Mord vor Ort zum Dritten - Pilzsaison von Bernd Franzinger
Mord vor Ort zum Dritten
Pilzsaison von Bernd Franzinger
Im Umfeld der Frau will sich kein Verdächtiger finden, und kurze Zeit später bekommt der Oberstaatsanwalt ein seltsames Gedicht von dem Täter zugespielt. In diesem lässt der Täter anklingen, dass die Pilzsaison erst eröffnet sei, weshalb Tannenberg und sein Team weitere Morde fürchten. Und richtig genug, denn die zweite tote, auf bizarre Weise ausgestellte Frau lässt nicht lange auf sich warten…
„Pilzsaison“ (in der Originalausgabe von 2003) ist der erste Fall des Kommissar Tannenberg von Bernd Franzinger. Franzinger lebt ebenso wie sein fiktiver Kommissar in Kaiserslautern, wo er 1952 geboren wurde. Neben den insgesamt 15 inzwischen erschienenen Romanen um seinen Kommissar Tannenberg schreibt Franzinger auch Kurzgeschichten, Kolumnen und Theaterstücke.
Franzingers Protagonist Wolfram Tannenberg ist ein unbequemer Polizist, der sich nicht scheut, gegen Vorgesetzte zu rebellieren oder Kollegen vor den Kopf zu stoßen. Auch Tannenbergs Privatleben ist im Roman Thema. Nach dem Tod seiner Frau lebt er bei seinen Eltern, bei denen auch sein Bruder mit dessen Familie lebt. So tauchen Szenen aus der Großfamilie fast ebenso häufig auf, wie solche, die die Ermittlungsarbeit betreffen, wobei natürlich auch in der Familie die grausamen Morde thematisiert werden. Dieses Gleichgewicht war für mich teilweise störend, da man als Leser doch eher an einem Fortkommen der Ermittlungen interessiert ist als beispielsweise an dem gemeinsamen Mittagessen der Familie. Mag sein, dass der Autor seinen Kommissar in dem ersten Band der Reihe ganz besonders genau vorstellen wollte, aber daher hat der Roman unweigerlich deutliche Längen. Da hätte ich mir alles straffer und weniger ausschweifend gewünscht, zumal der Plot dazu durchaus das Potential bietet.
Ein weiterer Kritikpunkt an Franzingers Erzählweise sind in meinen Augen die Dialoge. Hier fühlte ich mich oft an eine Art klamaukiges Theater erinnert, wo alle Wortäußerungen und dazugehörige Gesten groß sein müssen, damit sie auch die letzte Reihe noch mitbekommt. Aber da sitze ich als Leser ja nun mal nicht, und so wirken die Figuren nicht authentisch. Das wird noch verstärkt durch eine recht klischeehafte Darstellung, beispielsweise, wenn sich die Kinder von Tannenbergs Bruder nur durch „supergeil“, „Yeah“ und „megacool“ verständigen. Ein bisschen mehr darf man Jugendlichen dann doch zutrauen.
Auch stimmungsmäßig packt mich Franzingers Roman nicht. Der heitere Grundtenor passt in meinen Augen nicht zum düsteren Fall und Tannenbergs trauriger Privatsituation. Zwar wird das eine oder andere Mal erwähnt, dass Tannenberg „von einer tiefen Melancholie ergriffen“ wird, aber spürbar wird das für den Leser nicht. Diese unangemessene Heiterkeit in Kombination mit den bereits erwähnten Längen sorgen bei mir dafür, dass einfach keine Spannung aufkommen will.
Wie schon bei „Himmelsfelsen“ aus derselben Sonderausgabe wäre auch bei diesem Buch ein sorgfältigeres Editieren wünschenswert gewesen. In „Pilzsaison“ finden sich zahleiche falsch gesetzte Trennungsstriche, was beim Lesen einfach stört, weil es jedes Mal den Lesefluss unterbricht („Moment, ist da nicht ein Trennungsfehler…?“).
Mir würden noch weitere Punkte einfallen, die ich kritisieren könnte, wie zum Beispiel den unnötigen weil für die Geschichte völlig irrelevanten übermäßigen Alkoholkonsum der Hauptfigur oder das recht negative Frauenbild, dass im Roman vermittelt wird, aber vielleicht belasse ich es an dieser Stelle einfach dabei, dass „Pilzsaison“ nicht mein Buch und Franzinger nicht mein Autor ist.
Pilzsaison