Skandalfilm erstmals ungekürzt - »Caligula« – 2 Disc Edition
Skandalfilm erstmals ungekürzt
»Caligula« – 2 Disc Edition
Schon in der Eröffnungsszene, in der die Kamera direkt auf die primären Geschlechtsmerkmale von Hauptdarstellerin Teresa Ann Savoy fokussiert, kann man sich ein Bild davon machen, in welche Kerbe diese „Penthouse Films International“-Produktion in den nächsten zweieinhalb Stunden schlagen wird. Und in der Tat geht es auch im weiteren Verlauf der Handlung im Bildvorder- oder -hintergrund um die Darstellung expliziter sexueller Akte, die mal zwischen Männern und Frauen, mal nur zwischen Männern und mal nur zwischen Frauen vollzogen werden. Ein orgiastisches Treiben sondergleichen, bei dem die eigentliche Geschichte mitunter fast ein wenig auf der Strecke zu bleiben droht.
Prinz Caligula (Malcolm McDowell) wird von Macro (Guido Mannari) in den Palast des regierenden Kaisers Tiberius (Peter O’Toole) gerufen. Dieser ist schwer an Syphilis erkrankt und weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Noch vor dem Kaiser nimmt sich allerdings dessen engster Vertrauter Nerva (Sir John Gielgud) das Leben, da er mit keinem der drei möglichen Nachfolger von Tiberius‘ besonders glücklich ist. Neben Caligula wären das eventuell auch dessen jüngerer Bruder Gemellus (Bruno Brive) oder deren Onkel Claudius (Giancarlo Badessi). Caligulas Gier nach Macht erwacht vollends, als er allein an Tiberius‘ Sterbebett sitzt. Mit Hilfe von Macro entledigt er sich des alten Herrschers und befördert sich selbst auf den Kaiserthron. Eigentlich pflegt Caligula eine inzestuöse Beziehung zu seiner Schwester Drusilla (Teresa Ann Savoy), doch diese rät ihm nun, sich seine zukünftige Gattin unter den Dienerinnen der Isis zu suchen. Caligulas Wahl fällt auf die bereits mehrfach verheiratete Caesonia (Dame Helen Mirren).
Auch heute noch macht einen die Unverblümtheit und Direktheit Staunen, mit der Tinto Brass und seine beiden Co-Regisseure Bob Guccione (lange Jahre der „Penthouse“-Herausgeber) und Giancarlo Lui dieses antike Sittengemälde in Szene gesetzt haben. Kaum eine Szene, in der nicht irgendwelche komplett nackten Menschen durchs Bild laufen, immer wieder durchzogen von explizit pornografischen Szenen in Großaufnahme. Dazwischen wird eine Geburt als Massenschauspiel auf eine Theaterbühne gebracht, fistend gefoltert oder der Nekrophilie gefrönt. Kein Tabu, das die Macher seinerzeit ausgelassen hätten. Wenn man sich davon nicht abschrecken lässt, bekommt man auch eine durchweg üppige und teuer aussehende Ausstattung und entsprechende Kostüme präsentiert, und kann sich am professionellen und teilweise derb-überzogenen Spiel der Starbesetzung ergötzen.
„Caligula“ stand rund 40 Jahre lang auf dem Index und ist nun erstmals in Deutschland „ab 18 Jahren“ in ungekürzter Fassung fürs Heimkino erschienen. Die „2 BluRay Special Edition“ bietet ein ordentliches Bild (im Widescreen-Format 1,85:1), das allerdings nicht gleichbleibend scharf ist und in dunkleren Szenen noch reichlich Filmkorn erkennen lässt. Der Ton (Deutsch und Englisch im DTS HD Master Audio 5.1, optional mit deutschen Untertiteln) ist hingegen nicht zu beanstanden. Das Bonusmaterial ist auf der zweiten Scheibe versammelt und beinhaltet die Dokumentation „The Making of Caligula“ von 1981 (62 Minuten), die Featurettes „The Making of Caligula“ (10 Minuten), „John Steiner: Mein Urlaub in Rom“ (24 Minuten), „Caligula’s Pet: Im Gespräch mit Lori Wagner“ (28 Minuten), „Tinto Brass: Die Orgie der Macht“ (35 Minuten), „Hinter den Kulissen“ (77 Minuten), geschnittene und alternative Szenen der US-Version (zusammen 32 Minuten), diverse amerikanische und deutsche Trailer und ein unglaublich umfangreiches Archiv aus animierten Fotogalerien. Im BD-Rom-Teil finden sich Pressemitteilungen, Biografien, Drehbuchversionen, Penthouse-Artikel und -Fotostrecken, und der Essay „Die Entstehungsgeschichte von Caligula“.
Kommentare
Schade ist dabei nur, das bei dieser 3-Disc-Version nur auf DVD und nicht auch auf BD zurückgegriffen wurde. Diesen Mangel hebt nun die vorliegende BD-Version ja dankenswerter Weise wieder auf.
Dass das Bild nicht gleichbleibend scharf ist, liegt zudem auch daran, dass damals der Originalfilm extrem zerstückelt wurde und man mit den Jahren mühsam eben diese Fragmente wieder zusammenfügen musste, wobei man selbst heute noch nicht zu 100 Prozent wirklich sagen kann, ob da nicht vielleicht doch noch ein kleiner Filmfetzen noch fehlt. Da ich den Originalfilm allerdings damals noch unzensiert gesehen hatte, kann ich bei dieser Version sagen, dass wohl soweit alles wieder zusammengefügt wurde was zusammen gehörte.
Auch waren Bob Guccione und Giancarlo Lui nie Co-Regisseure von Tinto Brass.
Vielmehr sind alle Pornoszenen später von den beiden gedreht und in den Film eingefügt worden.
Tinto Brass und alle Stars dieses Films haben sich von dieser Version distanziert und das Vorgehen stark verurteilt.
Ergo entspricht die "Pornoversion" von Caligula nicht der 'Originalfassung'.
Es wäre allerdings ein Fehler zu glauben, bei Tinto Brass wäre die Version züchtiger gewesen. Auch Brass hatte (wie bei seinen anderen Filmen) ordentlich Erotik eingebaut. Was ihm aufgestoßen ist sind die Szenen, in der z.B. offensichtlich der Oralverkehr gezeigt wird (das ging dann auch ihm wohl zu weit). Generell muss man allerdings sagen, dass diese offensichtlichen Porno-Szenen schon Inhalt waren, als der Film in die Kinos kam und nicht nachträglich noch hinzugefügt wurden, weshalb er damit sehr wohl die Originalfassung ist, auch wenn er ab dann von der vorher geplanten und abgesprochenen Weise abgewichen ist. Der Film entsprach so natürlich nicht mehr den eigentlich besprochenen Vorstellungen mit Tinto Brass und den Darstellern. Der Film ist, was die gezeigte Kinoversion betrifft trotzdem die ungekürzte Version, egal wer sich wann und aus welchem Grund auch immer distanziert haben mag.
Ansonsten ist der Film eher ein Stinker, der an ein dröges Theaterstück erinnert, welches sich selbst zu ernst nimmt da sich der Regisseur verzettelt hat. Damals noch skandalös lockt ein solcher Film heutzutage niemand mehr hinter dem Ofen hervor. Es gibt zudem keinen einzigen Sympathieträger unter den Darstellern.
Ich bin aber auch kein Tinto Brass Fan - außer dass er als einer der ersten Geschlechtsteile zeigte und eine Vorliebe für Frauen "mit Volumen" zu jener Zeit hatte, bekam er nichts mit einer interessanten Handlung auf die Reihe.