Athletischer Sonnyboy - Lex Barker Tarzan Collection
Athletischer Sonnyboy
Lex Barker Tarzan Collection
Damit musste Barker bei RKO in gewaltige Fußstapfen treten, denn Tarzan war in den vorangegangenen 16 Jahren zwölfmal von Johnny Weissmuller verkörpert worden, einem ehemaligen Olympia-Schwimmer, der wie die Faust aufs Auge in die Rolle gepasst hatte. Sol Lesser, Produzent bei der RKO, hatte mit Weissmuller die Filmreihe fortgesetzt, die in den Anfangsjahren für MGM produziert worden war – und sie damit zu B-Filmen herabgestuft, in denen Tarzan gegen Nazis und Amazonen antreten musste – was denkbar weit von den Erzählungen von Edgar Rice Burroughs entfernt war. Indem man Ende der 1940er Jahre den fast 45jährigen, etwas dicklich gewordenen Weissmuller durch den gerade mal 30jährigen, überaus athletischen Lex Barker ersetzte, unterzog man die Reihe einer Frischzellenkur, bei der man sich auch der Romanfigur wieder mehr anzunähern versuchte.
Von 1948 bis 1953 entstanden schließlich mit Lex Barker fünf „Tarzan“-Filme, die nun erstmals in Deutschland in einer DVD-Box versammelt sind. Den Anfang machte „Tarzan und das blaue Tal“, in dem es um eine magische Quelle tief im Urwald geht, die allen, die regelmäßig davon trinken, ewige Jugend verleiht. Böse Menschen wollen sich daran laben und zum Stamm vordringen, was dieser mit allen Mitteln zu verhindern versucht. Lex Barkers Einstand als Dschungelheld ist leider ziemlich langatmig ausgefallen. Dass man dem Film die ganzen Studioaufnahmen und Matte-Painting-Hintergründe überdeutlich ansieht, ist dabei noch das geringste Problem. Die Handlung ist äußerst naiv und an den Haaren herbeigezogen, und trotz der Kürze von lediglich einer guten Stunde Laufzeit gibt es zahlreiche Füllsel und spannungsarme Expeditionsszenen. Barker schlägt sich nicht schlecht, aber das Drehbuch ist leider äußerst mau geraten.
„Tarzan und das Sklavenmädchen“ (auch bekannt als „Tarzan greift ein“) erzählt von Sklavenjägern, die Eingeborne entführen und damit den Zorn Tarzans wecken, der die Menschen aus ihrer Gefangenschaft retten will. Gleichzeitig muss er gegen eine Seuche ankämpfen, die die Sklavenjäger im Dschungel ausbreiten. In seinem zweiten Auftritt als Tarzan rückt Lex Barker zwar über weite Strecken in den Hintergrund, doch der Film hat deutlich mehr Schauwerte und Dramatik zu bieten als der Vorgänger, weswegen er besser gealtert ist. Die Geschichte ist auch hier wieder reichlich krude, hat kaum etwas mit den Ideen von Edgar Rice Burroughs zu tun und ist deutlich für ein heranwachsendes Publikum konzipiert. Aber einige gelungene Tierszenen und das aufwendigere Setting können auch heute noch unterhalten.
Der dritte Auftritt des Barker-Tarzans fand in „Tarzan und die Dschungelgöttin“ statt, bei dem Königin Melmendi (Dorothy Dandrige) mit dem gewalttätigen König Bulam (Frederick O’Neal) verheiratet werden soll, der mit Waffenschmugglern unter einer Decke steckt. Auch hier sind die afrikanischen Ureinwohner auf die Mithilfe des weißen Mannes angewiesen, der von Affen im Dschungel großgezogen wurde. Erstmals kommen bei einem Barker-Tarzan-Film hier auch eindrucksvolle Aufnahmen an Originallocations vor, und auch die aufwendig nachgestellten Stammesszenen und einige Tieraufnahmen machen den Reiz dieses Abenteuerfilms aus. Lächerliche fleischfressende Pflanzen als Gruselelement sorgen heute eher für unfreiwillige Komik, und dennoch tragen solche Elemente mehr zum Unterhaltungswert des Films bei als einige der eher drögeren Passagen aus den Vorgängerfilmen.
1952, in „Tarzan, der Verteidiger des Dschungels“, erhalten Tarzan und seine Flamme Jane (hier: Dorothy Hart) Gesellschaft von einem Waisenkind, dem vorwitzigen Joey (Tommy Carlton), weswegen dieser Film etliche Parallelen zu Weissmullers „Tarzan und sein Sohn“ aus dem Jahr 1939 aufweist. Ungemach droht aufgrund einer Gruppe böser Menschen, die sich am Diamantenschatz eines Dschungelstamms bereichern wollen. Nach einem recht zähen Beginn entwickelt der Film im weiteren Verlauf doch noch Unterhaltungsqualitäten. Eine recht gelungene Ausstattung, überzeugende Modellaufnahmen und hineinkopierte Tierszenen garantieren ebenso Kurzweil wie echte Aufnahmen aus der Sandwüste. Auch, wenn die Geschichte selbst nicht sonderlich originell ist, dürften Abenteuerfans bei Film Nr. 4 wieder auf ihre Kosten kommen.
Den letzten Auftritt im Lendenschurz absolvierte Barker schließlich in „Tarzan bricht die Ketten“, bei dem sich skrupellose Elfenbeinjäger dem Natur- und Elefantenschützer Tarzan entgegenstellen. Dabei geht nicht nur die aparte Dschungelhütte Tarzans in Flammen auf, sondern gerät der Held auch in die Fänge der sinistren Lydia (Monique Van Vooren). Dann ist sein ganzer Einfallsreichtum gefragt, um am Ende wieder der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen. Beim letzten Tarzan-Einsatz von Lex Barker ist irgendwie die Luft raus. Routinemäßig werden hier einige Standard-Gefahrensituationen abgehakt, ohne dass wirklich Spannung aufkommen würde. Einige Elefanten-Stampede-Szenen und der Angriff einer Boa auf einen Panther sind gelungen, dazwischen gibt es aber viel Leerlauf und Langeweile. Ein wenig erbauliches B-Filmchen, für das sich die Macher keine allzu große Mühe gegeben haben.
Insgesamt ist es natürlich sehr löblich, dass Pidax die fünf Barker-Tarzans, die fast alle in den letzten 25 Jahren nicht mehr im Fernsehen gelaufen sind und auch fürs Heimkino noch nicht erhältlich waren, nun auf drei DVDs in einer Box veröffentlicht hat. Leider scheint beim Transfer von NTSC zu PAL etwas schief gelaufen zu sein, denn das Bild aller fünf Filme ist sehr ruckelig und der deutsche Ton auch häufig asynchron angelegt. Hinsichtlich der Schärfe ist am Bild (schwarz-weißes Vollbildformat in 1,37:1) ansonsten nicht viel auszusetzen. Der Ton liegt jeweils auf Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0 vor. Bei drei Filmen konnte man hierfür auf die deutschen Kinosynchronisationen aus den 1950er Jahren (mit Horst Niendorf als Stimme Lex Barkers) zurückgreifen, „Tarzan und das blaue Tal“ enthält eine Kabel1-Synchro aus den 1990er Jahren (mit Gunnar Helm für Tarzan) und „Tarzan, der Verteidiger des Dschungels“ ist in der ZDF-Neusynchronisation von 1969 aufgespielt (hier spricht Claus Jurichs für Barker) – was allerdings nicht verwundert, da bei diesen beiden Filmen die Kinosynchronisationen verschollen zu sein scheinen. Bonusmaterial ist auf der Box keines vorhanden.