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PRA in neuem Gewand

Perry, Action und ich - Mein Rhodan-TagebuchPRA in neuem Gewand
»Der Kristallmond-Zyklus« und der neue Weg der zweiten Staffel

Ich weiß nicht mehr, wann Christian Montillon es gesagt hat. Ist es auf der Frankfurter Buchmesse gewesen, als wir uns unterhalten haben? Hat er es mal auf der LKS von PRA erwähnt, oder irgendwo in einem Forum im Netz angedeutet? Spielt ja auch eigentlich keine Rolle. Was zählt ist, dass der PRA Exposéautor irgendwann irgendwo verkündet hat, die zweite Staffel würde sich grundlegend von der ersten unterscheiden.

Mittlerweile dürfte jedem klar sein, was er damit gemeint hat.
 
Das Offensichtliche: Eine andere Handlung
Die erste Staffel PRA spielte im Demetria-System. Unfreiwillig geriet Perry Rhodan ins Visier der Regenten der Energie. Dieses Volk, dessen Großreich vor vielen Jahrtausenden vom Arkonidischen Imperium zermalmt worden war, startete einen letzten Versuch, den alten Glanz wieder aufleben zu lassen. Allen voran ihr Anführer Lok-Aurazin verfolgte dieses Ziel mit aller Härte, und er scheute sich auch nicht davor, ganze Planeten zu verwüsten und komplette Völker zu versklaven, um seine Träume Wirklichkeit werden zu lassen.


Der Handlungsort von Staffel zwei hingegen ist der Planet Tarkalon, eine recht unbedeutende Welt, die nach langen, schmerzvollen Jahren des Bürgerkriegs, endlich wieder Frieden finden will. Perry Rhodan ist bereit, die amtierende Regierung zu unterstützen, doch das gestaltete sich, wie nicht anders zu erwarten war, als äußerst kompliziert. Nicht nur, dass es auf Tarkalon Rebellen gibt, die mit dem herrschenden System nicht einverstanden sind und die momentanen Machthaber daher stürzen wollen. Zudem erfolgt auch noch ein unerklärlicher Angriff der Posbis auf den Planeten.
So viel zur Handlung. Doch dass es in dieser Hinsicht Unterschiede gibt, überrascht wohl wirklich niemanden. Es wäre ja auch langweilig, die gleiche Geschichte einfach noch einmal erzählt zu bekommen.

Und es ist auch nicht die Handlung, auf die Christian angespielt hat, als er meinte, die zweite Staffel PRA unterscheide sich deutlich von der ersten. »Der Kristallmond-Zyklus« ist nicht nur in Sachen Story völlig anders als »Der Demetria-Zyklus«. Vielmehr ist es der komplette Stil der zweiten Staffel, der sich in großen Teilen von dem der ersten Staffel unterscheidet.

Das Eigentliche: Ein neuer Stil

»Der Demetria-Zyklus«, das verhieß Action, Action und noch mal Action. Im Kampf gegen die Regenten der Energie gerieten Rhodan und Co von einer haarsträubenden Situation in die nächste. Zur Ruhe kam der Großadministrator allenfalls dann einmal, wenn er aufgrund einer Explosion oder eines Schlages gegen den Kopf das Bewusstsein verlor.

Dankenswerterweise wurden bei all der Action die Charaktere nie vergessen. Die verschiedenen Mitglieder des Mutantenkorps, allen voran Gucky und der Zündermutant Iwan Iwanowitsch Goratschin, bekamen interessante Handlungsbögen zugesprochen, und mit Jeremon Lazaru oder dem Ara No'arto tauchten eine Menge sehr interessanter neuer Protagonisten auf.

Ein wenig anders sieht die Sachlage – im Moment jedenfalls – im »Kristallmond-Zyklus« aus. Keine Frage, auch hier gibt es Action, und wer den aktuellen Roman von Marc A. Herrn gelesen hat (siehe dazu die Rezension zu »Tarkalons Abgrund« auf dem Zauberspiegel), der weiß, dass gerade auch die Protagonisten in der zweiten Staffel eine zentrale Rolle spielen. In zweierlei Hinsicht unterscheidet sich der aktuelle Zyklus jedoch ganz gewaltig von seinem Vorgänger:

  • 1) Die Action: »Der Kristallmond-Zyklus« ist deutlich ruhiger als die erste Staffel. Das heißt nicht, dass es jetzt nur noch kleinere Duelle oder ähnliche, eher unbedeutende Scharmützel gäbe. Die Raumschlacht, die Achim Mehnert in »Trabant der Opulu« zum Besten gegeben hat, beweist das Gegenteil. Doch auf eine unablässige Abfolge von Kampf- und Actionszenen und auf an Ego-Shooter erinnernde Sequenzen, wie es sie etwa in den ersten beiden Romanen der Serie zu bestaunen gab, wartet man in der aktuellen Staffel vergeblich. Autoren und Macher lassen es merklich weniger krachen, und ihre Figuren bekommen tatsächlich auch mal ein wenig Zeit, sich zu erholen.
  • 2) Die Protagonisten: Waren Figuren, ihr Innenleben und ihre Entwicklung schon für die erste Staffel PRA nicht ganz unwichtig, so sind diese Elemente mittlerweile integrale Bestandteile der Story geworden. In den einzelnen Romanen wird viel mehr auf die Gefühle, Erlebnisse, Lebensgeschichten und Charakterveränderungen der auftretenden Personen eingegangen, als dies im »Demetria-Zyklus« der Fall gewesen ist. Man ist geneigt zu sagen, die zweite Staffel ist bedeutend „persönlicher“, als es die ersten zwölf Hefte waren. Gerade die Romane von Mark A. Herren machen es deutlich: Die Protagonisten sind nicht einfach nur Bestandteil der Story. Sie sind die Story.

Action: Ja, aber ein wenig dezenter als noch vor wenigen Wochen. Innenleben und Entwicklung von Charakteren: Auf alle Fälle, sogar deutlich zentraler als zuvor. Keine Frage, der Stil von PRA hat sich mit dem Eintritt in den zweiten Handlungsabschnitt ganz wesentlich verändert.

Man könnte in dieser Aufzählung als dritten Punkt auch noch die Handlung aufführen, wenn man denn unbedingt wollte. Vielleicht bin ich ja der Einzige, dem das so geht, aber mir scheint es, als sei die Story, die Staffel zwei zugrunde liegt, deutlich komplexer als die, welche die erste Staffel ausgemacht hat. Da ich aber gerade einmal das erste Drittel des aktuellen Zyklus gelesen habe, bin ich mit dieser Aussage vorsichtig und konzentriere mich lieber auf die anderen beiden Punkte, bei denen sich unzweifelhaft eine Veränderung ausmachen lässt.

Ein neuer Stil – geht das denn?

Den Stil, den Ton einer Reihe von einer auf die andere Staffel zu ändern, das ist zweifelsohne ein gewagter Schritt. Eine zweite Staffel bedeutet schließlich, dass die erste Staffel so erfolgreich war, dass es sich lohnt, eine weitere anzufertigen. „Erfolgreich“ meint dabei, dass es genug Zuschauer bzw. Leser gab, die die jeweils vorangegangene Staffel verfolgten. Und das wiederum meint, dass es da draußen eine Menge Menschen gibt, die mit dem Ton, den die Serie vorgibt, ganz zufrieden sind, sonst hätten sie die Ausgaben der ersten Staffel ja nicht bis zum Ende begleitet (im Allgemeinen jedenfalls).

Den Stil einer Serie zu verändern meint dann also, dem Publikum einen der Hauptgründe dafür wegzunehmen, sich überhaupt mit der Reihe zu befassen und seine kostbare Zeit in das Anschauen bzw. Lesen der einzelnen Episoden zu investieren. Wenn so was kein gewagter Schritt ist, den die Macher da gehen, dann weiß ich nicht, was überhaupt ein gewagter Schritt ist.

Andererseits: Das Leben besteht aus Veränderungen, und nicht immer sind Veränderungen schlecht. Es kann einer Serie durchaus gut tun, wenn sie sich von Staffel zu Staffel über bloße neue Handlungsstränge hinaus verändert. Solche Veränderungen erlauben es Autoren, neue Storylines einzubauen, festgefahrene Strukturen aufzubrechen und der Serie einen neuen Schub in Sachen Dynamik zu geben, noch bevor sich das alte Konzept überlebt hat und die Reihe anfängt, ihr Publikum zu langweilen.

Es gibt viele Beispiele dafür, dass ein Stilwechsel einer Serie schaden und sie kaputt machen kann. Es gibt aber auch jede Menge Beispiele dafür, dass eine Serie dank eines neuen Tonfalls enorm gewonnen hat, was die Attraktivität angeht.

Zu Serie der ersten Kategorie, also solchen, die  aufgrund eines veränderten Stils verloren haben, gehören etwa »Buffy« (mit Staffel fünf und der reinen Konzentration auf die jungen Protagonisten war die Serie für mich gestorben) oder »Maddrax« (die Einführung der Zombieschiene hat der Serie ihren Reiz genommen). In die zweite Kategorie fallen dagegen Serien wie »Star Trek – DS 9« (mit der Einführung des Dominions fing der Spaß gerade erst an) oder »The Closer« (seitdem sich Brenda und ihr Team besser verstehen, sind die Folgen deutlich heiterer und fesselnder geworden).

Stilwechsel – gute Sache oder fataler Fehler?
Ob man einen solchen Stilwechsel von einer auf die andere Staffel nun gut oder schlecht findet, ist, wie so vieles, Geschmackssache. Was PRA angeht, so kann ich mich bislang nicht beklagen. Die zweite Staffel gefällt mir mindestens ebenso gut wie die erste.

Natürlich lässt mich dieser Stilwechsel nicht ganz unbewegt zurück (sonst würde ich diesen Artikel wohl auch nicht schreiben). Er hat seine Vor-, aber auch seine Nachteile. So fehlt mir beispielsweise das Tempo, das gerade die ersten Romane der Serie ausgemacht hat. Eine derartige Dynamik gibt es im gegenwärtigen Zyklus noch nicht. Auf der anderen Seite hat die Reihe dafür in Sachen Dramatik sichtlich gewonnen. Durch die intensivere Auseinandersetzung mit den Protagonisten stehen diese einem näher, als es noch zu Zeiten Demetrias der Fall war, weshalb mich die aktuellen Geschichten emotional stärker ansprechen als die vorangegangenen.

PRA hat Stil und Tonfall gewechselt, da gibt es kein Wenn und kein Aber. In meinen Augen hat es der Serie durchaus gut getan. Gerade Leser, die sich über den doch enorm hohen Actionanteil so manchen Werkes aus der ersten Staffel beschwert haben, dürften ähnlich empfinden (ich persönlich muss aber sagen, dass ich nichts dagegen hätte, mal wieder einen richtig guten, durchweg Adrenalin treibenden Actioner zu lesen...). Und ich bin mir sicher, auch viele andere Leser, die den Stil der ersten Staffel und die dortigen Häufungen in Sachen Actionszenen mochten, werden auch den Tonfall des neuen Zyklus mögen.

Ein Wechsel, davon bin ich überzeugt, muss hin und wieder sein. Nur so bleibt eine Reihe jung und frisch. Man nehme nur mal »Jerry Cotton«. Eine Zeit lang habe ich die Romane um den G-Man mit Begeisterung verschlungen. Es gab jedoch kaum einmal eine echte Entwicklung, und irgendwann hatte man das Gefühl, alles schon mal gelesen zu heben.
Im Falle von »Buffy« ist dieser Wechsel misslungen, bei PRA erweist er sich, bisher zumindest, als sehr erfrischend und überzeugend. Ich jedenfalls bin gespannt, wie die Reihe weitergeht, und ich hoffe, dass die Personen und ihr Innenleben auch weiterhin eine zentrale Rolle spielen. In dieser Hinsicht hat mich der veränderte Tonfall rundweg überzeugt.
Auch wenn, wie gesagt, ein wenig mehr Action nicht schaden würde ;-)

Vielleicht ja schon im nächsten Roman? Dieser stammt von Hans Kneifel und trägt den Titel

»Das Auge des Kosmos«

Mal sehen, wohin dieser die Serie führen wird...

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