... Jessica Schreier über das Schreiben, außergewöhnliche Geschichten und aktuelle SF-Serien
: Ich bin mit SF aufgewachsen, vor allem Star Trek, aber ich bin kein Technikfreak. Raumschiffe starten und landen bei mir ohne viel Trara, und ich habe auch nicht das Bedürfnis, zu erklären, wie Roboter funktionieren. Ich mag den phantastischen Überbau, weil es dort noch Helden gibt, es darf episch sein, und letztendlich kann fast alles in SF als Metapher für ganz alltägliche Probleme verstanden werden.
: Mit vierzehn oder fünfzehn fing ich an, für meine Eltern jedes Jahr zu Weihnachten ein Märchen zu schreiben, und in einem davon spielte Arwel eine kleine Nebenrolle als genervte Assistentin des Weihnachtsmannes. Alle, die die Geschichte lasen, waren begeistert von ihr, deshalb wollte ich ihr unbedingt ein eigenes Abenteuer widmen. Dass sie ausgerechnet Detektivin wurde, hängt allerdings mit meiner Abneigung für Krimis zusammen, so absurd das klingen mag. Ich wollte das Genre auf die Schippe nehmen und übliche Klischees ad absurdum führen.
: Ich sollte vielleicht vorausschicken, dass ich die Albernheit der alten Filme sehr viel lieber mag als die Ernsthaftigkeit der neuen. Diesen Tonfall versuche ich immer zu treffen, wenn ich in diesem Universum schreibe, es sind klassische Abenteuer, ich unterscheide nur nicht so streng zwischen Gut und Böse wie George Lucas. Und da mich die Jedi und ihre Geschichte immer schon am meisten fasziniert haben, war es irgendwie naheliegend über die Jedi-Akademie zu schreiben.
: Über die Jahre bin ich eine hingebungsvolle Planerin geworden, ja. Als ich mit dem Schreiben anfing, hab ich praktisch gar nicht geplant und einfach drauflos geschrieben. Manchmal führt das zu interessanten Ergebnissen, aber gerade bei längeren Geschichten oder Serien ist das tödlich. Raum für Nebenhandlungen und Absurditäten muss aber bleiben, das ist mir wichtig.
: Arbeit. Und Freude. Aber hauptsächlich Arbeit. Es gibt natürlich Projekte, bei denen ich sofort mittendrin bin und zehn Seiten am Stück runterschreibe, weil es sich so anfühlt, als würde ich das wirklich erleben.
Aber 90 Prozent sind Arbeit, um von einem Punkt zu einem anderen zu kommen, Zusammenhänge logisch darzulegen oder Figuren lebensnah zu beschreiben. Was nicht heißt, dass mir das keinen Spaß macht.
: Welcher Autor möchte seine Sachen nicht gern gedruckt sehen? Leider ist das nicht so leicht, als unbekannter Autor hat man bei großen Verlagen eigentlich keine Chance, bei den vielen kleinen wiederum keinen Durchblick. Bei der Detektelfe hab ich mir aber tatsächlich die Veröffentlichung zum Ziel gesetzt, zur Not auch über Book on Demand. Meine beste Freundin wird die Illustrationen dafür machen.
: Das ist eine ganz spannende Sache, denn sie sind so vielfältig! Mich hat schon mal die Atmosphäre eines Musikvideos auf die Idee für einen kompletten Roman gebracht. Schlechte Filme sind auch gut, weil das ungenutzte Potenzial meine Fantasie anregt. Aber letzten Endes kann mich alles inspirieren, ein Bild, ein Song, eine Beobachtung, manchmal ein einzelnes Wort. Ich sammle alles und nutzte es oft erst Jahre später.
: In unserer modernen Zeit wirkt das seltsam, aber ich arbeite immer noch viel mit Papier und Bleistift. Wenn ich bei einer Story feststecke, notiere ich die offenen Fragen und anschließend alles, was mir dazu einfällt. Schreiben und Denken sind dann dasselbe, am Computer wäre das undenkbar. Ich sammle in Notizbüchern Bilder, wie ich mir meine Protagonisten vorstelle, notiere mir Details ihrer Gestik, ihres Auftretens und ihrer Sprache. Erst, wenn ich wirklich mit dem Schreiben anfange, setze ich mich an die Tastatur.
: Ich weiß, dass eine Menge Leute begeistert sind von den neuen Geräten, und technisch finde ich sie durchaus auch bemerkenswert. Aber wer Bücher wirklich liebt, wird auf das Gefühl eines Leineneinbands, auf das Rascheln von Papier und den Geruch der Jahre zwischen den Buchdeckeln nicht verzichten wollen.
: Ich finde es schade, dass sie von den meisten Menschen so gering geachtet wird. Es hat meines Erachtens auch nichts mit Rückständigkeit zu tun, wenn ich bedaure, dass Anglizismen nach und nach deutsche Wörter verdrängen, die sehr viel mehr Bedeutung haben als die bloße Übersetzung. Die deutsche Sprache ist auch nicht hart, wie viele behaupten, sie hat eine ernsthafte Schwere, die sehr poetisch sein kann. Und wer könnte Wörter wie famos oder fabelhaft nicht mögen?
: Inzwischen leider mehr durch Serien, das hat aber vor allem damit zu tun, dass ich viel für die Uni lesen musste und kaum Zeit hatte, richtig in einen Roman einzutauchen. Bücher sprechen mich auf einer ganz anderen Ebene an, die sind wie eine Verlängerung meines eigenen Lebens, das geht nicht mal so nebenher.
: Tatsächlich ihre Nähe zum literarischen Erzählen. Genauso, wie ich es bei einem Buch mag, wenn etwas, was am Anfang erwähnt wurde, fünf Kapitel später wichtig wird, liebe ich es, Details und Verknüpfungen in Serien zu entdecken. Ich möchte herausgefordert werden, mitdenken müssen. Und ich weiß eine gut erzählte Geschichte zu schätzen.
: Das ist etwas, was mich tatsächlich auch beschäftigt. Die offensichtlichste Antwort ist die fragwürdige Sendepolitik hierzulande, wo Staffeln mittendrin unterbrochen werden oder im Fernsehprogramm allwöchentlich tiefer in die Nacht rutschen. Das deutsche Publikum ist gewiss nicht dümmer als das amerikanische. Und ich glaube, inzwischen warten viele Leute auch einfach auf die DVD-Veröffentlichung.
: Kürzlich war ich mit einer Freundin einen Kaffee trinken, und da meinte sie so, sie fände es wirklich merkwürdig, dass in US-Serien ständig gegessen wird. So ungefähr darf man sich den Prozess der Themenfindung bei mir vorstellen. Ich diskutiere wahnsinnig gern mit anderen über Serien, auch über solche, die ich gar nicht schaue. Aber ich plane nicht weit im Voraus, die meisten Artikel entstehen im Verlauf von ein bis maximal drei Wochen.
: Ich denke, das wichtigste Buch für mich war Nathaniel Hawthornes Der scharlachrote Buchstabe, weil Hester Prynne die erste starke Frauenfigur in meinem Leben war. Überhaupt haben mich am meisten die klassischen Romane geprägt, trotz meines SF-Faibles. Douglas Adams darf trotzdem nicht unerwähnt bleiben, sein nüchtern beschriebener Unsinn ist stets eine Inspiration. Filme und Serien spielen da eher eine untergeordnete Rolle, mich interessieren aber seit jeher die unterschiedlichen Erzählweisen.
: Manchmal kann ich es selbst kaum glauben, aber ich bin schon seit elf Jahren dabei, ich gehöre tatsächlich zu den ganz alten Hasen dort! So aktiv wie zu Beginn bin ich aber schon lange nicht mehr, ich schreibe nur noch dann Artikel, wenn ich über ein lohnenswertes Thema stolpere. Mir wurde mal gesagt, ich sei erste Wahl bei anspruchsvollen Sachen, aber wahrscheinlich war das nur ein Trick, um meine Eitelkeit zu streicheln.
: Design hat mich schon immer fasziniert, und wäre ich nicht schon am Eignungstest gescheitert, hätte ich das sogar studiert. Mir macht diese Arbeit einfach Spaß, ich kann dabei gut abschalten, es ist also ein guter Ausgleich zur Denkarbeit des Schreibens. Das gilt übrigens auch fürs Basteln, da hab ich hinterher etwas in der Hand, wovon ich sagen kann, das hab ich gemacht.
: Um ehrlich zu sein, ich kannte den Film nicht mal, bis meine Magisterprofessorin ihn mir empfohlen hat. Ich wollte gerne was zur Stadt der Zukunft schreiben, war aber völlig auf SF fixiert. Dabei ist Playtime sehr spannend, weil es keine aus der Luft gegriffene Zukunftsvision ist. Tati hat einfach nur Tendenzen der 1960er-Jahre weitergedacht und überhöht, und was er zeigt, ist heute zum großen Teil Realität geworden. Tati war ein guter Beobachter, er entlarvt die Gesellschaft und die Marotten von Menschen, diese Art von Humor gibt es heute gar nicht mehr.
: Konkret wäre übertrieben, aber ich möchte natürlich etwas machen, wo ich schreiben kann. Die Zeitungen sind leider völlig überlaufen, daher liebäugle ich mit dem Beruf des Werbetexters, das ist auch kreativer. Mal schauen, wohin es mich letztendlich verschlägt.