Der Boxer und der Schöngeist - »Napola – Elite für den Führer«
Der Boxer und der Schöngeist
»Napola – Elite für den Führer«
Davon erzählt der 2004 entstandene Film „Napola – Elite für den Führer“.
Dennis Gansels („Mädchen Mädchen!“) zweiter Spielfilm widmete sich – ähnlich wie Volker Schlöndorffs fast zeitgleich entstandener Film „Der neunte Tag“ – einem Kapitel des Zweiten Weltkrieges, dem im Kino noch nicht allzu viel Aufmerksamkeit zuteilgeworden war. Friedrich Weimer (Max Riemelt), ein hoffnungsvoller junger Boxer, erregt 1942 bei einem seiner Kämpfe die Aufmerksamkeit des Lehrers Heinrich Vogler (Devid Striesow), der an einer Nationalpolitischen Erziehungsanstalt („Napola”) Deutsch und Boxen unterrichtet. Entgegen dem Willen seines Vaters (Alexander Held) tritt Friedrich seine Eliteausbildung auf der malerischen Burg Allenstein an. Erst der schöngeistige Albrecht Stein (Tom Schilling), Sohn des örtlichen Gauleiters (Justus von Dohnányi) und schnell der beste Freund Friedrichs, schafft es, dem jungen Mann die Augen für das Unrecht zu öffnen, das im Zeichen einer vermeintlich guten Sache von den Nationalsozialisten begangen wird.
Über die Ordensburgen und Erziehungsanstalten, die von Adolf Hitler in den 40er Jahren ins Leben gerufen wurden, um die neuen Herrenmenschen heranzuzüchten, „eine gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend” (Hitler), wurde bis dato eher der Mantel des Schweigens gehüllt. Erfolgreiche Zeitgenossen wie der Banker Alfred Herrhausen, der Schauspieler Hardy Krüger, der Publizist Hellmuth Karasek oder der „Zeit”-Herausgeber Theo Sommer haben die Kadettenschmiede durchlaufen und nachweislich Karriere gemacht. Schon in den ersten Szenen schildert Gansel den Alltag in der Napola als gnadenlosen Drill um Pünktlichkeit, unbedingten Gehorsam, Akkuratesse und Unterordnung der Individualität zugunsten der Gemeinschaft. Er entwirft damit ein stimmiges Bild einer unmenschlichen Ideologienfabrik, in der kein Platz für eigene Meinungen oder Gefühle bleibt.
Die Mittel, mit denen er seinem Publikum die Wandlung Friedrichs verständlich machen will, fallen allerdings mitunter plakativ und vorhersehbar aus. Friedrich, der Boxer, ist der Starke, aber noch ungehobelt und nicht gefestigt in seinen Ansichten. Seinen besten Freund findet er ironischerweise im Sohn eines politischen Führungskopfes, der weichlich und grüblerisch ist, ein Schöngeist, dem von seinen Eltern die Aufmerksamkeit, die er benötigt, verweigert wird. Daneben gibt es noch einen kaltherzigen Oberprimaner und einen weiteren Schwächling, der als Bettnässer dafür herhalten muss, die Grausamkeit der Anstalt das eine ums andere Mal vorzuführen. Vom darstellerischen Gesichtspunkt ist „Napola – Elite für den Führer“ aber ein vorbildlicher Film, denn Gansel versteht es bereits, aus seiner Neuentdeckung Max Riemelt („Sense8“ und demnächst in „The Matrix 4“) das Beste herauszuholen. Der damalige Nachwuchsstar erhielt auf dem Filmfestival von Karlovy Vary den Darstellerpreis für seine Rolle als Friedrich. Zusammen mit seinen glaubwürdigen und überzeugenden Co-Darstellern gelingt es ihm, einige plattere Szenen in den Hintergrund rücken und das Interesse an der Story nicht abreißen zu lassen.
Die BluRay-Erstveröffentlichung von justbridge Entertainment kommt als limitiertes Mediabook daher, in dem sich ein zwanzigseitiges, reich bebildertes Booklet mit einem Text von Christoph N. Kellerbach und einem Exklusiv-Interview mit Dennis Gansel findet. Die Bildqualität des Films (im Widescreen-Format 1,85:1) kann sich sehen lassen, der Ton (Deutsch im DTS 5.1, optional mit deutschen Untertiteln) ist in Ordnung, wenngleich die Soundkulisse filmbedingt wenig spektakulär bleibt.
Als Extras gibt es einen Audiokommentar von Dennis Gansel, ein Videotagebuch von Gansel (38 Minuten), acht geschnittene bzw. erweiterte Szenen (zusammen 15 Minuten), Kurz-Interviews mit Max Riemelt, Tom Schilling, Devid Striesow, Justus von Dohnányi, Dennis Gansel und Produzentin Viola Jäger (zusammen 10 Minuten), einen Storyboard-Vergleich (3 Minuten) sowie den Trailer zum Film.