Von aktueller Brisanz - Lüge von Steffen Jacobsen
Von aktueller Brisanz
»Lüge« von Steffen Jacobsen
Nobel-Oil-Chef Axel Nobel engagiert den Privatdetektiv Michael Sander, den Mörder aufzuspüren und die vermissten Daten zu beschaffen. Ein Mitglied der Umweltaktivistengruppe „Poseidons Krieger“ soll Holm ermordet haben. Die Aktivistengruppe hat in der Vergangenheit mehrmals die Abbauprozesse sabotiert und Morddrohungen gegen die führenden Mitarbeiter von Nobel Oil ausgesprochen. Doch der mutmaßliche Mörder ist spurlos verschwunden.
Gleichzeitig ist auch Kommissarin Lene Jensen auf der Jagd nach dem Mörder und den entwendeten Daten. Unausweichlich, dass sich Michael und Lene bei ihrer Suche in die Quere kommen...
„Lüge“ ist der dritte Roman des dänischen Autors Steffen Jacobsen um Kommissarin Lene Jensen und Privatermittler Michael Sander, ist aber auch ohne Kenntnis der anderen Teile der Reihe problemlos lesbar. Wie schon im Vorgänger „Bestrafung“ (2015), in dem es um ein Selbstmordattentat in einem Kopenhagener Vergnügungspark ging, widmet sich Jacobsen auch in seinem neuen Jensen-Sander-Krimi einem aktuellen politischen Thema. Am Beispiel der Firma Nobel Oil zeigt Jensen, wie weit Menschen aus Geldgier bei der Ausbeutung der Erde gehen, aber auch, wie grenzenlos fanatische Aktivisten agieren, wenn diese beispielsweise Leitungen sabotieren und so Öl in die Nordsee leiten, nur um dem Ansehen der Ölgesellschaft zu schaden.
Auch zwei Jahre nach ihrem letzten Zusammentreffen ist es um Lene und Michael nach wie vor sehr düster. Lene arbeitet zwar wieder für die Polizei und hat ihre Alkoholabhängigkeit einigermaßen im Griff, ist aber immer noch zerfressen von der Trauer um ihre verstorbene Tochter und lässt deshalb niemanden an sich heran. Michael ist von seiner Frau verlassen worden, darf seine Kinder nicht sehen und muss sich um seine suizidale Schwester kümmern, die ebenfalls ein Kind verloren hat.
Trotz der Schwermut, mit der sich die beiden Protagonisten plagen, sind Lene und Michael sympathische und überzeugende Hauptfiguren. Der Wechsel zwischen beider Perspektiven gelingt Jacobsen auf sehr empathische Weise und wirkt jederzeit glaubhaft. Doch nicht nur mit Lene und Michael weiß Jacobsen zu überzeugen. Auch die Nebenfiguren vom leicht autistisch wirkenden Techniker Bjarne über den holländischen Dirk Straat, der die Drecksarbeit für den Nobel-Oil-Chef erledigen muss, bis hin zu Michaels depressiver Schwester sind allesamt liebevoll und detailreich gezeichnet.
Der einzige Schwachpunkt in Jacobsens Schreibweise findet sich für mich in den actionreichen Szenen. Da konnte ich seiner Schilderung manchmal nicht ganz folgen und musste den einen oder anderen Abschnitt nochmal lesen, um mitzubekommen, was da jetzt genau passiert ist. Das bleibt aber ein vergleichsweise kleiner Wermutstropfen. Meiner Meinung nach braucht sich Jacobsen mit seiner Jensen-Sander-Reihe nicht hinter Adler Olsen, Nesbø und co zu verstecken und gehört ebenfalls in die lange Reihe der tollen skandinavischen Thriller-Autoren.
Lüge