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#4 Unser Hähnchen, ein (strapaziertes) Lexikon und Norbert Aichele auf dem Kriegspfad

As Time Goes By# 4: Unser Hähnchen, ein (strapaziertes) Lexikon und Norbert Aichele auf dem Kriegspfad

1984 kündigte der Bastei Verlag in seiner Paperback-Reihe das "Lexikon des Horror-Films" von Ronald M. Hahn und Volker Jansen an. SF-Film und Fantasy-Fim-Lexika erschienen bei Heyne, aber Bastei hatte sich eben dieses gesichtert (später kam dann die Frage auf, ob Heyne es nur nicht gewollt hat).

Ich kaufte mir das Machwerk auf der Fahrt zu einem weiteren Meerbusch-Con gab ich es für die Zugfahrt Norbert, der damals und auch heute noch deutlich mehr vom Film versteht als ich. Ronald M. Hahn hatte eventuell sein Erscheinen angekündigt.


Norbert begann also zu lesen. Und von Zeit zu Zeit begann er zu schnauben. Dann blätterte er immer hektischer in dem Lexikon herum. Sein Unmutsäußerungen, die er grunzte, schnaufte und in sonstigen unartikulierten Äußerungen von sich gab, gewannen an Heftigkeit. Immer heftiger wurde auch das Umblättern. Manchmal schnappte ich Vokabeln wie "unfaßbar", "Scheiße", "Unsinn", "dumm" auf.

Als wir in Düsseldorf aus dem Zug stiegen, sah das Lexikon aus, als hätte es ein Dutzend Studenten monatelang für eine Diplomarbeit genutzt. Das Buch war aber stabil und die Seiten hatten sich durch den Belastungstest nicht aus der Bindung gelöst.

Norbert selbst hatte mich mittlerweile ins Bild gesetzt. Manche der Filme hatten die Herren Hahn/Jansen nicht gesehen (denn wie sonst war es zu erklären, daß Inhaltsangaben nicht stimmten, Stabangaben oft mit "nn" bezeichnet waren, wo doch der Abspann gereicht hätte, um die Namen der Kameramänner, Komponisten und gar Regisseure aufzuführen, die vorgeblich nicht genannt wurden.

Besonders grausig trieben es die Herren mit Dario Argento. War bei der Besprechung von seinen alphabetisch ersten Film "Inferno" (dt. Horror Infernal) noch die Hoffnung des italienischen Horrorkinos, so wurde er bis hin zu seinem alphabetisch bis dahin letzten Film "Tenbrae" (dt. Tenebrae) zum "Wichtelhirn", das "uns immer die gleiche Story vorsetzt".

Norbert regte insbesondere auch auf, daß ein Lexikon gnadenlos Meinung machte (was es ja eigentlich nicht tun soll, sondern per Definition bloße Fakten präsentieren soll). Aber auch, daß die Kritiken der Filmdienste der katholischen und evangelischen Kirche, die im SF-Film-Lexikon noch als unbrauchbar hingestellt wurde, plötzlich nützlich und wichtig erschienen.

Leider erschien Ronald M. Hahn auf dem Con nicht. Norbert hielt aber lange nach ihm Ausschau. Immer das Lexikon griffbereit, um dem Herausgeber und Mitverfasser die Meinung geigen zu können.

Aber das ganze ging auch nach dem Con noch weiter. Klar war für den Zauberspiegel ein längere Abhandlung geplant. Ich schrieb einen Leserbrieft zum Fanzine von Dieter Hovens Club "Horror-Magnet", wo ich ausführte, daß ich habe lernen müssen, daß "unserem Hähnchen" da wohl viele Fehler und Ungenauigkeiten unterlaufen sind.

Ronald M. Hahn reagierte angesäuert. Vor allem verbat er sich "unser Hähnchen" genannt zu werden. Und das Lexikon hat keine Fehler.

Norbert, der gern bequem und faul ist, kam in Wallung. Aus dem Stegreif schrieb er vier Seiten, wo er Fehler des Lexikons auflistete (die er anhand von drei Quellen belegen konnte) und sandte diese Dieter Hoven zum Abdruck, was der nicht machte. Für den Zauberspiegel erweiterte Norbert diesen Basis-Artikel auf 11 Seiten.

Eine Kopie der 11 Seiten sandten wir per Einschreiben an Ronald M. Hahn mit der Bitte dazu Stellung zu nehmen, damit wir dies dann in der Nr. 12 des Zauberspiegel abdrucken können.

Wir druckten dann eine leere Seite mit der Überschrift "Stellungnahme von Ronald M. Hahn", weil keine Reaktion kam.

Kommentare  

#1 Claudia 2010-07-25 18:47
Leider ist das "Lexikon des Internationalen Films", das auf Rezensionen des Katholischen Film-Dienstes basiert, zum größten Teil noch heute unbrauchbar, was die Bewertung von Genre-Filmen angeht. Soll heißen, so mancher Klassiker des phantastischen Films wird noch immer abgewertet.
#2 Thomas 2010-07-30 21:30
Ich bevorzuge ohnehin den "Film-Guide" des Briten Leslie Halliwell, auch wenn darin der deutsche Film naturgemäß etwas unterrepräsentiert ist.

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