Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Zum Debut eine Buße - »Penance« von Dan O‘Shea

PenanceZum Debut eine Buße
»Penance« von Dan O‘Shea

»Penance«, zu Deutsch „Buße“, ist ein Debütroman gleich in mehrfacher Hinsicht: Der erste Roman des US-amerikanischen Autors Dan O’Shea, der erste Roman um den charismatischen Chicagoer Ermittler John Lynch, und der erste Roman, der vom neu geschaffenen Thriller-Verlagslabel „Exhibit A“ veröffentlicht wurde. Ein Dreifach-Debüt, das sich kein Krimi- und Politthriller-Fan entgehen lassen sollte: »Penance« ist ein hochspannendes Werk, das mit einem exzellenten Plot sowie einem enorm überzeugenden Figurenensemble überzeugt.


PenanceVom Verlag wird »Penance« als Spannungsroman beschrieben, der, aufbauend auf dem unverkennbaren Hintergrund und politischen Setting der Metropole Chicago, tief in die Welt der korrupten Chicagoer Politikszene eintaucht, darüber hinaus aber auch die nationale Politiksphäre kritisch beleuchtet. Inhaltlich gestaltet sich dies wie folgt:

Eine streng gläubige alte Frau wird, Sekunden nachdem sie in einer altehrwürdigen Chicagoer Kirche die Beichte abgelegt hat, von einem Scharfschützen aus geradezu unglaublicher Entfernung erschossen. Detective John Lynch untersucht den Fall. Schnell wird deutlich: Hinter der Tat könnte mehr stecken als „nur“ ein bloßer Gewaltausbruch eines Psychopathen. Die alte Dame war die Mutter eines einflussreichen Chicagoer Geschäftsmanns, der bekannt ist für seine rücksichtslosen Methoden, aber auch für seine exzellenten Beziehungen in die höchsten Kreise der Chicagoer und sogar der US-amerikanischen Politik. Lynch geht der Sache auf den Grund – und findet sich bald auf der Spur eines lange zurückliegenden Verbrechens wieder, das fatale Konsequenzen bis in die heutige Zeit hat. Ein Verbrechen zudem, das Licht in den gewaltsamen Tod von Lynchs Vater, eines Cops, der vor vielen Jahren im Dienst erschossen wurde, bringen könnte.

Doch Lynch ist nicht der Einzige, der Jagd auf den Scharfschützen macht. Eine regierungsnahe Organisation ist daran interessiert, den Sniper unter allen Umständen zu stoppen und zu verhindern, dass er der Polizei in die Hände fällt. Um dies zu erreichen, ist jedes Mittel recht …

Verwicklungen bis in die höchsten politischen Kreise, geheimnisvolle halboffizielle Organisationen, ein Ermittler, der im Laufe des Falls eine Spur entdeckt, die ihn mit der eigenen Vergangenheit konfrontiert – im ersten Moment mag sich »Penance« durchaus wie ein x-beliebiger Politthriller anhören, wie es sie zu Dutzenden in den (virtuellen) Bücherregalen gibt. Was O’Sheas Roman von seinen Counterparts abhebt, sind im Wesentlichen zwei Aspekte:

PenanceZum einen das schon erwähnte exzellente Figurenensemble. O’Shea hat für sein Buch einen vielschichtigen Protagonistenstamm entwickelt, der mit markanten Einzelcharakteren und überraschenden Figurenkonstellationen zu glänzen weiß.

Allen voran ist natürlich Detective John Lynch zu nennen, der fernab der üblichen Stereotype gezeichnet ist. Statt eines gebrochenen bärbeißigen Einzelgängers mit diversen Problemen und einer Neigung, alles persönlich zu nehmen und immer mit dem Kopf durch die Wand zu wollen, bekommt der Leser mit Lynch einen sympathischen Helden geboten, der durchaus auch mit eigenen Problemen zu kämpfen hat – etwa einer krebskranken Mutter –, der sich aber nicht über diese Probleme definiert. Sondern ein weitaus komplexerer und damit lebendigerer Charakter ist, als es die üblichen 0-8-15-Hauptprotagonisten in vielen Thrillern sonst sind. Überhaupt sind alle Charaktere aus »Penance«, gerade auch die Schurken des Romans, ganz individuell gezeichnet, verfügen über einzigartige Persönlichkeiten frei von den Genre-üblichen Klischees.

Der zweite Aspekt, der »Penance« aus der Masse der Politthriller heraushebt, ist die erfrischend direkte und ganz und gar nicht stereotype Herangehensweise des Autors an die Handlung. Statt sich auf die üblichen Wendungen und Geheimniskrämereien zu verlassen, erzählt O’Shea eine angenehm gradlinige Geschichte, bei der O’Shea darauf verzichtet, seine Leser mit Andeutungen und Verzögerungen hinsichtlich der Hintergründe des Plots auf die Folter zu spannen (und letzten Endes oft zu enttäuschen). Stattdessen legt der Autor besagte Hintergründe kontinuierlich in angemessenem Maße offen und baut Spannung vielmehr darüber auf, dass er sich überwiegend auf die aktuellen Geschehnisse und ihre zunehmende Eskalation konzentriert. In der Folge verhindert O’Shea, dass sich die Handlung in Ungereimtheiten und Andeutungen verliert, weshalb der Leser stets die Übersicht behält und die mitreißende Geschichte ohne Verwirrung aufgrund unverständlicher Handlungsstränge genießen kann.

Mit »Penance« hat Exhibit A einen packenden Thriller auf den Markt gebracht, den man nur schwer wieder aus der Hand legen kann. Kein Zweifel, viel besser hätte der Start des neuen Thrillerlabels kaum ausfallen können. Ich drücke die Daumen, dass der Roman schnell einen deutschen Verlag finden wird!

Im kommenden Jahr erscheint mit »Mammon« der zweite Band der Reihe um Detective Lynch – ein Buch, das ich auf keinen Fall verpassen werde. Ich bin gespannt, ob es O’Shea gelingt, das hohe Niveau seines Erstlings zu halten …
Penance
Penance
von Dan O‘Shea
Erschienen: Frühjahr 2013 (USA/ Großbritannien)
Gedruckte Ausgabe:
416 Seiten;
ca. 11,00 €;
ISBN: 978-1909223127

eBook:
ca. 5,00 €;
ISBN: 978-1909223141
Exhibit

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles