, sondern können auch glatt außerhalb des ›klassischen‹ in Clubs organisierten Fandoms eine Leidenschaft für - in diesem Fall - die SF entwickelt haben und hatten lediglich lockeren Kontakt über Foren, soziale Netzwerke oder so, aber waren nie der klassische, organisierte Fan. Aber da gibt es die, die sich entschieden haben, Romane oder sowas zu schreiben und weil sie aus irgendeinem Grund keinen Zugang zu Verlagen gefunden haben, diese nun selbst publizieren.
Da fehlt die Rückendeckung und der Service eines Verlages. Der Selfpublisher an sich muss nun alles selbst machen. Neben dem Schreiben, das Layout erstellen, das Titelbild gestalten, das Lektorat machen und all die kleinen Dinge, die sonst so diverse hilfreiche Hände erledigen. Das betrifft dann auch die Öffentlichkeitsarbeit. Und da sind wir dann beim Thema. Wenn ich Aufmerksamkeit will, reicht es nicht, dass ich meinen Roman bei Amazon einstelle. Es gibt ja bestimmt Hundertausende, die auf nichts anderes als auf meinen (oder den eines anderen beliebigen Selbstverlegers] Roman warten und das Internet nach eben diesen dann auch ganz gezielt durchsuchen
Also habe ich als Selbstverleger natürlich noch die Aufgabe Öffentlichkeits- und Pressearbeit zu leisten, wenn ich den wahrgenommen werden will. Als Autor will ich ja, dass mein Titel bekannt wird. Ich muss was anbieten. Also fällt es in mein Aufgabengebiet potentiellen Lesern mitzuteilen, dass es mein Buch (in digitaler und/oder analoger Version) überhaupt gibt. Mich hinzustellen und zu sagen: "Hilfe! Ich werde ignoriert!" ist ziemlicher Mumpitz. Wenn ich ich als Selbstverleger wahrgenommen werden will, muss ich hingehen und das auch möglichen Abnehmern sagen. Da man kaum damit rechnen kann von überregionalen Blättern besprochen zu werden, muss man sich unter anderem den lokalen Blättern (eben auch den Anzeigenblättern andienen) und vielleicht gar eine Homestory machen (gabs im Werra Meissner Kreis schon). Darüber hinaus kann ich das auch Fanzines mitteilen. Im Internet sind die Online-Fanzines und so mancher Club schon mal zu finden. Solche, die ausschließlich in gedruckter Form erscheinen eigentlich nur dann, wenn ich Teil des Fandoms bin, aber versuchen kann es der ambitionierte Selbstverleger ja mal. Aber ein Selbstverleger darf nicht erwarten, dass alle nur auf mich warten.
Ich habe an verschiedenen Stellen erwähnt (und das Angebot gilt immer noch) auch Mitteilungen von Selbstverlegern, am besten ergänzt durch Leseproben (möglichst nicht die von Amazon) und Werkstattberichte zu bringen. . Ich kann bei den zahlreichen Titeln (national wie international) aus Verlagen nicht erwarten, dass der Konsument jeden Tag das Internet nach neuen Titeln von Selbstverlegern scannt. Dabei spielt es auch eine Rolle, dass nur wenige Perlen erscheinen und ich die Chance, dass 8 von 10 oder gar 10 von 10 entdeckten Titeln (relativer) Mist sind. Und man sieht den Zauberspiegel förmlich von Selbstverleger-Mitteilungen und den dazugehörigen Leseproben und Werkstattberichten überquellen. Ich kann mich da überhaupt nicht retten, denn dire Selbstverleger rennen mir mit ihren Texten die Bude ein ... . Und daher beginne ich mich zu fragen, ob es wirklich das Selbstverständnis der Selbstverleger ist, dass man sie gefälligst suchen soll? Wenn dem so ist, dann ist das Selbstüberschätzung reinsten Wassers. Aber es mag auch sein, dass Zauberspiegel und Selfpublisher in zwei unterschiedlichen Blasen existieren. Dann muss man sich eigentlich auf beiden Seiten die Frage stellen, wie man sich zwischen den Blasen austauschen kann ...
Was hat das mit Preisen aus dem Fandom zu tun?
Es gibt ja Preise für die SF in Deutschland (Deutsche Science Fiction Preise - KLP, DSFP und DPP im Überblick), aber in seinem ›Mini-Rant‹ verrät uns Stefan Holzhauer nur, dass es nicht um den DPP geht ... Letztlich ist es auch egal um welchen Preis es Holzi auch gehen mag, denn es geht darum, dass wohl reine eBook-Selbstverleger ignoriert würden. Und das legt er als altbacken aus. Das mag durchaus sein, aber er macht die Regeln der Preise nicht. Die machen andere (die Ausrichter des Preises) und wenn diese gedruckte Ausgaben wollen und keine reinen eBook-Ausgaben, dann ist das eben so. Da hilft nur eines, einen eigenen Preis auf die Beine zu stellen.
Aber warum geht es ihm um Preise aus dem Fandom? Vor allem weil Selbstverleger schon an anderen Orten Preise gewinnen (wie Holzhauer feststellt). Ist doch auch was Schönes. Im Grunde erkennt Holzhauer ja das Problem des Fandoms, dass im eigenen Saft schmort. Warum also sind ihm Preise aus dieser Blase (Fandom nach Hillenbrand) so wichtig? Ein wirkliche Breitenwirkung erreicht er dadurch auch nicht. Also worum geht es in dem Rant? Motzen um des Motzen willens? Und hat Stefan Holzhauer das tatsächliche Problem erkannt? Obs eine Antwort gibt?
We wait with baited breath
Still Crazy
Was ergibt sich nun daraus?
Ich denke, Holzhauers ›Mini-Rant‹ geht am eigentlichen Thema vorbei, ignoriert Teil des Problems und ist auf etwas aus, dass Selbstverlegern eher eine geschlossene Gesellschaft beschert. Dazu liest sich der Text wirklich so, als würde Holzhauer fordern: Nehmt uns wahr! Findet uns! Wir sind da!
Aber wer bietet was an?
Die Selbstverleger bieten an. Sie wollen wahr genommen werden, also ist es an ihnen, Mittel und Wege zu finden, sich bekannt zu machen. Das ist Teil der Aufgaben eines Verlages und wenn sich da jemand selbst verlegt, muss er auch Pressemitteilungen schreiben und diese verschicken. Dazu: Selfpublisher sind doch bestimmt (zumindest in Teilen) vernetzt, so dass es möglich erscheint, einen Presseserver einzurichten von dem man a) Pressemitteilungen herunterladen kann und Kontakt für weitere Infos (Leseproben, Werkstattberichte und Interviews) aufnehmen kann. Denn: Wer wahrgenommen will, muss dafür auch was tun ... Wenn nicht bleibt Aufmerksamkeit Zufall. Aber so zu tun, als wären die anderen Schuld oder übten sich in Ignoranz ist weder zielführend noch richtig.
Warum sollte ein Konsument nach Selbstverlegern suchen? Es findet bei großen, mittleren und kleinen Verlagen hinreichend interessanter Lesestoff. Wenn also ausreichende Mengen zur Verfügung stehen, warum sollte ein Konsument nun nach Selbstverlegern suchen? Ja, warum ... Man mag sagen: Aus Liebe zum Genre, aus Neugier, weil es tatsächlich was zu entdecken gibt. Möglich, aber das ist doch keine Schnitzeljagd. Nur weil etwas irgendwo hochgeladen wurde, muss ich als Konsument nicht danach suchen. Das ist doch kein Versteckspiel. Daher sit es eher dumm zu verkünden: Findet uns, findet unsere Texte. Wir haben das verdient.
Gleiches gilt auch für Presse (von Fans, Amateuren oder Professionellen gemacht). Wer sich nicht anbietet, der wird in jedem Fall schwerer bis gar nicht wahrgenommen.
Das mag hin und wieder klappen, aber wohl eher selten. Mit dieser Attitüde wird das dann eher nix.