Kunst oder Kommerz? Juni 2011
Kunst oder Kommerz?
Juni 2011
Juni 2011
: Diese Vorgehensweise des Bertelsmann Buchclubs ist bei jeder neuen Serie oder Reihe, die sie starten, Usus. Zuerst wird ein Test gestartet, zwischen 2-4 Büchern, und dann wird entschieden, ob weitergemacht wird. Ich habe bei Elfenzeit von Anfang an gewusst, worauf ich mich einlasse; wobei sowohl Klaus N. Frick, der Chefredakteur der Serie, als auch ich damals sehr erfreut und positiv überrascht waren, dass Bertelsmann von vornherein gleich 4 Bücher antesten wollte. Das bedeutete, dass unser Konzept sie vollends überzeugt hatte und sie der Sache sehr positiv entgegensahen. Damit konnten wir natürlich viel besser arbeiten und uns "ausbreiten", die Leser auf eine Ultra-3D-Imax-Geschichte einstimmen. Wir mussten jedoch darauf gefasst sein, dass die Serie vielleicht doch statt mit Band 20 mit Band 12 oder 15 endet, wenn nämlich die Verkäufe extrem nach unten gesackt wären. Es ist immer ein Vabanquespiel, weil die Nachfolgeverträge nicht die gesamte Serie umfassen, sondern immer nur eine gewisse Anzahl Bücher, dann wird erst mal wieder der Verkauf abgewartet und das Okay für die weiteren Bände gegeben. Der Club geht da also ein sehr begrenztes Risiko ein.
Insofern sitzen sowohl Redaktion als auch ich eigentlich bei jedem einzelnen Band "auf Kohlen", wobei sich bei Elfenzeit sehr früh abgezeichnet hat, dass kein Grund zur Sorge besteht. Uns wurde nach dem Test mitgeteilt, dass es der beste Start überhaupt gewesen sei und man selbst überrascht wäre, wie die Serie sofort "eingeschlagen" hätte. Und die Lesertreue blieb bis Band 20 so hoch (und das ist schließlich eine Menge an Büchern!), dass BS Editionen uns dann sogar zu einer weiteren Serie aufgefordert hat. Das Konzept von "Schattenlord" hat sie auch gleich überzeugt, und momentan (es erscheint gerade Band 3) sieht es wohl so aus, dass die Idee auch diesmal wieder aufzugehen scheint. Sollte die Kurve sich bis Band 4 halten, stehen die Chancen gut, dass es im Januar 2012 "richtig" losgeht. Deshalb beginne ich auch schon mit der weiteren Planung ...
Zu deiner zweiten Frage: Nein, die Testleser können keinen Einfluss nehmen. Es vergehen 4 oder mehr Monate zwischen fertigem Manuskript und Versendung, da ist kein Spielraum möglich. Diese Serien sind ja auch auf eine bestimmte Anzahl Titel geplant und der Handlungsbogen so von vornherein aufgebaut. Eine Interaktion zwischen Leser und Autor wie bei den Heftromanserien findet auch gar nicht statt.
Hat in der heutigen Zeit von Amazon, Facebook & Co. der Einfluss der Leser, die sich an allen Ecken und Enden wertend äußern können, zugenommen? Oder anders herum gefragt: Sinkt durch diese Möglichkeiten der künstlerische Wert zugunsten der kleinsten gemeinsamen Geschmacksschnittmenge?
: Ich finde die Möglichkeit, dass der Autor sich mit seinen Lesern austauschen kann, toll. Das hat es früher nicht gegeben, weil nur die Kontaktaufnahme oder Feedback via Brief bestand, und das ist doch ein erheblicher Aufwand gewesen. Bei den Heftromanen konnte man eine Leserkontaktseite einrichten, aber wie sollte das bei Büchern stattfinden? Zum Kontakt kam es also, wenn überhaupt, entweder auf Lesungen oder auf Cons. Das Feedback ist sehr wichtig, und wenn die Leser bis zu einem gewissen Rahmen mit eingebunden werden, fühlen sie sich auch ernst genommen und lesen mit sehr viel mehr Enthusiasmus. Man muss als Autor diese Interaktion ja nicht annehmen, das steht jedem frei. Ich allerdings achte schon darauf, was meine Leser besonders anspricht, oder was sie noch gern hätten, oder auch, was sie nicht verstanden haben. Wenn es sich einbauen lässt, warum nicht? Es ändert ja nichts an der Storyline, auch nicht am Stil - sondern ist ein ergänzendes Element, beispielsweise im Ambiente oder in einer Facette des Charakters. Kleine Dinge, die die Geschichte dadurch vielleicht besser abrunden, oder sogar einmal eine Idee. Ein Leser der Waldsee-Chroniken hat mich beispielsweise durch eine Frage zu einer Überlegung angeregt, die in mir einen gewaltigen "Aha"-Effekt auslöste und mich auf die Idee des Abschlussbandes brachte.
Lernt man als Autor mit der Zeit, was bei den Lesern ankommt, und lässt sich dadurch bei der Entwicklung der Handlung beeinflussen? Hat man womöglich eine Strichliste der Dinge, die enthalten sein müssen, damit die Leser zufrieden sind?
: Es hat sicherlich nicht viel Sinn, wenn man als Autor völlig am Leser vorbeischreibt, wenn niemand das lesen will, was man geschrieben hat. Eine gewisse Marktbeobachtung ist daher natürlich wichtig. Sicherlich kann man diese Anpassung bis zum Extrem betreiben, indem man nach Strichlisten etc. arbeitet, um nur ja nichts falsch zu machen. Es kommt eben darauf an, was genau man als Autor eigentlich erreichen will. Man muss sich einerseits den Gegebenheiten überhaupt nicht anpassen, darf sich dann aber auch andererseits nicht wundern, wenn man ein "verkanntes Genie" bleibt. Wie immer muss der goldene Mittelweg gefunden werden: wie weit kann/will ich mich anpassen, ohne dass ich mich selbst aufgebe, aber nicht an den Lesern vorbeischreibe?
Wichtig ist, dass man eine gute Geschichte zu erzählen hat; ob sie nun "in" ist oder nicht, Interesse muss sie wecken. Die einen folgen einer Innovation, die anderen bilden sie. Dazwischen ist alles möglich - Hauptsache, man vergisst beim Schreiben nicht die Geschichte und den Erzählfluss.
Bis zur nächsten »Mail mit Uschi« im Juli!
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