Fortsetzungen - Mehr Genuss oder mehr Elend?
: Oft ist es ja wirklich so, dass Fortsetzungen nur noch ein schwacher Abklatsch des Vorgängers sind, vor allem bei Comedys, weil der gesamte Witz in den ersten Film gepackt wurde und nun nichts mehr übrig ist. Deswegen stehe ich auch einem "Fack ju Göhte 2" kritisch gegenüber. Oft ist die Geschichte auch fertig erzählt, wie bei Thrillern oder gelungenem Horror, da sind die Überraschungen raus. Das hat auch bei "Cube" nicht funktioniert; tödlich ist es vor allem, solche Rätsel wie bei "Cube" dann am Ende aufzulösen, denn damit ist der Mythos und damit auch der "Schauer" hinüber. Bei "Scream" hingegen hat die Fortsetzung durch eine weitere gelungene Pointe funktioniert (die folgenden Teile kenne ich allerdings nicht mehr, weil ich dann nicht mehr interessiert war).
Blair Witch, den ich total gruslig fand, weil er rein mit den Urängsten gespielt hat, war in Teil 2 nur noch langweilig, weil dann war es halt doch nur ein Serienkiller. Abgesehen davon, dass der Film an sich saumäßig gemacht war.
Was total vergurkt wurde und zu den größten Peinlichkeiten zählt, waren die Nachfolger von "Matrix", und bitte mögen mir die Wachowski-Brothers verzeihen, aber nie im Leben hatten die das vorher so geplant, sondern nachträglich rausgehauen, um mehr Kohle zu machen. Denn da passt nix zusammen, und eingefallen ist ihnen auch nichts mehr.
Es war schon immer so, dass Fortsetzungen bei erfolgreichen Filmen geradezu Pflicht sind, heute genauso wie damals. Und ganz selten sind Fortsetzungen sogar besser - siehe "Krieg der Sterne" (das Original natürlich, nicht der megapeinliche Affenkinder-Pre-Quatsch). "Das Imperium schlägt zurück" ist ein echter Meilenstein, in dem einfach alles passt, ganz großartiges Kino. (Wahrscheinlich auch deswegen so gelungen, weil Lucas sich weitgehend rausgehalten und nicht Regie geführt hat ...)
Ich werde bestimmt jetzt von so manchem gehauen, aber auch die Alien-Quadrilogy führt meiner Ansicht nach vor, dass eine Fortsetzung funktionieren kann.
Und zwar dann, wenn eine Fortsetzung für sich steht, zwar denselben Hintergrund hat, aber eine neue Geschichte erzählt, unter Umständen sogar mit neuen Charakteren.
Und genau darin gibt man sich heutzutage sehr viel Mühe, dass Fortsetzungen nicht mehr durchwegs lieblos fürs schnelle Geld einfach heruntergerissen werden, sondern man steckt ebenso viel Energie hinein wie in den Vorgänger. Dafür steht "The Hangover", wie von dir erwähnt, als gutes Beispiel. Gerade da habe ich mir gedacht: nee, das kann nicht funktionieren. Aber tatsächlich sind alle drei Filme gelungen, jeder für sich. "Drachenzähmen leicht gemacht" - der zweite Teil ist eher weniger für die Kleinen geeignet, der hat eine ganz andere Erzählstruktur und gehört mehr zum Drama als zur Komödie. Ja, und von der Cornetto-Trilogie ganz zu schweigen, aber die haben als verbindendes Glied ja eh nur das Cornetto und die Hauptdarsteller; ich weiß auch nicht, ob das so geplant war. Auch "Shrek" und "Ice Age" funktionieren, wenngleich man bei beiden durchaus ein zunehmendes Schwächeln erkennt, weil die Geschichte zu sehr wiederholt wird (es gibt ja auch nicht viele Variationsmöglichkeiten).
Bei Büchern, finde ich, ist es von Seiten des Autors aus wichtig, dass er von vornherein weiß, ob er aus der Story eine Fortsetzung machen könnte - oder sie abschließt. Da funktioniert es meiner Ansicht nach überhaupt nicht, wenn wegen des großen Erfolgs dann "was nachgeschoben" wird, ohne dass es eine Eigenständigkeit erreicht. Im Buch ist die Erzählstruktur ganz anders. Manche Werke sollten bitte einfach für sich stehenbleiben, so großartig sie auch sein mögen und wir mehr erfahren wollen von den uns lieb gewonnenen Figuren, aber wenn die Geschichte zu Ende erzählt ist, sollte nicht noch eins draufgesetzt werden.
Ich denke aber, heutzutage hat der Autor, sagen wir jetzt speziell im fantastischen Bereich, eh im Hinterstübchen, bei Erfolg mehr draus zu machen, und behält ein paar Optionen zurück. Das habe ich bei den "Bogins" auch so gemacht. Die erste Geschichte war abgeschlossen, aber noch einige Fäden offen. Und mit der zweiten Geschichte habe ich neue Fäden geknüpft, um noch eine dritte und sogar vierte folgen lassen zu können.
Bei Krimis ist das egal, denn da geht es um die Hauptfigur, die in immer neue Fälle geworfen wird. Bei der Belletristik kann es vor allem im humorigen Bereich wie "Maria, ihm schmeckt's nicht", funktionieren. Aber auch da kann es schiefgehen, wie wir bei der aktuellen "Bridget Jones"-Fortsetzung erleben; da war einfach zu viel Zeit dazwischen verstrichen, und die Autorin hat sich total vergaloppiert mit ihren Reminiszenzen an ihre berühmten Star-Freunde und einer total unglaubwürdigen Figur, was mir deswegen so negativ auffällt, weil sie mein Alter hat und ich sagen kann: so sind wir in diesem Alter nicht.
: Wenn man einen so großen Hintergrund hat wie bei Waldsee, dann gibt es da so viele unerzählte Geschichten, dass man auch als Autor gern länger auf der Welt verweilt und sie weiterentdecken will. Bequemlichkeit spielt dabei keine Rolle, denn der Anspruch an die Folgebände ist bei der Leserschaft natürlich hoch, und den muss man erfüllen. Das heißt, man muss jede Menge Neues bieten, und damit entwickelt man ja im Grunde auch wieder alles neu (andere Städte, Länder ...), lediglich aufgebaut auf einer vorhandenen Basis. Und bei Bezügen zu früheren Bänden, und mögen sie auch noch so kurz gehalten sein, muss man sogar bei sich selbst noch sorgfältig recherchieren. Geographische und historische Fehler darf man sich als Autor hier keinesfalls erlauben.
Insofern würde ich sagen, ist der Aufwand, was den Weltenbau betrifft, bei beiden Varianten - altbekannte Welt und ganz neu entworfene Welt - gleich. Und beides hat seinen Reiz und ist schön.
Die Leser, wenn ihnen die Welt gefällt, wollen sich natürlich liebend gern weiter auf vertrautem Terrain tummeln und dabei neue Facetten entdecken. Diese berühmte "Nachhaltigkeit", das kommt einfach gut. Serien verkaufen sich viel besser als Einzelromane, weil die Leser sich schon auskennen.