Wer wirft gutes Geld schlechtem hinterher? - Werbung für den Heftroman
Wer wirft gutes Geld schlechtem hinterher?
Werbung für den Heftroman
Ich persönlich bezeichne als meine wichtigsten Artikel zum Thema die Lei(d)tartikel des Zauberspiegel von Oktober 2014 (Altbackenes für die »Babyboomer« - Hoffnungsträger Generation ›50+‹ und Frisches für die Baby-Boomer - Unterhaltung [nicht nur] für die Generation ›50+‹). Seither habe ich mich nur noch selten zu diesem Thema zu Wort gemeldet. Es war für mich soweit abgeschlossen.
Jetzt kam es im Zuge von Ingo Löchels Zwischenruf Dark Land oder wie man eine Serie vor die Wand fährt mal wieder zu einem regen Meinungsaustausch. Ich will mich zu dem Kommentar Ingos oder auch der Reaktion Michael Schönenbröchers nicht weiter auslassen. Die Serie wird mit dem nächsten Band eingestellt, weil zu wenige Käufer gewonnen werden konnten. Hätte ich den Kommentar anstelle Ingos geschrieben, hätte ich so Manches anders thematisiert, aber darum geht es mir nicht. Ingo hat seine Meinung zum Ausdruck gebracht. Der Zauberspiegel ist eine Plattform dafür. Man muss sich nur ein paar Dingen bewusst sein: Eine Meinung ist ein hohes Gut und insoweit geschützt, dass man sie haben darf. Aber sie steht nicht unter Denkmalschutz und man darf ihr widersprechen und auch eine andere haben. Aber wie gesagt, die Auseinandersetzung überlasse ich gern anderen.
In den Kommentaren zum Kommentar kam aber eine These wieder hoch, die ich seit Jahren für ausgerottet hielt ... Doch mit manchen Meinungen ist es wie so manchem Kraut. Sie kommen immer wieder. Dieser speziellen Auffassung (Meinung) will ich mal widersprechen. Noch vor zehn-zwölf Jahren wurde in schöner Regelmäßigkeit die These verbreitet, der Heftroman könnte ganz einfach gerettet werden, man müsse ja nur Werbung machen. Und genau diese These kam hier wieder hoch und wieder als Patentlösung diesmal zur Rettung der Serie präsentiert.
Damit ist nicht die eher kostenneutrale Werbung in den eigenen Heften gemeint, sondern vielmehr Werbung außerhalb des eigenen Kosmos. Nicht, dass es das nicht in den letzten sieben Jahrzehnten. Für Perry Rhodan wurde u.a. in der BRAVO geworben. Auch für Mythor gab es Werbung in der Teenager-Postille, die damals noch in millionenfacher Auflage unter den deutschen Nachwuchs geworfen und deren wichtigster Inhalt die Poster, die Dr. Sommer-Kolumne und der Fotoroman war, Anzeigen. Und es ließen sich noch einige Beispiele für externe Werbung finden, wobei die Werbung für Heftromane aus dem Bauer Konzernin einem zum Bauer Konzern gehörenden Blatt wohl nicht sehr teuer waren (obwohl die Anzeigenpreise für externe damals gesalzen gewesen sein dürften). Es gab aber auch mal Riesenplakatwände für die 5. Auflage Perry Rhodans oder auch zu Jubiläen der Serie wurden schon mal wieder Bahnhöfe zugepflastert.
Bevor wir uns lange an der Geschichte aufhalten, gucken wir doch gleich mal auf das aktuelle Beispiel Darkland. Gehen wir mal davon aus. Wir wollen so einen Spot (20 Sekunden) 50mal in einem Monat zeigen. In einem kleineren Sender mit einem Serienangebot aus dem Phantastischen (in deren Umfeld wir hoffen können, Zielpublikum zu finden, aber dazu gleich noch mehr), können wir vielleicht hoffen so um die 2.500 € pro Ausstrahlung zahlen zu müssen (mit Rabatt vielleicht weniger). Das wären so ca. 125.000,- €. Ein stolzer Preis. Und das nur in einem Sender. Und das sind nur die Kosten für die Ausstrahlung. Entwicklung und Produktion des Spots ist noch nicht mal berücksichtigt. Aber man darf ruhig auch von einer sechsstelligen Summe ausgehen.
Nun gucken wir mal auf die Seite des Verlages. Die monatlich gedruckte Auflage liegt lt., Bastei Mediadaten bei 1.807.500. Diese Zahl umfasst alle Männer und Frauenromane Ende 2017. Pessimisten teilen diese Zahl mal durch 4 (um so eine Verkaufte Auflage zu ermitteln). Optimisten tun dasselbe, nur teilen diese durch 3. Ich folge mal meiner Linie und gebe mich als Pessimist. Im Übrigen nehme ich mir 4 daher, dass Thomas Schierack (Ex-Vorstandsvorsitzender bei BasteiLübbe) verlauten ließ, dass Sie nur 25 % der Hefte verkaufen müssen, um Gewinn zu machen. Die verkaufte monatliche Auflage liegt dann bei 451.875 Exemplaren. Die Dinger kosten im Schnitt 1,80 €. Aber 50% des Verkaufspreis bleiben beim Handel, so dass wir dann mit 0,90 € weiter rechnen. Der Verlag erlöst mit diesen 451.875 Exemplaren so 406.687,50. Das so im Monat. Davon müssen alle Kosten bestritten werden (dazu gehört auch das Honorar der Autoren, Löhne, Gehälter, Druck, Titelbilder und was sonst noch so alles anfällt bis zur Miete) und natürlich auch das Finanzamt und Gewinn soll übrig bleiben. Das ganze umfasst 40 Titel (Stand: Ende 2017). Teilt man diese 406.687,50 also mal ungewichtet durch 40 macht jede Serie 10.167,20 im Monat Umsatz. Und wir schenken uns mal die Kaffeesatzleserei, wer denn nun überdurchschnittlich und wer unterdurchschnittlich verdient, ob wohl sich auch dazu viele Anmerkungen machen lassen würden.
Die einmonatige TV-Kampagne würde knapp 31 % (30,736130...) vom Gesamtumsatz kosten. Das wäre eindeutig zu viel, wenn man damit nur eine Serie bewirbt, denn wir erinnern uns. Ungewichtet und pessimistisch gerechnet macht jede Serie nur 10.167,20 Umsatz pro Monat. Aber selbst man jedes dritte gedruckte Heft verkauft liegt jede Serie nur bei 13.556,25 € Umsatz (ungewichtet). Und völlig optmistisch gerechnet: Verkauft man jedes zweites Heft läge jede Serie (ungewichtet) bei 20,334,40 €. Und dafür für einen Monat TV-Werbung 125.000 € auszugeben erscheint dann eher schwachsinnig und man wirft schlechtem Kleingeld dann eher gutes (großes) Geld hinterher. Aber nur, wenn man völlig verblödet ist.
Was dann noch dazu kommt: Wer ist das Zielpublikum, dass man erreichen will? Denn Werbung wird so platziert, dass damit an diesem oder jenen Produkt interessierte Menschen erreichen kann. Aber wer ist der/die durchschnittliche HeftromanleserIn? Wissen wir das? Eher nicht. Sprich. Der Verlag, der für Heftromane (allgemein oder im besonderen) werben will, müsste erstmal noch zusätzlich Geld in die Hand nehmen, um herauszufinden wer sein Publikum ist und welche Sendungen diese im V bevorzugt sehen. Also selbst wenn z.B. Bastei einen Imagespot mit "Jedem seine Welt" bringen wollte, weiß er noch nicht in welchen Umfeld im TV er seine Serie erreicht. Bisher gibt das nämlich keine Marktforschung, die das Zielpublkum des Heftromans definiert.
Es zeigt sich also nur bei diesem oberflächlichen Blick wie illusorisch TV-Werbung für Heftromane ist. Ganz im Ernst. Das ist kaufmännisch nicht zu rechtfertigen.
Bei Werbungen in Zeitschriften wie der Geek erreiche ich doch auch nur die Filterblase der Leute, die ohnehin schon um die Existenz der Hefte wissen (sollten). In Zeitschriften und Zeitungen wie der Süddeutschen und dem Spiegel zahle ich zuviel. Und es gilt wie auch im TV und anderen Medien: Welche Medien konsumiert mein Zielpublikum? Wer ist denn das Zielpublikum. Wir wissen es nicht. Da wird ins Blaue geworben. Zum Glück macht das keiner.
Nee, im Ernst: Werbung für Heftromane im Rundfunk, Presse, Fernsehen ist eine komplett schwachsinnige Idee. Als Meinung darf man das zwar haben, aber dieser Meinung hält selbst oberflächlichen Blicken in keiner Weise stand.
Aber ich vermute, irgendwann kommt wieder jemand um die Ecke und erklärt allwissend, dass man für Heftromane ja nur Werbung machen müsse und alles wird gut. Dann werfen wir eben wieder ein Blick auf die Zahlen und müssen dann feststellen, dass diese bestenfalls ein schöner Traum ist.
- Und als Ergänzung dann Christian Spließ mit seiner Kolumne: Digitales Marketing für Heftromane: Gibts das eigentlich?
- Eine Fortsetzung gibt es auch: Zwischen gestern und heute liegen Universen - Der Heftromanmarkt
Kommentare
Grundsätzlich ist das mit der Werbung schwer geworden - das gesamte Gruselprogramm in was wie der geek zu bewerben wäre ne Variante - andererseits müßten das sich inzwischen auch zwei Serien (plus zwei Nachauflagen) teilen. Das ist schon Hardcore. Das komplette Programm wäre billiger, aber sinnfrei. Leser von Hedwig Courths-Mahler lesen eher nicht Professor Zamorra und (um mal zu Kelter zu wechseln) die Leser vom Bergpfarrer eher weniger Wyatt Earp.
Für gangbar hielte ich da eher eher mal zum Manga-.Markt zu schauen. Light Novels werden eher ungern übersetzt, den Versuch es als Heftroman zu bringen wäre sicher einen Versuch wert - als Taschenbuch läuft es meinst eher mäßig. Da würde Animania und Co glatt kostenlos berichten - zumindest beim Serienstart. Was ähnliches wurde ja schon mal versucht (Nova Centurio). Neben stilistischen Mängeln sind die aber vor allem auf Grund von exorbitant hoch eingeplanter Auflage und der fehlenden Marktanalyse (das es eine Kindercomicserie mit fatal ähnlicher Aufmachung gab, war ein absolut vermeidbarer Fehler) auf die Nase gefallen. Das heißt ja nicht, daß es das nicht mal wert wäre. Es fehlt etwas an kreativen Ideen und der Ausnutzung von Möglichkeiten deren Kostenaufwand sich in Grenzen hält.
Im Übrigen halte ich Youtube und Co für kostenmäßig recht überschaubares Experiment, böte sich erst Recht an wenn noch was neues startet. Was es bringt ist sicher fraglich, aber gar nichts zu versuchen kann ja auch nicht die Lösung sein. Der Heftroman ist erstaunlich zäh, aber etwas nachhelfen wäre schon angebracht ...
Jedenfalls wird es ohne Werbung nicht besser werden. Und ein YT Video? Es muss ja kein Profi machen, aber vielleicht mal in Form eines Wettbewerb, wo Fans erzählen, wieso andere Leute mal ausgerechnet nen Sinclair lesen sollten.
Allerdings scheint man bei Bastei ja eh lieber aufzugeben, anstatt nur einmal etwas zu wagen.
"Rebecca" dürfte auch so ein Einstellungsopfer sein, auch wenn der Hauptplot komplett beendet wurde. Aber: 21 Bände? Ich glaube kaum dass man eine so seltsame Anzahl unter "War immer so geplant" verbuchen kann, zumal ja damals (2000 oder 2001) auch gesagt wurde: "Einstellung mangels Leser".
Aber so Serien könnte man ja auch noch mal bringen, neue natürlich. Leichter roter Faden, auf sagen wir mal 25 Bände ausgelegt und fertig. Wie eben bei den Kurzserien von PR.
Welches Unternehmen hat da denn noch den Heftroman wirklich auf dem Schirm? Und warum sollte man da Geld in Werbung investieren, wo die Leserzahl rapide abnimmt.
Unter dem Strich bliebe da Werbung für Nüsse und eine Serie für die wenigen absoluten Hardcore-Fans.
Ich sehe es einmal so. Hätte man es richtig gemacht und sich in der Handlung bei DL nicht so unsäglich verzettelt (siehe weißes Schiff), hätte die Serie vielleicht auf dem Niveau vom Prof. Zamorra segeln können (was auch schon am Rande von Gut und Böse wäre). Aber da ist nun der Zug ab dem Moment abgefahren, wo die Leser anfangen, das Heftchen liegen zu lassen statt es zu kaufen. Und die kommen nicht mehr zurück nur weil ein paar Fans Tränen in den Augen haben. Mit einer neuen Heftromanserie ist es doch mittlerweile wie in einem Minenfeld. Einmal falsch getreten und man kann nur noch die Überreste beerdigen.
Diese Möglichkeit aht Bastei auch nicht. Ihre einzige Zeitschrift war mal Das goldene Blatt. Aber wofür hätte man darin werben können? Bestenfalls für Teile der Liebesroman-Schiene.
Zum anderen haben manche Cora-Reihen soviele Abonnenten wie Bastei Käufer für Serien im Ganzen hat. Diese Taschenhefte werfen zudem mehr ab als das Heft, sodass dort auch andere Möglichkeiten gegeben sind als bei Bastei.
Unser Multimedia-Mann zu digitalem Marketing ... Mal gucken, ob ich ihn zu einer weiteren Kolumne zum Thema überreden kann.
Aber lohnt es noch für ein Medium zu weben, das in etwas als 50 Jahren 94 % verkaufte Auflage verloren hat?
www.zauberspiegel-online.de/index.php/zauberwort-leitartikel-mainmenu-136/2018/33687-zwischen-gestern-und-heute-liegen-universen-der-heftromanmarkt