Ich werde nicht schweigen - Der Fernsehfilm der Woche

ZDFOldenburg, 1949: Die Kriegswitwe Margarete Oelkers hat die ihr zustehende Witwenrente noch immer nicht erhalten.

Als sie auf dem Amt ihrer Frustration nachgibt und randaliert, wird sie vom Amtsarzt mit der Diagnose Schizophrenie in die Heil- und Pflegeanstalt Wehnen eingeliefert.

Hier wird sie mit fragwürdigen Methoden therapiert und erst ein Jahr später entlassen. Margarete kämpft für ihr Recht und kommt dabei schrecklichen Verbrechen in der Anstalt auf die Spur.

  • Montag, 7. Mai 2018, 20.15 Uhr
  • Mediathek: ab Sonntag, 6. Mai 2018, 10.00 Uhr

Oldenburg, 1949: Die Kriegswitwe Margarete Oelkers hat zwei Söhne und versucht, sich durch Modellschneiderei finanziell über Wasser zu halten. Noch immer hat sie die ihr zustehende Witwen­rente nicht erhalten. Als sie auf dem Amt ihrer Frustration nach­gibt und randaliert, wird sie vom Amtsarzt Dr. Ahrens in die Heil- und Pflegeanstalt Wehnen eingeliefert: Verdacht auf Schizophre­nie.

Ein ganzes Jahr verbringt Margarete in der Anstalt. Völlig überra­schend wird sie entlassen und darf in ihre Wohnung zurückkeh­ren, vom Staat entmündigt und von der Gesellschaft stigmatisiert. Doch Margarete ist eine Kämpferin. Sie will beweisen, dass es sich bei ihrer Einweisung um einen Irrtum gehandelt haben muss. Und sie will unbedingt das Sorgerecht für ihre Kinder zurückhaben, die inzwischen bei ihrer Schwester Erna auf dem Land leben.

Die Nachbarn kümmern sich aufdringlich um die traumatisierte und erschöpfte junge Frau. Befremdet stellt Margarete fest, dass sich die geschwätzige Frau Schröder während ihrer Abwesenheit zusammen mit dem Kriegsveteran Windhorst in ihrer Wohnung häuslich eingerichtet hat. Windhorst wird gar von Amts wegen zu Margaretes Vormund bestellt. Abhängig von Windhorst verfügt Margarete nicht einmal über ausreichende Mittel, um mit dem Bus zu ihren Kindern zu fahren. Margarete spürt in der Nachbarschaft und in ihrer eigenen Familie Vorbehalte gegen sich. Seit der Ein­weisung in die Psychiatrie klebt ein Makel an ihr.

Nur die junge Antje, die früher auf ihre Söhne aufgepasst hat, begegnet Margarete unvoreingenommen. Während der Nazi-Herrschaft war Antjes psychisch kranke Mutter in der Heil- und Pflegeanstalt gestorben. Die beiden so unterschiedlichen Frauen verbindet bald eine warmherzige Freundschaft. Margarete vertraut sich Antje an. Die schrecklichen Erinnerungen an Wehnen wecken in ihr immer wieder Ängste, aber auch den Willen, sich zur Wehr zu setzen. Dabei begibt sie sich auf dünnes Eis, wie sie schon bald merken wird. Denn keiner der verantwortlichen Pfleger und Ärzte will zu Margaretes Vorwurf der falschen Einweisung Stellung beziehen. Welche Rolle spielte der Amtsarzt, der ihre Einweisung verfügt hat? Durch den Fund eines Notizbuchs ihres Mannes keimt in Margarete bald ein ungeheuerlicher Verdacht.

Hintergrund

Die Geschichte der Margarete Oelkers basiert auf wahren Bege­benheiten. Ohne Vorwarnung wird eine junge Frau in die Heil- und Pflegeanstalt Wehnen mit der Diagnose Schizophrenie ein­geliefert. Steht ihre Einweisung in Verbindung mit der Verweige­rung einer Witwenrente für den im Krieg gefallenen Ehemann?

Was genau sich hinter den Kulissen auf Ämtern und in Arztzim­mern kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs abspielte, bleibt bis heute im Verborgenen. Doch es gibt Vermutungen, die mit der dunklen, lang geleugneten Geschichte der Heil- und Pflegeanstalt in Wehnen bei Oldenburg zu tun haben.

Es dauerte über 50 Jahre, bis der Oldenburger Historiker Prof. Dr. Ingo Harms mit der Erforschung der Klinikgeschichte das Bild der offiziell als "sauber" geltenden Anstalt umstößt: In der Klinik wur­den während der Nazizeit mehr als 1500 Zwangsarbeiter und psychisch kranke Menschen unter anderem durch systematischen Nahrungsentzug zu Tode gebracht.

Der Vorschlag, über diese ungeheuerlichen Vorgänge einen Fernsehfilm zu machen, kam von der persönlich betroffenen Re­gisseurin selbst. Denn die Protagonistin unseres Films ist Esther Gronenborns Großmutter, die nach einer willkürlichen Diagnose ein Jahr in der Klinik von Wehnen verbringen musste.

Wie kann man in einem Fernsehfilm, der ein breites Publikum an­sprechen soll, die Schrecken der Euthanasie so darstellen, dass das Zusehen noch erträglich ist? Wie die ungeheuerlichen und abstoßenden Vorgänge in Bilder fassen, die man eigentlich nicht sehen will? Der Kunstgriff, die Verbrechen der Ärzte und Pfleger während der Nazi-Zeit aus der Rückschau aufzudecken und an­zuprangern, ergab sich aus der – wahren – Geschichte selbst. Esther Gronenborn hat sie zusammen mit dem Autor Sönke Lars Neuwöhner fiktionalisiert und mit Nadja Uhl als Margarete Oelkers eine Darstellerin gefunden, die Emotionalität und Glaubwürdigkeit vereint.

So ist unsere fiktive Margarete Oelkers eine Frau, die sich erin­nert. Nur wenige wollen sich Anfang der 50er Jahre, in denen es für alle wirtschaftlich bergauf und in eine bessere Zukunft gehen soll, an die Vergangenheit erinnern. Der Film zeichnet ein Sitten­gemälde dieser Zeit, in der man lieber in die Milchbar zum Tan­zen ging, als zu fragen, was der Nachbar im Krieg eigentlich ge­macht hat.

Esther Gronenborns Film wendet sich einem düsteren Kapitel der jüngeren Zeitgeschichte zu, der Euthanasie, die ihren langen Schatten bis in unsere Zeit wirft und nun endlich verstärkt in un­seren Blick rückt. Denn wer sind wir, wenn wir nicht wissen, wo wir herkommen oder was wir und die Generation vor uns gemacht haben? Unsere Zukunft zu gestalten, heißt immer auch, aus der Vergangenheit zu schöpfen. Mit diesem Fernsehfilm erzählen wir fiktional Vergangenheit. Die Gefühle, die die Geschichte hervorruft, sind jedoch Gegenwart. Und wir hoffen auf einen Nachhall dieser Geschichte für die Zukunft.

Bild: ZDF-Logo aus der Wikipedia

 

 

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