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Jack London - Seine Bücher: White Fang (Wolfsblut)

Jack London - Seine BücherWhite Fang (Wolfsblut)
Jack Londons Abenteuer in Alaska
(1897- 1898)

„Dunkler Tannenwald dräute finster zu beiden Seiten des gefrorenen Wasserlaufs. Der Wind hatte kürzlich die weiße Schneedecke von den Bäumen gestreift, so dass sie aussahen, als drängten sie sich unheimlich düster in dem schwindenden Tageslicht aneinander. Tiefes Schweigen lag über dem Lande, das eine Wildnis war, ohne Leben, ohne Bewegung, so einsam, so kalt, dass die Stimmung darin nicht einmal traurig zu sein schien.

 

Vielmehr lag es wie ein Lachen darüber, ein Lachen, schrecklicher als jede Traurigkeit, freudlos wie das Lächeln der Sphinx, kalt wie der Frost und grimmig wie die Notwendigkeit. Die unerbittliche, unerforschliche Weisheit des Ewigen lachte da über die Nutzlosigkeit des Lebens und seiner Anstrengungen. Es war die echte Wildnis, die ungezähmte, kaltherzige Wildnis des Nordens.“ (1)
Wolfsblut in der Diogenes-AusgabeAlaska am Ende des 19. Jahrhunderts. Zwei Männer, Heinrich und Bill, transportieren einen Sarg auf einem Hundeschlitten durch die Schneelandschaft. Ihr Ziel ist das Fort McGurry. Der Winter in dem Jahr ist lang und hart. Ein hungriges Wolfsrudel verfolgt die beiden Männer seit Tagen. Darunter auch eine Wölfin, die einem Hund ähnlich sieht. Sie schleicht sich abends unbemerkt unter die Schlittenhunde. Am Morgen fehlt dann eines der Tiere. Heinrich und Bill fehlt es an Waffen und Munition um dem Treiben der Wölfe ein Ende zu bereiten. Die Tiere werden immer dreister. Sie rücken abends sogar in die Nähe des gefürchteten Feuers vor. Bill entschließt sich, die letzten drei Kugeln zu nehmen und die Wölfin zu töten. Er kommt allerdings nicht mehr zurück. Heinrich macht sich mit den letzten beiden Hunden wieder auf den Weg, nachdem er den Sarg in den Bäumen versteckt hat. Kurz bevor ihn die Wölfe überwältigen, kommt Hilfe aus dem Fort. Das Wolfsrudel verschwindet.

Die meisten Wölfe des Rudels überleben den Winter nicht. Sie fressen sich gegenseitig oder gehen an den Strapazen zu Grunde. Die Wölfin nimmt Einauge, einen älteren grauen Wolf, zum Gefährten. Schon bald stellt sich Nachwuchs ein. Aber nur ein einziges der Jungen überlebt. Eines Tages kommt Einauge von der Jagd nicht zurück. Wölflein wird älter. Während die Mutter auf der Jagd ist, erkundet ihr Junges die Umgebung der Höhle.

Eines Morgens stößt Wölflein auf eine Gruppe indianischer Jäger. Die Angst vor den Unbekannten lähmt das Tier. Die Indianer sind fasziniert von dem kleinen Wolf mit den schneeweißen Zähnen. Als sie ihn mitnehmen wollen, beißt er zu. Schläge sind die Antwort. Vom Geheul ihres Nachwuchses angelockt springt die Wölfin angriffslustig hinzu. Doch einer der Indianer, er wird Grauer Biber genannt, erkennt das Tier. Er ruft es bei seinem Namen: Kische, und erinnert sich an einen seiner Schlittenhunde, der in einem harten Winter zurück in die Wildnis lief. Kische erinnert sich auch an die guten Zeiten. Die Wölfin und ihr Junges, das die Indianer Wolfsblut nennen, folgen den Jägern.

Jack LondonWolfsblut hat es im Indianerlager nicht leicht. Der Graue Biber bringt ihm seine Aufgaben mit Schlägen bei, die anderen Indianer lassen ihn wegen seiner Wildheit links liegen und die anderen Hunde akzeptiere den Wolf nicht, versuchen ihn gar zu töten. Doch Wolfsblut wird älter, einsam und grausam. Aber er kann sich behaupten. Auch als Kische an einen anderen Stamm verkauft wird. Eines Tages wird er auch vor einen Schlitten gespannt. Schnell gewöhnt er sich an die neue Arbeit.

Der Graue Biber machte weite Reisen den Mackenzie Fluss hinauf, um mit den anderen Stämmen zu handeln. Wolfsblut begleitete ihn stets. Als der Wolf fünf Jahre alt war, ging die Reise weiter auch den Yukon hinauf bis zum Fort Yukon, einer Niederlassung der Hudsonbay- Company. Das war im Sommer 1898 als unzählige Goldsucher im Fort Station machten um sich auszurüsten für den Weg nach Dawson und Klondike. Hier erblickte Wolfsblut zum ersten Mal Weiße. Der Graue Biber kann erfolgreich handeln. Aber er verfällt dem Alkohol. Schließlich verkauft er Wolfsblut an den schönen Schmitt, einen grausamen Geschäftsmann, der seinen Lebensunterhalt mit Hundekämpfen verdiente. Er sperrte Wolfsblut in einen Zwinger, schlug und drangsalierte ihn bis der Wolf noch agressiver, noch grausamer wurde. Dann ließ er ihn gegen andere Hunde kämpfen. Wolfsblut gewann, jeden Kampf.

Eines Tages wollte kein Hundebesitzer sein Tier mehr in den Kampf schicken. Der Ruf des Wolfes war legendär. Doch es fand sich eine neue Herausforderung. Ein Mann mit Namen Tim Keenan schickte seinen Pitbull Cherokee in die Arena. Nun hatte Wolfsblut seinen Meister gefunden. Mit Beharrlichkeit griff der Pitbull an, ließ sich von den Attacken des Wolfes nicht beeindrucken, bis er ihn am Hals zu packen bekam. Nun ließ Cherokee nicht mehr los.

Ein junger Mann, Weedon Scott, wollte dem Sterben Wolfsbluts nicht tatenlos zusehen. Er trennte die Tiere mit Gewalt voneinander und kaufte dem schönen Schmitt den Wolf für 150 Dollar ab.

Es dauerte lange bis Scott den Wolf für sich gewonnen hatte. Er schlug ihn nicht und tat ihm auch sonst keine Gewalt an. Bis Wolf, so nannte ihn sein neuer Herr, aus Scotts Hand fraß. Von nun an wich ihm Wolf nicht mehr von der Seite.

Doch auch für Weedon Scott war die Zeit der Abreise gekommen. Er musste zurück nach Kalifornien auf die Farm des Vaters. Wolf ließ ihm keine Wahl. Er musste ihn mitnehmen. Für den Wolf begann ein neues Leben. Er hatte sich fern ab der Wildnis dauerhaft unter Menschen in der Zivilisation zurechtzufinden. Der Familie von Weedon Scott fiel es schwer den Wolf zu akzeptieren. Bis er eines Tages Weedons Vater, Richter Scott, vor einem entflohenen Sträfling schützte. Der Kampf kostete den Wolf fast sein Leben.
Wolfsblut-Ausgaben von LIST, Arena, Ueberreuter und anderen

Wolfsblut hatte es geschafft sich anzupassen. Er wurde allgemein akzeptiert. Auch die Hündin des Hauses, Collie, fand gefallen an dem Wolf:
„Jetzt kam man zu den Ställen; dort lag in der Tür Collie, und ein halbes Dutzend dickbäuchiger Hündchen spielte in der Sonne um sie herum. Wolfsblut blickte sie mit verwunderten Augen an...Das Hündchen stand breitbeinig vor ihm. Wolfsblut spitzte die Ohren und betrachtete es neugierig. Dann näherte er seine Nase der des Jungen und fühlte das warme Zünglein an seiner Schnauze. Auch er streckte die Zunge aus und leckte dem Hündchen das Gesicht. Lauter Jubel und schallendes Händeklatschen begrüßte sein Tun.“ (2)
Goldgräber in AlaskaAls 1897 in Alaska Gold gefunden wurde, war Jack London 21 Jahre alt. Er hatte seit seinem 11. Lebensjahr gearbeitet, mit Jobs geholfen die verarmte Familie zu ernähren. Nebenher las er wie ein Besessener Nietzsche, Darwin, Spencer, Melville, Kipling. Er war Stammgast in der Bibliothek von Oakland, Kalifornien. London hatte die Aufnahmeprüfung für die Universität von Berkley geschafft und bereits zwei Semester studiert, als sein Vater schwer krank wurde. Er musste das Studium aufgeben und sich wieder einen Job suchen, diesmal in einer Wäscherei. Die Familie brauchte das Geld.

Jack London als ZwanzigjährigerDie Nachricht vom Goldfund war für ihn wie eine Offenbarung. London war entschlossen seine Chance zu nutzen. Gemeinsam mit seinem fünfzigjährigen Schwager Shepard, der das Abenteuer finanzierte, schiffte sich Jack London am 12. März 1897 nach Südalaska ein.
„Ja, ich hatte meine Laufbahn zum Teufel gehen lassen, war wieder auf Abenteuer aus und suchte das Glück“(3)
Über den Chilkoot-PassMehr als hunderttausend Männer zogen in diesen Jahren nach Alaska. Nach der Ankunft standen den Glückssuchern noch viele Meilen zu Fuß bevor, den Yukon hinauf, über den Chilkoot- Pass zum Klondike Fluss oder nach Dawson City. Jeder Mann war verpflichtet eine Tonne Lebensmittel und Ausrüstung und 500 Dollar Bargeld mitzubringen. London erinnert sich: „Ich war mit meinen einundzwanzig Jahren in glänzender Körperverfassung. Auf der achtundzwanzig Meilen langen Strecke von Dyea Beach über den Chilkoot- Pass nach Lake Linderman nahm ich es mit jedem Indianer auf. Das letzte Stück nach Linderman betrug drei Meilen. Ich machte den Weg viermal an einem Tage hin und zurück und schleppte jedes Mal auf dem Hinweg hunderfünzig Pfund.“(4)

Jack London in AlaskaAuch Jack steckte einen Claim ab. Er schürfte tagsüber nach Gold und abends las er, oder machte sich Notizen oder diskutierte mit anderen. Ein Freund erinnert sich an Jack: „So manche Nacht saßen wir, während die anderen schon schliefen, vor den flackernden Holzkloben und verplauderten die Stunden. Welch eine prachtvolle männliche Erscheinung war er, wie er da vor dem urtümlichen Kamin lässig ausgestreckt lag und das Licht über seine schönen Züge spielte. Er hatte das reine, frohe, zartfühlende, von Bitterkeit freie Herz der Jugend, ohne ihren anmaßenden Egoismus. Er wirkte älter als seine zwanzig Jahre; ein geschmeidiger und kräftiger Körper; der Hals frei bis zum Brustansatz; ein wirrer brauner Haarschopf, den er in angeregtem Gespräch ungeduldig mit der Hand zurück kämmte, fiel ihm über die Stirn; ein sinnlicher Mund, der sich gleichwohl zu ernsten und herrischen Linien festigen konnte; ein strahlendes Lächeln und Augen, die oft wie nach innen gekehrt blickten; das Gesicht eines Künstlers und Träumers, aber mit den entschiedenen Zügen von Willenskraft und grenzenloser Energie. Ein Mann der freien Natur, kurz, ein wirklicher, ein männlicher Mann. Sein Geist verlangte unersättlich nach Wahrheit. Man konnte mit ihm nicht zusammen sein, ohne von seinem überlegenen Verstand berührt zu werden. Er stand dem Leben mit wunderbarer Sicherheit gegenüber, dem Tod mit heiterer Gelassenheit.“(5)

Aber seine Suche blieb erfolglos. Er fand kein Gold. Er erkrankte wegen Vitaminmangels, denn Gemüse und Obst waren so teuer das sie sich kaum jemand leisten konnte, an Skorbut. Im Juni 1898 verließ Jack London den Klondike wieder: „Ich fuhr als Heizer auf einem Dampfer von der Beringsee nach Britisch- Kolumbien und von dort als Zwischendeckpassagier nach San Francisco.“(6)

Als er zu Hause ankam, war sein Vater gestorben. Die Familie brauchte wieder seine Hilfe.

Der Ruf der Wildnis & Wolfsblut und Lockruf des GoldesDoch Jahre später sollte Jack London aus seinen Erlebnissen in Alaska doch noch außerordentliche Gewinne ziehen. Seine Karriere als Schriftsteller gründete er auf den beiden Romanen „Der Ruf der Wildnis“ (1903) und „Wolfsblut“ (1906). Später folgten unzählige Erzählungen und ein weiterer Roman „Lockruf des Goldes“ (1910) die alle in Alaska spielen.

Wolfsblut erschien erstmals 1906 und ist bis heute eine der erfolgreichsten Tiergeschichten weltweit. Jack London erzählt äußerst spannend die Lebensgeschichte des Wolfsmischlings. Die Schilderungen der Natur und des Lebens in Alaska wirken authentisch und vermögen zu beeindrucken.

Einen etwas schalen Nachgeschmack hinterlassen Jack Londons sozialdarwinistische und an Nietzsches Übermenschentheorie geschulte Ansichten, die er immer wieder in die Geschichte einfließen lässt.

Bibliographie lieferbarer deutschsprachiger Ausgaben:
Der Ruf der Wildnis / Wolfsblut, übersetzt von Rainer Savigny, Artemis & Winkler Verlag, 2001
Wolfsblut, übersetzt von Marie Laue, List Verlag, 1947, Neuauflage 2009
Wolfsblut, übersetzt von Günter Löffler, Diogenes Verlag, 6. Auflage, 2009


Jugendbuchausgaben:
Wolfsblut, übersetzt von Günter Löffler, illustriert von Felix Scheinberger, Dressler Verlag, 2006
Wolfsblut, Ueberreuther Verlag, 2009
Wolfsblut, übersetzt von Fritz Benke, illustriert von Don- Oliver Matthies, Bertelsmann Verlag, 2008
Wolfsblut, übersetzt von Fritz Benke, Arena Verlag, 2001


Zitate:
(1)    London: Wolfsblut List Verlag, 1947, Neuauflage 2009, Seite 7
(2)    ebenda Seite 169 / 170
(3)    Michael Krausnick: Jack London, dtv Portrait, 2006, Seite 59
(4)    ebenda Seite 61
(5)    ebenda Seite 65 / 66
(6)    ebenda Seite 64

Kommentare  

#1 Rüdiger 2016-10-13 12:33
"Martin Eden", wohl sein wesentlichstes Werk, ist jetzt bei dtv neu erschienen. Allerdings noch nicht als Taschenbuch. - Und nicht außer Acht lassen: wenn er über Wölfe schreibt, geht es auf einer zweiten Leseebene auch um Menschen ...
#2 AARN MUNRO 2016-10-14 09:35
...erinnert sei auch an die Hommage vom SF-Autor Thomas M. Disch: "White fang goes Dingo"

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