Mord vor Ort zum Zweiten: »Deichgrab« von Sandra Dünschede
Mord vor Ort zum Zweiten:
»Deichgrab« von Sandra Dünschede
Nun wird Tom auch klar, warum er und sein Onkel immer von allen gemieden wurden und er nie Anschluss im Dorf finden konnte. Aber sein Onkel Hannes ein Mörder? Das kann Tom nicht glauben. Und so macht er sich mit Haie, dem einzigen Dorfbewohner, der Hannes nicht unbedingt für schuldig hält, auf die Suche nach der Wahrheit. Und diese Suche bringt nicht nur die Geheimnisse von Hannes ans Licht...
Wie bereits erwähnt, erscheinen diesen Monat im Gmeiner-Verlag die ersten Bände aus den Reihen der vier erfolgreichsten Ermittler der Mord-vor-Ort-Krimis in einer Sonderedition. Nachdem Manfred Bomm seine Leser mit seinem „Himmelsfelsen“ in die schwäbische Alb mitnahm, geht es mit Sandra Dünschede nun in den hohen Norden und zu den stolzen Friesen.
„Deichgrab“ ist der erste Roman der nordfriesischen Autorin und erschien erstmals im Jahr 2006. Nach einigen Ausflügen in das Reich der Kinderbücher und Kurzgeschichten schreibt Dünschede seitdem Kriminalromane, die bis auf wenige Ausnahmen in ihrer Heimat lokalisiert sind. In ihrem Folgeroman „Nordmord“ (2007) wird die Geschichte des Tom Meißner weitererzählt und gleichzeitig mit Kommissar Thamsen die Hauptfigur ihrer weiteren Romane eingeführt.
Aber zurück zum „Deichgrab“ und dem Auftakt der Reihe. Mit ihrem Tom hat Dünschede einen sehr sympathischen und nicht immer perfekten Protagonisten kreiert, mit dem sich sicher viele Leser identifizieren können. Als personaler Erzähler wechselt die Autorin zwischen Tom und den verschiedenen Dorfbewohnern, was ihr sehr authentisch gelingt. Einzig störend waren für mich die Gedanken der Personen, die von Dünschede als wörtliche Rede in den Text aufgenommen wurden. Das liest sich in meinen Augen teilweise ein bisschen sperrig, und hätte etwas eleganter einfach ohne wörtliche Rede in das personale Erzählen eingeflochten werden können.
Tom und Haie konnten mich mit ihrer verworrenen Spurensuche in der Vergangenheit durchaus fesseln. Schnell entsteht der Eindruck, dass so gut wie jeder im Dorf etwas zu verbergen hat und irgendwie in die Geschichte um die verschwundene Britta verwickelt ist. So war zumindest mir bis zur Auflösung am Ende nicht klar, wie genau die unterschiedlichen Personen nun zusammenhängen und wer wie an dem Verbrechen vor vielen Jahren beteiligt war. Das hält die Spannung ganz gut aufrecht, auch wenn bis zum letzten Drittel des Buches phasenweise nicht ganz so viel passiert.
Was die Besonderheiten des Schauplatzes angeht, liefert auch „Deichgrab“ (ähnlich wie Bomms „Himmelsfelsen“) sehr detailreiche Beobachtungen und plastische Schilderungen. Dies wird unterstützt durch Hauptfigur Tom, die ja selbst nach einigen Jahren in München quasi als Fremder zurückkehrt und die Schönheit der alten Heimat wiederentdeckt, auch wenn die Einheimischen manchmal etwas störrisch und eigenbrötlerisch scheinen.
Sandra Dünschede gelingt mit ihrem ersten Roman ein handwerklich solider und fast durchgängig spannender Krimi mit sympathischem Protagonisten. Ein lesenswertes Buch, vermutlich vor allem für Menschen aus Nordfriesland und Umgebung oder solchen, die diese Gegend schätzen.
Deichgrab