Gegen die Kolonialmacht - »Sandokan – Die schwarzen Piraten von Malaysia«
Gegen die Kolonialmacht
»Sandokan – Die schwarzen Piraten von Malaysia«
Steve Reeves (1926-2000) war in den späten 1940er Jahren erstmals ins Licht der Öffentlichkeit gerückt, als er mit seinem stattlich trainierten Köper nacheinander einige Bodybuilding-Wettbewerbe gewann. Auf den Titel „Mr. America“ (1947) folgte „Mr. World“ (1948) und schließlich sogar „Mr. Universe“ (1950). Spätere Leinwand- und Fernsehstars wie Arnold Schwarzenegger und Lou Ferrigno zählen Reeves zu ihren Vorbildern. Denn die Erfolgsserie des Athleten blieb auch in Hollywood nicht unbemerkt, wo Reeves schon bald für kleinere Film- und Fernsehrollen eingesetzt wurde. Seinen internationalen Durchbruch verdankt er indes seiner Titelrolle im italienischen Muskel- und Sandalenfilm „Die unglaublichen Abenteuer des Herkules“ (1958), der seinerzeit eine ganze Filmserie lostrat und Reeves in etlichen ähnlich gelagerten Filmen wieder Gelegenheit bot, seine Muskeln spielen zu lassen. Nach fünf weiteren Antikfilmen wurde der Bodybuilder 1960 in „König der Seeräuber“ erstmals in einer Piratenrolle besetzt, um drei Jahre später dann schließlich in „Sandokan“ erstmals die Figur von Emilio Salgari zu verkörpern. Dessen Fortsetzung „Sandokan – Die schwarzen Piraten von Malaysia“ sollte Reeves‘ vorletzter Auftritt vor der Kamera sein, denn mit dem 1968 entstandenen Western „Ich bin ein entflohener Kettensträfling“ zog er sich dann endgültig aus der Filmbranche zurück.
Im 19. Jahrhundert wird die Welt noch von den Kolonialmächten regiert. Den Mittleren Osten hatten sich damals die Briten unter den Nagel gerissen. Der englische Abenteurer Lord John Burke (Leo Anchóriz) treibt es dabei besonders bunt, denn gemeinsam mit seiner Söldnertruppe hat er das kleine Fürstentum Sarawak überfallen und dessen Maharadscha Hassim (Giuseppe Addobbati) gefangen genommen. Hassims Tochter Prinzessin Hada (Jacqueline Sassard) konnte mit ihrem Leibwächter Kammamuuri (Dakar) fliehen, ist von den Ereignissen aber dermaßen traumatisiert, dass sie sich an nichts mehr erinnern kann. Das Handelsschiff „Young India“ soll Burke und seine Truppen mit neuer Munition versorgen, weswegen der Pirat Sandokan (Steve Reeves) das Schiff entern und den Plan vereiteln will. An Bord begegnet er auch Prinzessin Hada wieder, die sich nach einiger Zeit endlich an das vergangene Geschehen erinnern kann. Zusammen mit seinen treuen Gefährten Tremal Naik (Mimmo Palmara), Yanez (Andrea Bosic) und Sambigliong (Franco Balducci) möchte Sandokan den Maharadscha nun befreien und Lord Burke und dessen rechte Hand Lieutenant Clintock (Nando Gazzolo) unschädlich machen.
Umberto Lenzi (1931-2017) galt nicht gerade als sonderlich subtiler oder talentierter Filmemacher. Er begann seine Laufbahn im Italokino der 1960er Jahre mit den üblichen Abenteuerstreifen, die rund um Piraten, Muskelmänner und Degenkämpfer seinerzeit in Serie gingen. In späteren Jahren wurden Lenzis Werke immer exploitativer, als er in den 1970er Jahren dann vermehrt Kannibalen- und Zombiefilme drehte, von denen einige („Mondo cannibale“, „Großangriff der Zombies“) heute freilich in Nerdkreisen Kultstatus genießen. „Sandokan – Die schwarzen Piraten von Malaysia“ ist ein vergleichsweise aufwändig produzierter Abenteuerfilm, der zahlreiche Schauwerte bietet und ständig an neuen, interessanten Orten angesiedelt ist. Er nutzt den Charme von On-Location-Aufnahmen und punktet mit hübschen Settings und Kostümen. Bei der Maske hat man etwas weniger Sorgfalt verwendet – einige der italienischen Statisten, die in die Rolle indischer Soldaten schlüpften, wurden lediglich im Gesicht dunkel geschminkt, während Hals, Nacken und Hände weiß blieben! Die Handlung ist abwechslungsreich und mitunter auch originell fotografiert, so dass Genrefans, die keine allzu großen Ansprüche stellen, hier sicherlich auf ihre Kosten kommen dürften. Die DVD-Erstveröffentlichung des hierzulande erstmals 1984 auf Video ausgewerteten Films bietet ein ganz passables Bild (im Widescreen-Format 2,35:1) und einen stets gut verständlichen Ton (Deutsch und Italienisch in Dolby Digital 2.0; eine kurze Passage liegt lediglich im italienischen Original mit deutschen Untertiteln vor). Auf die Beigabe von Bonusmaterial hat man komplett verzichtet.
Kommentare
Und gleich noch eine Frage an das Schwarmwissen: Mario Petri war eigentlich ein überaus renommierter Opernsänger, der sogar unter Herbert von Karajan an der Mailänder Scala sang. Weiß jemand, warum er sich 1960 für fünf Jahre aus der Opernszene ausklinkte und stattdessen in achtzehn Antik-, Mantel-und-Degen- und Westernfilmen mitwirkte?