...Nick Brownlee über »Mord in Mombasa«, Fehler im Suaheli und Kenia
: Fiktion schreibe ich, seit ich ein kleiner Junge gewesen bin. Eine meiner ersten Geschichten war ein richtig harter, 300 Worte langer Porno, den ich im Alter von zehn Jahren mit einem Finger auf einer tragbaren Olivetti-Schreibmaschine abgetippt habe. Meine Großmutter hat beinahe einen Herzanfall bekommen, als sie ihn aus Versehen gelesen hat.
In meiner Schreibtischschublade liegen ein Dutzend oder mehr Romane und setzen Staub an. Wäre »Mord in Mombasa« nicht veröffentlicht worden, würde ich immer noch an ihnen arbeiten. Ich habe Glück: Schreiben ist für mich ein Job und ein Hobby.
: Ich habe meine non-fiktionalen Bücher immer als Erweiterung meines eigentlichen Jobs gesehen ich schrieb Features für Zeitungen. Das bedeutet eine Menge Recherche, und man muss sicherstellen, dass die Fakten auch stimmen. Aber war das Buch erst einmal beendet, dann konnte ich es glücklich hinter mir lassen.
Einen Roman zu schreiben, insbesondere dann, wenn es sich dabei um einen Debütroman handelt, ist eine merklich belastendere Erfahrung. Es ist, als ob man ein Kind bekommt: Man erschafft es, nährt es, aber schlussendlich muss man es in die große böse Welt entlassen, wo es für sich selbst sorgen muss. Man wacht in kalten Schweiß gebadet auf und hofft, dass alles glatt gehen wird. Ich hoffe nur, dass es einfacher wird, je mehr man hat!
: Ich denke, weil »Mord in Mombasa« im Grunde eine Story über die moderne Westliche Gesellschaft ist und darüber, was passiert, wenn moralische Grenzen überschritten werden. Mit Ausnahme von Inspektor Jouma sind meine Hauptcharaktere weiße Männer, die nur versuchen ein paar Dollar zu machen, auf legalem oder illegalem Weg. Ihnen sind das Erbe und die Mythen Afrikas vollkommen egal. Für sie sind Mythen Magie und Legenden ein Haufen Unsinn.
: Nicht im Geringsten. »Mord in Mombasa« war eine Flucht vor ihnen!
: Ich wollte immer schon über einen Cop schreiben, der Mordfälle durch altmodische Laufarbeit und Schlussfolgerungen löst, und über Kriminelle, die Verbrechen begehen, ohne sich darüber Sorgen zu machen, Fasern oder Haarfollikel am Tatort zu hinterlassen. Aber wie gelingt es einem, solche Charaktere in einer Welt zunehmender Überwachung und forensischer Fortschritte glaubhaft zu gestalten?
Vor ein paar Jahren nahm ich an der Hochzeit eines Freundes in Kenia teil und mir wurde bewusst, dass ich meinen Schauplatz gefunden hatte. Was die forensische Wissenschaft angeht, herrscht hier noch ziemlich finsterstes Mittelalter. Es gibt einen viel größeren Spielraum für Verbrechen. Außerdem gibt es hier Krokodile, die sehr hilfreich sind, wenn man Leute loswerden will!
: Kenia ist ein Schmelztiegel von Armut und Reichtum, von Privilegien und Leid, ein Ort, an dem normale Regeln nicht existieren. Für einen Autor ist das enorm befreiend, für einen Krimiautor in besonderem Maße.
Mein früherer Chefredakteur sagte immer: Lass niemals zu, dass sich die Tatsachen einer guten Story in den Weg stellen! - aber während die Plots meiner Bücher das Ergebnis meiner Fantasie sind, ist der Hintergrund akribisch geprüft, um ihn so authentisch wie möglich zu halten. Ich war mehrmals in Kenia, und wenn ich in England bin, dann halte ich mich über die lokalen Zeitungen Bücher und Webseiten auf dem Laufenden. In Kenia ist die Wahrheit oftmals seltsamer als die Fiktion.
Es ist ganz eindeutig riskant, ein Buch zu schreiben, das in einem fremden Land spielt, aber als »Mord in Mombasa« in The Daily Nation, Kenias Nationalzeitung, rezensiert wurde, wies der Rezensent lediglich auf ein paar Fehler in meinem Suaheli hin, und das war es schon. Ich war ungeheuer erleichtert!
: Die Krimiliteratur ist ein reichlich überlaufener Markt, und es gibt nicht viel, was nicht schon ausprobiert wurde. Für mich als Autor-Neuling war es wichtig, dass mein Buch sich von der Masse abhebt. Daher habe ich mich bewusst dazu entschlossen, etwas ganz anderes zu erschaffen, sowohl was das Setting betrifft als auch die Charaktere.
Außerdem wollte ich einen echten Krimi-Thriller schreiben mit anderen Worten, ein Buch, das eine Mordermittlung mit einer Menge knallharter Action verbindet. Während Jouma also sein Hirn benutzt, um das Rätsel zu lösen, stürzt Jake mit wirbelnden Fäusten ins Geschehen.
: Serienkiller und Terroristen haben die Angewohnheit, cool und berechnend zu sein und genau daher sind sie sehr langweilige Charaktere, wenn man 300 Seiten über sie schreiben soll. Meine Schurken sind eingebildet, gierig, inkompetent, psychotisch und verzweifelt. Es war ein riesiges Vergnügen, ihr Leben so miserabel wie möglich zu gestalten.
: Mein Plan war es eigentlich immer nur, veröffentlicht zu werden! Aber als ich dann von einem Agenten angenommen wurde, machte die Idee, eine Serie über Jake und Jouma zu verfassen, Sinn.
: Es gibt mehr Morde und mehr Chaos in Mombasa, Leute! Jouma untersucht einen vermeintlichen Selbstmord, der sich als etwas weitaus Finstereres entpuppt, während sich Jake dazu entschließt, sich mit Kenias mächtigstem und skrupellosestem Bauunternehmer anzulegen. Unterdessen haben die Schurken aus »Mord in Mombasa« noch ein paar Rechnungen zu begleichen. Die verschiedenen Handlungsstränge kommen letzten Endes alle zusammen auch wenn ich zugeben muss, dass es Zeiten gab, in denen ich nicht wusste, wie ich das bewerkstelligen soll!
: Gegenwärtig schreibe ich an »Machete«, das im Dezember in Großbritannien veröffentlicht wird, und »Snakepit«, das nächstes Jahr erscheinen soll, besteht bislang aus einem kurzen Plot, der auf ein Stück Papier gekritzelt ist. Ich würde gerne weiter an der Serie schreiben, aber es hängt wirklich davon ab, wie gut die ersten vier Bücher ankommen.
: Wenn man Geld nach Afrika hineinpumpt, dann sorgt das dafür, dass die Oberhäupter auch weiterhin über BMWs und Palästen verfügen können, aber den gewöhnlichen Menschen hilft es wenig.
Für Kenia ist der Tourismus von großer Bedeutung, da so viele Menschen direkt davon profitieren. Ich freue mich, dass die Besucher nach den Stammesunruhen von 2007 und trotz der globalen Wirtschaftskrise zurückkehren. Meiner Erfahrung nach behandeln europäische Touristen das Land mit dem Respekt, den es verdient, und ich würde mehr Leute zu einer Reise anhalten.
Kenia ist ein erstaunliches Land und der Optimismus seiner Bevölkerung im Angesicht der oftmals zermürbenden Armut ist inspirierend.
(auf deutsch): Es ist ein Vergnügen gewesen. Danke und beste Wünsche zu allen Zauberspiegel Lesern!
Nick Brownlee wurde am 12. Dezember 1967 in Blyth, Northcumberland, geboren. Von 1996 bis 1989 besuchte er die Universität von Leeds. Danach arbeitete er als Reporter für verschiedene Zeitungen in Newcastle. Ab 1997 schrieb er Features für Sunday People. Seit 2000 arbeitet er freiberuflich und verfasste verschiedene non-fiktionale Werke.
Nick lebt in Cumbria, ist verheiratet und hat eine Tochter.