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Heiteres Zahlenraten - (US-)Markt Jahresstatistik 2010

Heldenhaft - Die DC-KolumneHeiteres Zahlenraten
(US-)Markt Jahresstatistik 2010

Einer der ersten Artikel für diese Kolumne war voriges Jahr eine Momentaufnahme des Marktes, samt einer kurzen Statistik-Zusammenfassung der Verkaufszahlen aus dem Kalenderjahr 2009.

Damals standen sowohl Verkaufszahlen wie auch Dollarangaben explizit in den offiziellen Statistiken des DC- & Marvel-Vertriebs "Diamond".

Mittlerweile liegen ja schon seit einigen Monaten die Jahres-End-Zahlen des Kalenderjahres 2010 vor, und ich dachte: höchste Zeit, die in einen Artikel hier zu schreiben. Aber seit damals hat Diamond offenbar Scheu aufgerissen, explizite Zahlen zu nennen ...



Wie?! BATMAN ist auf dem „Index“?
Nein, natürlich nicht. BATMAN ist vielmehr der Index geworden!

Soll heißen, seit einigen Monaten nennt Diamond offenbar keine tatsächlichen Zahlen mehr, sondern bloß noch eine relative Verkaufszahlenangabe im Verhältnis zu den Verkaufszahlen von DC´s BATMAN.
Die drei erfolgreichsten Independant-Comics 2010
Die Verkaufszahlen des monatlichen Batman-Heftes werden als 100 „Indexpunkte“ herangezogen. Je nachdem, ob ein anderes Heft sich besser oder schlechter verkauft als BATMAN, hat es dann eben mehr oder weniger als diese ominösen 100 „Indexpunkte“.

Ich schreibe hier bewusst das Wort „ominös“, da nicht exakt definiert ist, wie (mathematisch) sich ein Wegsteigern oder Abfallen von diesem Index-Hunderter zu verstehen hat. Und selbst die BATMAN-Zahlen nennt Diamond natürlich nicht mehr ...

Nun gibt es in den USA durchaus auch andere seriöse Quellen für (zumindest einigermaßen konkrete Hochrechnungen von) Verkaufszahlen. Für die folgenden von mir selbst zusammengetragenen „Angaben“ gilt also zu berücksichtigen:

  • Ich gehe davon aus, dass es sich bei diesem Diamond´schen Indexpunktesystem um eine rein prozentuelle Chose handelt. Ein Heft mit 110 Indexpunkten hätte also 10%-ig bessere Zahlen gehabt als das Batman-Heft für den Monat.
  • BATMAN wurde laut Diamond als Richtwert gewählt, weil seine Verkaufszahlen mit zu den stabilsten (zumindest mittelfristig) gehören. Nun sind aber selbst die BATMAN-Zahlen nicht jeden Monat gleich. Im Jahr 2010 erschien etwa der Jubiläumsband Batman #700, der (logo!) wesentlich bessere Verkaufszahlen hatte als etwa der #699 einen Monat zuvor. Im Oktober pausierte BATMAN sogar, und für diesen Monat wurde DETECTIVE COMICS #870 als „Indexwert“ herangezogen. Diese Reihe hat aber regelmäßig wesentlich weniger verkaufte Exemplare als BATMAN.
  • Ich verwende hier geschätzte Zahlen von ICv2. Denen Zufolge lag der Mittelwert aus den 12 Monaten des Jahres 2010 bei (von mir hier minimal aufgerundeten) 68.000 Stück pro Monat. Der Batman #700 war ein Ausreißer nach oben, der aber durch den Detective Comics #870 Ausreißer nach unten ausgeglichen sein sollte. Meine Statistik hier beruht also auf angenommenen durchschnittlichen 68.000 monatlich verkauften Exemplaren Batman übers Jahr 2010 hinweg, mit welchem Wert ich die Diamond-Indexwerte hierin zu konkretisieren versuche.
  • Die Zahlen beinhalten auch internationalen Markt, zumindest wo er über Diamond abgewickelt wird. Ausgenommen sind hingegen Dinge, die nicht über Diamond laufen, so etwa Abos und Ähnliches. Auch allfällige (im US-Comics-Geschäft aber eher unübliche) Remittenden sind bereits rausgerechnet.
  • Festzuhalten ist weiters, dass es hier um Einzelhefte geht, und nicht um Trade-Paperbacks oder andere auch über den Buchhandel erhältliche Werke. (Für diese habe ich mir dieses Jahr keine Mühe gemacht, die Zahlen zu finden, seit Diamond die nichtmehr nennt, sorry.)

Gesamtsituation und die „Kleinen“
Die Statistik hier beruht auf den 500 erfolgreichsten Einzelheften des Jahres 2010, wenn es um spezifische Titel und Hefte geht, und auf der Gesamtsituation, wo von Marktanteilen gesprochen wird.

Prinzipiell ist ein „Absacken“ der Spitzentitel zu verzeichnen. Knapp nach den Top 30 fällt man nach meiner Berechnung im Jahr 2010 schon unter 100.000 verkaufte Exemplare. Letztes Jahr lag diese symbolische Grenze noch eine Ecke niedriger, sprich: es gab mehr Hefte jenseits dieser Grenze.

Gesamt dürften von den 500 erfolgreichsten Heften im Jahr 2010 immerhin noch 32,1 Mio. Stück verkauft worden sein. (Vorjahr, noch den expliziten Zahlen nach: 33,4 Mio., also ein Minus von ca. 1,3 Mio. Stück oder -4%)

Hatten die kleinen Verlage (also abseits Marvel und DC) im Jahr 2009 noch 15 Hefte in die Top500 gebracht, mit ca. 0,8 Mio. Verkäufen, sind es im Jahr 2010 bloß noch 12 Einzelhefte mit 0,6 Mio. verkauften Exemplaren geworden.

Die erfolgreichsten drei Comics hiervon waren:

  • Green Hornet #1 von Dynamite Entertainment (Platz 214 mit ca. 61.600 Stk, sämtliche der zahlreichen Variant-Cover-Versionen zusammengezählt)
  • True Blood #1 von IDW Publishing (Platz 299 mit ca. 54.100 Stk., sämtliche Variants)
  • Buffy the Vampire Slayer #32 von Dark Horse (Platz 304 mit ca. 53.600 Stück)

Marvel und DC
Im Jahr 2010 hatte Marvel 297 der 500 erfolgreichsten Hefte und DC hatte 191.

Das erfolgreichste (Marvel- und überhaupt) Comic 2010Die erfolgreichsten fünf Marvels (dank dem gefühlten 47sten Nummerierungsneustart) waren:

  • Avengers #1 (Platz 1 mit ca. 188.200 Stück)
  • X-Men #1 (Platz 2 mit ca. 155.500 Stück)
  • Siege #1 (Platz 4 mit ca. 148.000 Stück)
  • New Avengers #1 (Platz 6 mit ca. 142.400 Stück)
  • Siege #2 (Platz 9 mit ca. 129.200 Stk)

Die (dank dem gefühlten 47sten Endlos-Mega-Event) fünf erfolgreichsten DC-Comics des abgelaufenen Kalenderjahres waren:

  • Blackest Night #8 (Platz 3 mit ca. 152.000 Stück)
  • Blackest Night #7 (Platz 5 mit ca. 146.600 Stück)
  • Brightest Day #0 (Platz 7 mit 139.700 Stück)
  • Brightest Day #1 (Platz 8 mit 138.100 Stück)
  • Batman: Return of Bruce Wayne #1 (Platz 10 mit ca. 128.300 Stück)

Zu den Marktanteilen (hier ist es rein Diamond-Statistik, ohne „Interpretation“):

Prozentuale Anteile am Diamond-Umsatz (vulgo „Dollar Market Share“) 2010:

  • Marvel: 38,2% (2009: 40,5%, also -2,3 Prozentpunkte)
  • DC: 30,4% (2009: 29,3%, also +1,1 Prozentpunkte)
  • Dark Horse: 5,2% (2009: 5,2%, also unverändert)
  • Image Comics: 4,5% (2009: 3,7%, also +0,8 Prozentpunkte)
  • IDW Publishing: 4,1% (2009: 4,2%, also -0,1 Prozentpunkte)

Prozentuale Anteile an verkauften Einheiten 2010:

  • Marvel: 43,4% (2009: 45,6%, also -2,2 Prozentpunkte)
  • DC: 34% (2009: 32,2%, also +1,8 Prozentpunkte)
  • Dark Horse: 3,9% (2009: 4,1%, also -0,2 Prozentpunkte)
  • Image Comics: 3,7% (2009: 3,3%, also +0,4 Prozentpunkte)
  • IDW Publishing: 3,5% (2009: 3,5%, also unverändert)

Bemerkenswert, dass Image 2010 IDW Publishing als Viertgrößten wieder überholt hat, wenn auch äußerst knapp.
Danach folgen „ferner liefen“, in der zu 2009 unveränderten Reihung: Dynamite Entertainment, Boom! Studios, VIZ Media.
 
Das erfolgreichste DC-Comic 2010Abschlussbemerkung
Ich weiß natürlich nicht, weshalb Diamond neuerdings so ein Geheimnis um die Zahlen macht. Auf deren Homepage hätte ich keine entsprechende Verlautbarung oder Pressemeldung gelesen.

Ich weiß allerdings, dass die „Außenwirkung“ so einer Aktion, speziell unter der „Handvoll“ Leuten, die sich für derlei Statistiken interessieren, ziemlich verheerend ist. Weil dann sehen wieder alle schwarz.

Ich auch?

Nein, zur Abwechslung mal nicht. Sollte meine Statistik hier auch nur halbwegs richtig sein (und diese Annahme steht und fällt damit, ob deren „Indexpunktsystem“ tatsächlich rein prozentbasiert und außerdem über und unter 100 gleichermaßen erweitert wird), dann mag der Markt im Jahr 2010 um etwa 5% geschrumpft sein.

Allerdings nur der Markt über Diamond!
Es steht nirgendwo geschrieben, dass es Diamond gut gehen muss, damit es der (US-)Comic-Welt gut geht. Jener ginge es wohl besser, ginge es Diamond irgendwann mal gar nicht so gut.

Ich habe letztens bemerkt, dass die Comic-Verlage wieder vermehrt Abos anbieten. Das war früher schon so, und das ist jetzt langsam wieder so, und ich finde das ganz in Ordnung. So kann man Diamond rausschneiden und es bleibt mehr Geld für die Verlage.

Persönlich vermute und empfinde ich meine hier selbst berechneten Zahlen als minimal überschätzt und wohlwollend aufgerundet. Aber vielleicht ist meine ganze Rechnerei hier ja auch bloß reinste Spinnerei. Was weiß man schon ...

Enttäuschend ist aber wieder mal zu sehen, was genau denn (noch) gut rennt. Und es sind wiedermal die Neustarts und die Mega-Events, und wenn man auf die Kluft schaut, die zwischen 1 und 500 der "Top 500" klafft, dann mag einem mulmig werden.
Weil oben steht zwar ein Heft mit annähernd 190.000 Verkäufen, aber auf Platz 500 stand im Jahr 2010 der traditionsreiche Titel Fantastic Four mit seiner #585. Und bescheidenen 41.600 Verkäufen.

Und plötzlich wundert man sich überhaupt nicht mehr über vermeintliche Winzigauflagen von 222 Stück Panini´scher Hardcover-Ausgaben ...
 

Kommentare  

#1 Lefti 2011-04-16 13:16
Also, ick bin ja jespannt, wat mir morgen auf der Comic-Börse bei uns erwartet. Immerhin war ich das letzte Mal auf einer Comic-Börse noch vor dem großen Zusammenbruch des Marktes. Also noch im vergangenem Jahrtausend. :oops:
Sozusagen in der Altvorderenzeit.

Zitat:
Die erfolgreichsten drei Comics hiervon waren:

* Green Hornet #1 von Dynamite Entertainment (Platz 214 mit ca. 61.600 Stk, sämtliche der zahlreichen Variant-Cover-Versionen zusammengezählt)
* True Blood #1 von IDW Publishing (Platz 299 mit ca. 54.100 Stk., sämtliche Variants)
* Buffy the Vampire Slayer #32 von Dark Horse (Platz 304 mit ca. 53.600 Stück)
Da würde mich doch mal interessieren, welches Kundenklientel diese Comics kauft.
Zählen Buffy und TrueBlood nicht als Tennie-, respektive Kindercomics, bzw. als reine Mädchencomics? Oder werden diese Serien in den USA als vollwertige, massenmarkttaugliche Comics angesehen?
#2 Wolfgang Trubshaw 2011-04-16 17:30
Ich habe natürlich keinerlei Ahnung, welches Kundenklientel spezifisch die Hefte kauft.

Bei Green Hornet war es sicher der (in den USA durchaus bemarketingte) Film, der die Verkäufe gepusht hat. Das Franchise ist besonders auch bei Altsäcken beliebt, die zum großen Teil mit Re-Runs der Originalserie aufwuchsen.

True Blood dürfte wohl vermutlich tatsächlich überproportional viele weibliche Käufer gefunden haben, vermute ich mal. Wie alt die sind, wage ich nicht zu sagen, aber wohl nicht allzu alt.

Buffy wiederum ist ein Sonderfall. Deren Leserschaft ist nicht annähernd so weiblich wie man glauben mag. Und Teenie-Klientel war es damals, als das Ding neu im Fernsehen war. Aber die meisten (loyalen) Fans der Figur sind mittlerweile Twens.

Was überhaupt heutzutage noch als "massenmarkttauglich" betrachtet werden kann, ist ja die große Frage.

Am Höhepunkt der 90er-Blase dürften die schlechtestgehenden Hefte aus den Top 500 nicht weit weg gewesen sein von den heute bestgehendsten. Jetzt rein Verkaufszahlen betrachtend ... :o
#3 Carn 2011-04-16 17:59
Aaaargh, diese fürchterlichen Neustarts - das ist nur marketingstrategische Kalkulationskacke. DC hat gottseidank diesen Esel nicht so sehr niedergeritten wie Marvel (Action Comics und Detective haben nie Restarts erhalten - bei Superman wars ein wirklicher Neustart und da war die Neunumerierung vernünftig).
Aber bei Marvel scheint dies in die Verlagsphilosopie übergegangen sein - bei Fantastic Four, Thor und Hulk ist man zwischenzeitlich dann wieder zur Normal-Numerierung übergeschwenkt - weil man die 500er Jubiläen feiern und durch diese Nummern abkassieren wollte). Diese Jagd nach No.1's dürfte sich mittlerweile totgelaufen haben (weil auch die doofsten Sammler einsehen dürften, daß die Teile nach ein paar Jahren auch nicht mehr Wert haben als die anders numerierten).

Mmmmh, True Blood wird nur von Mädchen gekauft - keine Ahnung, die Fernsehserie ist aber dermaßen vollgepropft mit hartem Sex und Splatter, daß er nix für Barbie-Enthusiasten sein dürfte...
#4 Laurin 2011-04-16 20:55
Ich bin da mal ganz ehrlich, die Restarts haben mir schon am Anfang nicht zugesagt und irgendwie steckt für mich da auch eine gewisse Phantasielosigkeit der Macher dahinter. Würden z.B. statt neue Storys die alten Hefte der 60er und 70er Jahre wieder auf den Markt kommen, würde ich erst da wieder wirklich mit sammeln anfangen. Da waren noch Ideen drin die ich bei den Restarts vermisse. Auch das Storys serienübergreifend gemacht werden um so die Verkaufszahlen zu puschen, sehe ich als Negativ an, weil ich als Kunde das Gefühl bekomme, dass man mir die Kohle so aus der Tasche ziehen will. Solche Ideen ziehen zwar kurzzeitig aber dann ist auch schnell die Luft raus.

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