Medizinisch Korrekt - Tess Gerritsen – Die Chirurgin
Medizinisch Korrekt
Tess Gerritsen – Die Chirurgin
Detective Thomas Moore ist bereits auf dem Weg in seinen Urlaub, als er an einen Tatort zurückgerufen wird. Eine junge Frau ist in ihrer Wohnung ermordet worden, jemand hat ihr die Kehle aufgeschlitzt. Doch damit nicht genug, vor ihrem Tod ist ihr die Gebärmutter entnommen worden, wie es scheint noch bei Bewusstsein. Von dem Organ fehlt jede Spur. Eine andere junge Frau ist bereits auf die gleiche Weise getötet worden, es handelt sich also um einen Serientäter.
Moore und seine Kollegin Jane Rizzoli stoßen bald auf eine ganz ähnliche Mordserie in Savannah, die allerdings schon drei Jahre zurückliegt. Der Täter in diesem Fall wurde von seinem letzten Opfer, einer Dr. Catherine Cordell, in Notwehr erschossen. Die junge Chirurgin Cordell lebt inzwischen in Boston und arbeitet im dortigen Krankenhaus. Schnell mehren sich die Hinweise, dass Cordell auch diesmal ins Visier des Täters rückt…
Gerritsen weiß mit ihrem Debüt in der Rizzoli-&-Isles-Reihe durchaus zu überzeugen. Ich, die ich die TV-Serie nie gesehen habe und somit ganz unvoreingenommen war, habe das Buch fast an einem Stück gelesen, weil ich es, einmal angefangen, kaum aus der Hand legen konnte.
Abwechselnd erzählt Gerritsen aus der Sicht von Moore, Rizzoli und Cordell (und stellenweise auch aus Sicht anderer Personen), wobei diese drei Hauptcharaktere allesamt sehr glaubhaft und vielschichtig sind. Zwar ging mir Rizzoli in Teilen etwas auf die Nerven, denn für mich ist sie nicht unbedingt Sympathieträgerin und tut sich selbst schon ziemlich leid, weil sie es als Frau ja ach so schwer hat, aber andersherum auch ganz erfrischend, wenn Hauptcharaktere mal eben nicht Identifikationsfigur sind. Das Mann-Frau-Thema (arme Opfer-Frauen, böse Täter-Männer) zieht sich im Ganzen durch Gerritsens Plot, wird aber an manchen Stellen auch gebrochen, sodass es nicht zu plakativ oder einfach gestrickt wirkt. Auch schafft es Gerritsen, dass man sich ganz gut in die „Opfer-Frauen“ hineinversetzen kann, sieht man doch von Zeit zu Zeit in jedem männlichen Charakter den potentiellen Täter, ganz wie es Catherine Cordell erscheinen muss.
Eine weitere Besonderheit sei noch erwähnt, da mir dies bei vielen Büchern sonst leider allzu oft eher negativ auffällt: Gerritsen beschreibt sämtliche medizinischen Details mit erfreulicher Präzision und faktischer Korrektheit. Diese Detailgenauigkeit kommt nicht von ungefähr, schließlich war Gerritsen selbst jahrelang als Ärztin tätig. Das muss man als Leser allerdings auch mögen, denn sicherlich hat nicht jeder Interesse an genauen Erläuterungen verschiedener OP-Techniken oder medikamentöser Behandlungen.
Wer auf der Suche nach einem spannenden Thriller ist und kein Problem mit teilweise auch sehr ausführlichen medizinischen Beschreibungen und Erklärungen hat, wird bei „Die Chirurgin“ sicher auf seine Kosten kommen. Für mich persönlich macht das Buch genau das, was der Erstling einer Reihe machen sollte: Lust auf die weiteren Bände.
Die Chirurgin
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