Rock´n Pop revisited - Folge 4: Jethro Tull - The Zealot Gene (2022)
Rock´n Pop revisited
Folge 4: Jethro Tull - The Zealot Gene (2022)
4: Jethro Tull - The Zealot Gene (2022)
“Mrs. Tibbets” beginnt mit einem Flötensolo, worauf schnell E-Gitarre, ein druckvolles Schlagzeug und Ians Gesang einsetzen. Eine rockige uptempo Nummer mit einem für Tull typischen Flötenpart in der Mitte, der von einem E-Gitarrensolo abgelöst wird. Letzteres passt nicht so ganz zu dem eher verhaltenen Gesang Andersons, dennoch wirkt das Stück insgesamt stimmig und eröffnet das Album somit recht eindrucksvoll.
Das kurze “Jacobs Tales” beginnt mit einem Mundharmonika - Solo, worauf Andersons Gesang von Akustikgitarre und Mandoline begleitet wird. Eine schöne, kleine Akustiknummer, die aber auch nicht viel länger als diese 2:12 Minuten hätte sein dürfen.
Das schon etwas opulentere “Mine is the mountain” beginnt mit Klavierakkorden, worauf Ians Gesang einsetzt, der sich mit kurzen rockigen Gitarrenparts und Choralgesängen abwechselt, welche den ungewöhnlichen Chorus darstellen. Mit 5:39 Minuten der längste und vor allem durch die Flötensoli ein ansatzweise progressiver Titel. Der biblische Ansatz des Textes zieht sich durch das ganze Album, wird hier aber am deutlichsten.
Es folgt der titletrack “The Zealot Gene”, welcher mit kurzen Metal Gitarrenriffs beginnt, die immer mal wieder aufmucken, wobei der Chorus dann eher nach dem Folk Pop klingt, wie man ihn von einigen Alben der späten 70er Jahre kennt. Der vielleicht einprägsamste Titel des Albums, welcher gern etwas länger hätte ausfallen dürfen.
In “Shoshana sleeping” hören wir “getrillerte” Flötenparts wie in alten Zeiten, die von einem kraftvollen Schlagzeug und Ians dezentem Gesang begleitet werden und dem wieder rockigen Song einen wiederkehrenden Hook verleihen. Ein weiterer sehr starker Titel.
“Sad city sisters” beginnt mit Akustikgitarre und Akkordeon, wobei letzteres den ganzen Song begleitet und ihm einen sehr folkigen Anstrich verleiht. Andersons Gesang ist hier wieder verhalten und bewegt sich wie immer in den unteren Stimmlagen.
Mit “Barren Beth Wild Desert John” packt man die E-Gitarre wieder aus, welche hier im Kontrast zu dem doch eher ruhigen Gesang für ein rockiges Gewand sorgt. Unterstützt wird sie wiederum von Andersons Flötenspiel, was wieder leicht an frühere Zeiten, aber auch an das letzte Soloalbum erinnert. Ein weiterer, durchaus beachtlicher Titel.
“The betrayal of Joshua Kynde” beginnt mit einem einfachen, trockenen Schlagzeugbeat, dann setzen Flöte, Klavier und Ians Gesang ein, während dieser aber wieder gewohnt verhalten daherkommt, sorgt ein kurzes E-Gitarrensolo dafür, dass auch diese Nummer eher zu den rockigeren gezählt werden darf, wenn sie auch nicht groß heraussticht.
Mit “Where did Saturday go?” geht das Album in die entspannte, ruhige und akustisch dargebotene Phase über. Neben der obligatorischen Flöte und der Akustikgitarre erklingt zwischendurch ein Tamburin. Ians Gesang passt zu dieser Nummer zwar besser, als zu den rockigen, klingt hier aber stellenweise etwas monoton.
“Three loves, three” bleibt in diesem Stil, unterscheidet sich aber auch nicht wirklich vom Vorgänger und plätschert ohne Höhepunkte vor sich hin, auch wenn die Melodie ein wenig an die ruhigeren Stücke des “Aqualung” - Albums erinnert.
Mit dem wieder sehr ähnlichen “In brief visitation” ergibt sich so etwas wie eine Trilogie, allerdings stellt dieser Titel keinen Höhepunkt dieser drei Songs dar, es bleibt halt ruhig und plätschernd, und man beginnt doch so langsam, Schlagzeug und E-Gitarre zu vermissen.
Diese kommen zwar im finalen “The fisherman of Ephesus” wieder zum Einsatz, allerdings fällt auch dieser Titel gegen die stärkeren Stücke der ersten Hälfte dieses Album etwas ab. Immerhin gibt es hier wieder längere Instrumentalparts, welche dafür sorgen, dass es nach den drei ruhigeren Titeln noch einen versöhnlichen Schluss im für die Band typischen musikalischen Gewand gibt.
Fazit: Mit diesem Werk bleibt Ian Anderson seinem Stil im Grunde treu, zumindest wenn man sich auf die letzten Soloalben und das 99er “J-Tull Dot.Com” Album bezieht. Wer hier größere Veränderungen oder gar eine Rückbesinnung auf die progressive Ära erwartet, der dürfte enttäuscht werden. Auch muss man sagen, dass dieses Werk nicht an das geniale “Homo Erraticus” von 2014 heranreicht. Dennoch ist es ein gutes Album, das nur in der zweiten Hälfte leicht schwächelt. Hier hätte Ian Anderson gut daran getan, nicht gleich drei sehr ruhige Titel am Stück zu bringen, sondern auf zwei davon lieber gleich zu verzichten.