Unerwartete Feindberührung - »Die Gans von Sedan«
Unerwartete Feindberührung
»Die Gans von Sedan«
Dem Film „Die Gans von Sedan“ lag der Roman „Ein Sonntag auf dem Felde der Ehre“ von Jean L’Hôte zugrunde, der hierfür gemeinsam mit dem Regisseur Helmut Käutner auch für die Drehbuchadaption verantwortlich zeichnete. Käutner (1908-1980) dürfte sicherlich der beste Mann gewesen sein, dem man ein solches Projekt seinerzeit anvertrauen konnte. Der gebürtige Düsseldorfer hatte bereits unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg kritische Spielfilme wie „In jenen Tagen“ realisiert. Auch in den 1950er Jahren blieb er zwischen einzelnen Unterhaltungsfilmen auch immer seiner kritischen Linie treu und inszenierte beispielsweise das Weltkriegsdrama „Die letzte Brücke“ oder „Himmel ohne Sterne“ über eine Romanze zwischen Ost und West, die noch vor dem Bau der Mauer entstand. Erstmals in den 1950er Jahren entstanden dann auch Filme in deutsch-französischer Koproduktion, was zuvor nicht denkbar gewesen wäre. Auf leichte Unterhaltungskost folgten erst um 1957 herum auch zeitkritische, historische Filme, wie beispielsweise Paul Mays „Der Fuchs von Paris“ mit Hardy Krüger oder im Jahr darauf Harald Reinls „Die grünen Teufel von Monte Cassino“ mit Joachim Fuchsberger in der Hauptrolle.
„Die Gans von Sedan“ wiederum ist nicht wie die beiden genannten Beispiele im Zweiten Weltkrieg angesiedelt, sondern eben im Deutsch-Französischen Krieg des Jahres 1870. Die Truppen des deutschen Ministerpräsidenten Bismarck sind bis nach Sedan vorgedrungen. Dort sucht der französische Soldat Léon Riffard (Jean Richard) Abkühlung in einem Fluss in der Nähe seiner Truppe. Während des erfrischenden Bades kommt ihm ein ebenso leicht bekleideter Mann auf der Jagd nach einer Gans im Wasser entgegen. Wie sich herausstellt, handelt es sich dabei um den deutschen Soldaten Fritz Brösicke (Hardy Krüger). Da sich deren Nationen miteinander im Krieg befinden, begegnen sich die beiden Männer zunächst mit Angst und Respekt, erkennen aber schnell im jeweils anderen einen Menschen, den man durchaus sympathisch finden kann. Als Fritz und Léon nach frisch geschlossener Freundschaft übereilt die Badestelle verlassen müssen, vertauschen sie allerdings ihre Uniformen, was zu allerlei Komplikationen führt. Fritz sucht Zuflucht im Hause einer alten Bäuerin (Françoise Rosay) und ihrer aparten Enkelin Marguerite (Dany Carrel), in die er sich Hals über Kopf verliebt. Durch seine nicht vorhandenen Französischkenntnisse gelingt es ihm allerdings nicht sehr lange, unerkannt zu bleiben. Und schon kurz darauf kreuzen andere Soldaten beider Lager auf dem Bauernhof auf.
Käutners „Die Gans von Sedan“ ist eine originelle deutsch-französische Kriegskomödie, die ihren Witz aus dem Zusammenprall der beiden Sprachen bezieht. Die amüsanten Dialoge und das sympathische Spiel der Darsteller (besonders gut agiert Françoise Rosay als beide Sprachen beherrschende Großmutter) tragen die antimilitärische Botschaft ohne jeglichen falschen Pathos. Für seine Entstehungszeit ein recht ansehnliches Stück als Beitrag zur „Völkerverständigung“, der lediglich durch einige kleinere Durchhänger zu Beginn des letzten Drittels etwas an Wirkung verloren hat. Der nun erstmals auf BluRay (und parallel auch in einer DVD-Version) erschienene Film wurde von der Murnau-Stiftung aufwändig restauriert. Das Ergebnis ist ein Bild (im Vollbild-Format 1,37:1) von hervorragender Schärfe und mit sehr kräftigen Farben, das keine Wünsche mehr offenlässt. Auch der deutsch-französische Originalton (in Dolby Digital 2.0 Mono) ist stets gut zu verstehen, die französischen Passagen sind fest im Bild deutsch untertitelt. Optional kann man auch eine deutsche Audiodeskriptionsfassung für Sehbehinderte oder durchgängige deutsche Untertitel für Hörgeschädigte auswählen. Zu den weiteren Extras gehören der deutsche Kinotrailer und eine kleine animierte Bildergalerie zum Film.